Bodenarbeit mit dem Pferd – mehr als eine Abwechslung im Trainingsalltag
Entdecken Sie umfassende Informationen zur Bodenarbeit mit Pferden: Von Übungen für Vertrauen und Muskelaufbau bis hin zum Longieren und Zubehör. Ideal für Anfänger und die Ausbildung von Jungpferden. Holen Sie sich Tipps, um eine starke Bindung zu Ihrem Pferd aufzubauen und es effektiv zu trainieren.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Bodenarbeit?
Bodenarbeit ist ein sehr breit gefächerter Begriff, der viele unterschiedliche Aktivitäten umfasst. Kurz gesagt beinhaltet Bodenarbeit alles, was man mit dem Pferd vom Boden aus machen kann. Doch hierbei zählen nicht nur Führarbeit, Longen- und Doppellongenarbeit, die klassische Handarbeit oder die allseits begehrte Freiarbeit dazu. Bodenarbeit beginnt bereits dann, wenn das Pferd aus der Box geholt, angebunden und geputzt wird. Denn die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd spielt in der Bodenarbeit eine tragende Rolle. Gemeinsam, Seite an Seite und auf Augenhöhe stellt man sich als Team verschiedenen Herausforderungen, die das gegenseitige Vertrauen stärken.
Gleichzeitig kann die Bodenarbeit aber auch aus der erzieherischen Sicht betrachtet werden, da mithilfe der Bodenarbeit an einem harmonisches Zusammensein zwischen Mensch und Pferd gearbeitet werden kann.
10 Gründe, warum Bodenarbeit mit dem Pferd wichtig ist – die Vorteile der Bodenarbeit
Bodenarbeit bringt also viele Vorteile für sowohl Mensch als auch Pferd mit. Bei der Bodenarbeit geht es weniger um Aufgaben und Lektionen an sich, sondern viel mehr um eine klare Kommunikation und gegenseitiges Verständnis. Vor allem als Mensch lernt man sich selbst zu disziplinieren, um eindeutige Signale über Körpersprache und Stimme geben zu können. Ebenso wird der Blick für die Bedürfnisse des Pferdes und das Feingefühl für die Sprache des Pferdes gefördert. Das ist nicht nur für den alltäglichen Umgang ein Gewinn, sondern auch später für die Arbeit im Sattel.
Bereits im Fohlenalter kann man mit der Bodenarbeit begonnen werden, um das Fohlen spielerisch an Halfter und Strick heranzuführen. Weiterhin kann man durch Bodenarbeit in der Jungpferdeausbildung am Muskelaufbau arbeiten, bevor überhaupt das Reitergewicht dazu kommt. Beispielsweise kann Longieren in Kombination mit Stangenarbeit, die Arbeit an der Doppellonge oder das Führen durch einen Trail eine hervorragende Basis für den weiteren Ausbildungsweg zum Reitpferd bilden.
Beim ausgebildeten Pferd kann Bodenarbeit in seinen vielseitigen Facetten eine willkommene Abwechslung im Trainingsalltag darstellen. Je abwechslungsreicher das Training gestaltet wird, desto mehr Freude empfindet das Pferd und wird mit mehr Motivation an die Arbeit herantreten. Daher bietet es sich auch an, ein paar Übungen vom Boden aus abzufragen, wie beispielsweise Übertreten oder Seitwärts über Stangen treten, bevor man in den Sattel steigt. So werden die kalten, noch verkrampften Rückenmuskeln aufgewärmt, bevor der Reiter sich daraufsetzt.
Während einer Verletzungspause oder darauffolgend in der Rekonvaleszenz kann man mit Bodenarbeit sein Pferd sinnvoll beschäftigen.
Wer neben seinem Pferd steht, hat es besser im Blick und kann schneller und einfacher eingreifen. Bodenarbeit eignet sich hervorragend für die Korrektur von Pferden. Pferde sind von Natur aus schief und haben daher eine gute und eine weniger gute Seite. Nicht immer kann die Schiefe vom Sattel aus korrigiert werden. Hin und wieder hilft es, das Pferd in seiner Gesamtheit zu betrachten und schwache Muskelgruppen gezielt zu stärken und verkürzte Muskeln zu dehnen, beispielsweise mit klassischer Handarbeit.
Wenn im Training ein Problem festgefahren zu sein scheint und man es nicht unter dem Sattel lösen kann, kann Bodenarbeit zu einer neuen Perspektive verhelfen. Lass hin und wieder den Sattel im Schrank hängen und arbeite mit deinem Pferd wortwörtlich auf Augenhöhe, um neue Ansätze zu finden.
Demnach bietet es sich auch an, dem Pferd höhere Lektionen zuerst vom Boden aus beizubringen. Bei Piaffe und Passage kannst du die Schritte und die Hilfengebung für das Pferd verständlicher herunterbrechen. Hat es die Hilfengebung und Fußfolge vom Boden aus verinnerlicht, kannst du es in den Sattel übertragen. Auch die Taktreinheit und das Gleichgewicht des Pferdes, besonders in Lektionen der Hohen Schule, lassen sich ohne Reitergewicht einfacher verbessern.
Neben den gymnastischen Vorteilen darf in dieser Liste das Gelassenheitstraining vom Boden aus nicht vergessen werden. Wer sein Pferd regelmäßig vom Boden aus arbeitet, baut eine enge Beziehung zu ihm auf. Das Pferd lernt, seinem Menschen zu vertrauen, was es leichter macht, die Gelassenheit des Pferdes in für ihn neuen Situationen zu schulen.
Da der Bodenarbeit in all ihren Facetten nahezu keine Grenzen gesetzt sind, können auch ältere Pferde mit Bodenarbeit sinnvoll beschäftigt werden. Besonders im Alter, wenn dem Muskelabbau nur schwer entgegenzuwirken ist, kann neben regelmäßigen Spaziergängen eine Einheit auf dem Reitplatz mit oder ohne Parcours in den Alltag integriert werden. Die Übungen können an die körperlichen Gegebenheiten des Rentnerpferdes angepasst werden, um seine Muskelmasse und Beweglichkeit auch im hohen Alter so lange wie möglich zu erhalten.
Zusammenfassend ist Bodenarbeit kein Reitersatz, sondern ein Bestandteil der gesamten Ausbildung des Pferdes, eine Abwechslung im Trainingsplan und ein Baustein zum Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Mensch und Pferd.
Welche Arten von Bodenarbeit gibt es?
Die Facetten der Bodenarbeit beginnen nicht erst auf dem Reitplatz oder der Reithalle. Bodenarbeit kann sinnvoll in den Alltag einfließen, um bestimmte Basics zu wiederholen und zu vertiefen. Selbst das Putzen und Spazierengehen kann bereits als Bodenarbeit betrachtet werden. Was darüber hinaus als Bodenarbeit angesehen werden kann, stellen wir dir nachfolgend kurz vor:
Führtraining
Die Basis aller Bodenarbeit und auch des Umgangs mit dem Pferd ist das Führtraining. Dieses beginnt nicht erst als Einheit auf dem Reitplatz, sondern sollte selbstverständlich in den täglichen Umgang integriert werden. Das Pferd lernt, auf den Menschen zu achten, ihn und seinen persönlichen Kreis zu respektieren, als auch ihm zu gehorchen und in brenzligen Situationen die Führung zu überlassen. Führtraining, also das kontrollierte Führen des Pferdes, kann auf dem Weg vom Stall zur Koppel, vor dem Reiten als Aufwärmübung oder beim Spazierengehen erfolgen.
Longenarbeit
Bei der Longenarbeit kann das Pferd ganz ohne Reitergewicht gymnastiziert und muskulär aufgebaut werden. Es wird nicht nur an die drei Grundgangarten herangeführt und damit seine Balance geschult, sondern auch die Biegung und Stellung erarbeitet. Besonders in der Jungpferdeausbildung bringt die Longenarbeit sehr viele Vorteile mit sich, um die Youngster mit der Arbeit unter dem Sattel vertraut zu machen.
Abwechslung in die Longenarbeit bringen Cavaletti und Trabstangen oder die Arbeit mit der Doppellonge. Letztere bereitet entweder das junge Pferd auf die beidseitige Zügelhilfe vor oder führt erfahrenere Pferde an das Fahren heran.
Klassische Handarbeit
Die Klassische Handarbeit kombiniert Bodenarbeit mit der Arbeit unter dem Sattel. Hierbei steht der Mensch auf Schulterhöhe des Pferdes und hält beide Zügel auf der inneren Seite. Die innere Hand sitzt nah am Gebissring und sorgt für die nötige Stellung, während die andere Hand an der Schulter anliegt und den äußeren Zügel und die Gerte führt. Mit der Klassischen Handarbeit lassen sich Bewegungsmuster erarbeiten, die beim Reiten später gebraucht werden. So können Schulterherein, Übertreten, aber auch Travers und Renvers, wie auch Traversale hervorragend vom Boden aus erarbeitet werden. Zudem fördert die klassische Handarbeit die Versammlung des Pferdes.
Langzügelarbeit
Die Langzügelarbeit ist eine anspruchsvollere Form der Handarbeit, denn hier geht der Mensch schräg hinter dem Pferd. Die Zügel fallen länger aus, wodurch der Zügelführer noch weniger direkten Einfluss auf das Pferd hat. Bei der Langzügelarbeit kann das Pferd in Lektionen bis in die hohe Schule ausgebildet werden, was allerdings viel Basisarbeit seitens Mensch und Pferd voraussetzt. Die Lipizzaner der Wiener Hofreitschule beispielsweise machen es vor, wie jahrelanges Training unter dem Sattel und in der Bodenarbeit in der Langzügelarbeit gipfeln kann.
Gelassenheitstraining und Anti-Schrecktraining
Für ein ausgeglichenes und verlässliches Pferd ist Schrecktraining oder Gelassenheitstraining unabdingbar. Du kannst hierbei dein Pferd mit Planen und Regenschirmen, Plastiktüten oder Gymnastikbällen vertraut machen und es für neuartige Geräusche und ungewohnte Außenreize desensibilisieren. Hier ist auch deine Wahrnehmung gefragt: Beobachte dein Pferd genau und reagiere schnell. Außerdem ist es empfehlenswert, festes Schuhwerk und Handschuhe zu tragen, damit du das Verletzungsrisiko deinerseits so gering wie möglich hältst.
Freiarbeit und Zirzensik
Die Freiarbeit ist die Kirsche auf der Torte der Bodenarbeit. Bei der Freiarbeit scheinen Mensch und Pferd durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden zu sein – das Pferd arbeitet freiwillig, ohne Druck und hochmotiviert mit dem Menschen zusammen.
Die Zirzensik ist zudem mehr als die Ausübung einfacher Zirkuslektionen. Alle Übungen, wie das Kompliment, der spanische Schritt, die Bergziege oder das Zirkeln, fördern die Balance und Koordination des Pferdes und haben eine gymnastizierende Wirkung.
Trail und Parcours
Auf das Führtraining kann mit einem Parcours oder Trail aufgebaut werden. Hierbei führt der Mensch sein Pferd an Strick und Halfter durch einen Parcours aus verschiedenen Hindernissen. Das gemeinsame Meistern von Hürden wirkt wie ein Kleber und schweißt das Pferd-Mensch-Team enger zusammen. Weiter gymnastiziert das Steigen über Stangen, Brücken, Wippen, das Gehen durch Gräben oder den Slalom das Pferd und fördert seine Hinterhand, seinen Gleichgewichtssinn und seine Koordination.
Dualaktivierung
Die Dualaktivierung ist eine besondere Form der Bodenarbeit, die von Michael Geitner entwickelt wurde. Sie macht sich die Farbwahrnehmung der Pferde zunutze, um eine schnellere Hin- und Herschaltung der Gehirnhälften und damit ein effektiveres (Lern-)Training zu erzielen. Sie baut sich aus verschiedenen Phasen auf und arbeitet mit gelben und blauen Hilfsmitteln, wie beispielsweise den Dual-Gassen oder Pylonen.
Was brauche ich für Bodenarbeit?
Für die Bodenarbeit ist nicht viel Ausstattung von Nöten. Dein Pferd benötigt lediglich:
- Stallhalfter oder Knotenhalfter
- Bodenarbeitsseil mit Karabiner
- Gerte, Horsemanshipstick oder Kontaktstock
Die Sicherheit geht im Umgang mit Pferden immer vor. Daher solltest du für die Bodenarbeit einen ausreichend langen Strick, mindestens drei bis vier Meter, wählen. Damit hast du nicht zu viel Strick in der Hand, kannst aber gleichzeitig in heiklen Situationen ausreichend Sicherheitsabstand zum Pferd gewinnen, ohne den Strick loslassen zu müssen. Idealerweise nimmst du einen Baumwollstrick. Dieser ist in der Regel schwerer als ein Führstrick aus Kunststoff, dafür fügt er dir nicht so schnell Verbrennung zu. Weiterhin erlaubt das schwere Seilende dir, es gezielt zu schwingen und als Peitschenersatz zu verwenden.
Die Gerte, der Horsemanshipstick oder Kontaktstock stellen bei der Bodenarbeit deinen verlängerten Arm dar, mit denen du Signale an dein Pferd gezielter übermitteln kannst. Daher sollte die Gerte so lang sein, dass du dein Pferd von jeder Position aus an allen Stellen touchieren kannst. Wähle eine Gerte, die gut in deiner Hand liegt und mit der du deutliche Signale geben kannst. Das bedeutet, dass sie zwar flexibel, aber nicht zu weich sein sollte, sodass sie unkontrolliert umher wippt. Möchtest du deinem Pferd das Piaffieren vom Boden aus beibringen und es mit einer Touchiergerte zum Anheben der Hinterbeine animieren, dann kann die Gerte auch weicher ausfallen.
Für die aufbauende Ausbildung des Pferdes in der Bodenarbeit sind weiterhin notwendig:
- Longe oder Doppellonge
- Kappzaum oder Trensenzaum
- Longierpeitsche
- Langzügel
- Eventuell Longiergurt und Hilfszügel
Möchtest du die Bodenarbeit noch abwechslungsreicher gestalten, kannst du einen Parcours anlegen. Dafür kannst du mithilfe von Pylonen einen Slalom, mit Stangen eine Gasse aufbauen oder Hindernisse zum Darübersteigen hinlegen. Flatterband kann als Begrenzung oder zur Desensibilisierung dienen.
„Bodenarbeit für Anfänger“ – Grundlagen der Bodenarbeit
Nun bist du mit allen Basics der Bodenarbeit ausgestattet. Doch wie kann ich mit der Bodenarbeit anfangen?, fragst du dich vielleicht. Damit die Arbeit mit deinem Pferd am Boden ein Erfolg wird, führen wir dich kurz in das Lernverhalten von Pferden ein. Anschließend geben wir dir ein paar Übungen an die Hand, die deine ersten Schritte in die Bodenarbeit erleichtern.
Das Lernverhalten der Pferde – Voraussetzung für die Bodenarbeit
Wenn du mit deinem Pferd vom Boden aus arbeiten möchtest und vielleicht sogar die Freiarbeit als Ziel vor Augen hast, solltest du dir zuvor bewusst machen, dass Pferde Fluchttiere sind. Sie werden in Gefahrensituationen eher davon rennen, als sich der möglichen Bedrohung zu stellen. Gleichzeitig haben es Pferde darauf abgesehen, ihr Leben zu optimieren und immer den Weg mit dem geringsten Widerstand zu gehen. Dabei handeln sie aus einer inneren Motivation heraus, die ihr Bedürfnis in diesem Moment stillt. Das Verhalten der Pferde basiert auf ihrem natürlichen Instinkt, also ihrem Fluchtinstinkt und Herdenverhalten. Hast du das im Hinterkopf, kannst du dein Pferd besser verstehen, dir sein natürliches Verhalten im Training zunutze machen und es positiv in die Arbeit einflechten. Wenn du auf die Bedürfnisse deines Pferdes auch in der Bodenarbeit eingehst, wird es mit viel Eifer bei der Arbeit sein. Damit kommst du dem Ziel der Bodenarbeit, Harmonie und Vertrauen zwischen Mensch und Pferd aufzubauen, in großen Schritten näher.
Pferde lernen durch Erfahrung: In unbekannten Situationen wird das Pferd immer auf Habachtstellung sein, um gegebenenfalls die Flucht sofort ergreifen zu können. Hat es aber gelernt, dass keine Gefahr besteht, zum Beispiel weil der Mensch ihn langsam an das Unbekannte herangeführt hat, wird es weniger nervös sein. Der Mensch sollte in der Lage sein, die Situation zu überblicken und unter Kontrolle zu haben, wodurch das Pferd Vertrauen fasst und bei einer nächsten Konfrontation gelassener bleibt.
Pferde lernen durch Wiederholung: Routine und Kontinuität sind im Pferdetraining entscheidend. Daher ist es wichtig, dass bestimmte Übungen mit dem Pferd hin und wieder wiederholt und abgerufen werden bzw. auf dem bereits Erlernten aufgebaut wird. Es empfiehlt sich daher, das Führtraining als Basis der Bodenarbeit immer wieder in den Alltag zu integrieren.
Pferde lernen in kurzen Zeitspannen: Wiederhole allerdings eine Übung nicht allzu oft und auch nicht zu lange. Studien haben ergeben, dass Pferde eine Konzentrationsspanne von circa sieben Minuten am Stück haben. Danach muss eine Pause erfolgen.
Pferde lernen aus einer inneren Motivation heraus: Wie bereits erwähnt, gehen Pferde den Weg mit dem geringsten Widerstand, an dessen Ende sie eine Belohnung in Form der Stillung ihres derzeitigen Bedürfnisses sehen. Baue daher immer überschwängliches Lob durch Stimme, Streicheln oder Leckerli in die Erarbeitung einer Lektion ein. Weiß das Pferd erst einmal, dass etwas Positives auf ihn wartet, wird es alles daransetzen, den schnellstmöglichen Weg zum Lob zu gehen. Das Ergebnis: Du hast ein überaus motiviertes Pferd, das gerne mit dir arbeitet und auch selbst mitdenkt. Positive Verstärkung ist ein Katalysator in der Arbeit mit Pferden. Das gilt sowohl für die Bodenarbeit als auch die Arbeit unter dem Sattel, ebenso für den täglichen Umgang mit dem Pferd.
Wie fange ich mit der Bodenarbeit an? – 5 Übungen der Bodenarbeit
Mit dem natürlichen Verhalten und dem Lernverhalten des Pferdes im Hinterkopf, kannst du nun mit ersten Übungen in die Bodenarbeit starten. Das Führtraining bildet hierbei die Grundlage für alle weitere Übungen und sollte daher gut verinnerlicht werden von sowohl Pferd als auch Mensch.
Stop and Go
Diese Übung fördert die Aufmerksamkeit des Pferdes und die Achtsamkeit auf den Menschen. Du stehst hierbei neben dem Pferd zwischen Schulter und Kopf und gehst ein paar Schritte vorwärts. Wenn du anhältst, muss auch dein Pferd stehenbleiben. Gehst du weiter, muss das Pferd ebenfalls antreten, um die Position neben dir zu halten. Anfangs kannst du deine Körpersprache mit Stimmsignalen unterstützen. Achtet dein Pferd nicht auf dich und läuft es weiter, wenn du stehenbleibst, dann korrigiere es mit aufbauendem Druck über Strick und Halfter.
Klappt die Übung gut, kannst du die Abstände zwischen Halten und Gehen immer weiter verkürzen, um Die Aufmerksamkeit des Pferdes noch weiter zu fördern.
Rückwärtstreten
Dein Pferd achtet nun auf dich und reagiert auf feinste Körpersignale. Dann lass es gerne ein paar Schritte rückwärtstreten. Nutze dabei auch die Körpersprache, die du bei der vorherigen Übung angewandt hast. Bedenke, dass Rückwärtstreten für Pferde eine schwierige Aufgabe ist, da sie sich als Fluchttier damit verletzbar machen. Außerdem kostet es sie viel Kraft, den Rücken aufzuwölben und die Hinterbeine unter den Körper zu schieben. Gehe diese Übung also langsam an und fordere zuerst nur ein bis zwei Tritte. Lobe dein Pferd überschwänglich und trete wieder vorwärts an. Je positiver du die Übung gestaltest, desto schneller wird dein Pferd lernen und freiwillig ein paar Schritte mehr zurücktreten.
Handwechsel
Nun wird der Schwierigkeitsgrad etwas erhöht, indem du das Pferd um dich herum zirkeln lässt. Das ist nicht mit Longieren gleichzusetzen, denn hierbei geht es hauptsächlich um die Kommunikation und den Vertrauensaufbau anstatt um die Gymnastizierung des Pferdes. Dein Pferd geht im Kreis um dich herum. Für den Richtungswechsel wendest du die äußere Schulter ab und gehst ein paar Schritte rückwärts, um dein Pferd in die Mitte des Zirkels einzuladen. Kommt es auf dich zu, öffnest du ihm den Weg an dir vorbei. Mit der Gerte oder dem Bodenarbeitssticks zeigst du auf die äußere Schulter des Pferdes und weist ihm den Weg durch die Zirkelmitte an dir vorbei in die andere Richtung. Anschließend schickst du das Pferd mit breiter, paralleler Schulter aus dem Kreis heraus zurück auf die Zirkellinie.
Seitwärtstreten
Das Pferd in alle Richtungen mit feinsten Körpersignalen schicken zu können, ist ein großer Gewinn für die Bodenarbeit mit dem Pferd. Beim Seitwärtstreten tritt das Pferd im 90 Grad Winkel zur Seite. Damit es die Übung versteht und nicht nach vorne ausweicht, kannst du es anfangs mit dem Kopf an die Bande als Begrenzung stellen. Schiebe nun die Vorhand des Pferdes einen Schritt von dir weg, danach einen Schritt die Hinterhand. Anfangs kann der Druck durch die Hand erfolgen (taktile Hilfengebung), später reicht ein Fingerzeig aus. Sobald das Pferd die Übung verstanden hat, kannst du von der Bande wegtreten und beispielsweise eine liegende Stange nehmen, um es später komplett ohne Hilfsmittel zu üben.
Die Vorhand und Hinterhand durch feinste Signale verschieben zu können, ist auch im täglichen Umgang zum Beispiel am Putzplatz bedeutend. Ebenfalls wichtig: Übe die Kontrolle der Schulter und Hinterhand stets von beiden Seiten, da das Pferd sonst die Verknüpfung zwischen den Gehirnhälften nicht herstellen kann.
Abstand halten
Gratulation, du hast die ersten Schritte in die Bodenarbeit geschafft! Mit den vorangegangenen Übungen hast du sowohl an der feinen Kommunikation gearbeitet als auch das Vertrauen zu deinem Pferd vertieft. Nun kannst du diese Übungen mit etwas Abstand zu dir wiederholen oder sogar den Strick komplett weglassen und damit den Schritt zur freien Bodenarbeit gehen. Beginne auch hier wieder mit einfachen Führübungen – Halt, Antreten, Rückwärtstreten – und lasse dein Pferd mit etwas Abstand zu dir folgen. Wenn die Basis stimmt, ist eine unsichtbare Verbindung zwischen Mensch und Pferd gebildet, die einen Strick als sichtbare Verbindung irgendwann überflüssig macht.
Fazit Bodenarbeit
Zum Schluss noch ein kleiner Reminder: Lass den Druck fallen, eine Übung auf eine bestimmte Art und Weise durchdrücken zu müssen. Das Hauptaugenmerk bei der Bodenarbeit liegt auf der Harmonie zwischen Mensch und Pferd, die eine enge, vertrauensvolle und auf Respekt aufgebaute Beziehung pflegen. Diese kann nur mit Zeit, Ruhe und Geduld entstehen und indem man sich von jeglichem Erfolgsdruck freimacht. Denn dieser kann das Denken und das Feingefühl, das für die Arbeit mit Pferden notwendig ist, blockieren.
Die Bodenarbeit ist nicht nur ein wertvoller Trainingsbaustein in der Ausbildung junger Pferde, wie auch erfahrener Reitpferde und alter Pferden. Die Bodenarbeit sollte vor allen Dingen als Grundlage für eine mit Erfolg gekrönter Teamarbeit zwischen Mensch und Pferd angesehen werden, die jedem Pferd zugutekommt. Dabei bietet die Bodenarbeit ein immenses Spektrum an Möglichkeiten und Facetten, das noch lange nicht ausgeschöpft ist.