Equines Asthma, wenn Pferden die Luft wegbleibt: Ursache, Diagnose und Behandlung
In diesem Artikel erfährst du alles über Equines Asthma. Was sind die Ursachen und Symptome und wie kann die Krankheit frühzeitig erkannt werden. Wir beleuchten die Diagnoseverfahren, Behandlungsoptionen und Maßnahmen, die Pferdebesitzer selbst ergreifen können, um die Lebensqualität ihrer Tiere zu verbessern und die Krankheit in den Griff zu bekommen.
Inhaltsverzeichnis
Equines Asthma: Das bedeutet oft atemlose, teilweise schwerkranke Pferde und verzweifelte, hilflose Pferdebesitzer. Was steckt sich hinter dieser Krankheit? Wie weit sind wir dafür verantwortlich?
In diesem Artikel werden wir etwas Licht ins Dunkle bringen. Wann genau sprechen wir von Equinem Asthma? Welche Symptome zeigen sich? Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung und wann sind sie sinnvoll? Wir schauen auf das unbequeme Thema Verantwortung. Was sind die (menschengemachten) Ursachen und wie können wir unsere Pferde schützen? Was können Pferdebesitzer für Maßnahmen treffen, damit Pferde gesund bleibt? Und, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, wie können die Pferde im Krankheitsfall bestmöglich unterstützt werden?
Equines Asthma: Was ist das genau?
Equines Asthma ist definiert als eine chronische, nicht-infektiöse Erkrankung der tiefen Atemwege, die immer häufiger bei Pferden diagnostiziert wird. Man kann durchaus von einer Zivilisationskrankheit reden.
Während sie nicht oder nur in geringem Maße bei freilebenden Pferden auftritt, liegt sie bei unseren domestizierten Pferden im hohen zweistelligen Prozentbereich. Laut Studien leiden bis zu 80 Prozent aller Pferde, vor allem jüngere, an gering- bis mittelgradigem Equinem Asthma. Dies betrifft vor allem Pferde in Stallhaltung, aber auch Pferde in Offenstall- und Paddockhaltung sind von dieser Krankheit betroffen. Pferde die an hochgradigem Equinem Asthma leiden, sind schwer krank. Sie versuchen jede Bewegung möglichst zu vermeiden, da sie zu viel Kraft kostet. Das macht das Zusammenleben in einer Gruppe schwierig bis unmöglich. Die Atemprobleme und das Fehlen an Luft können das Pferd als Fluchttier in Panik versetzen und das Wohlbefinden leidet erheblich.
Verschiedene Bezeichnungen - eine Krankheit?
Schon die unterschiedlichen Begrifflichkeiten dieser Krankheit schaffen Verwirrung. Schauen wir uns die unterschiedlichen Abkürzungen genauer an:
- EA (Equines Asthma. Dies ist der international verwendete Oberbegriff für chronische, allergisch bedingte Atemwegserkrankungen bei Pferden.
- COB (Chronisch obstruktive Bronchitis). Dieser Begriff beschreibt eine länger als sechs Wochen anhaltende Entzündung der Bronchien.
- Chronisch: eine Erkrankung die länger als 6 Wochen besteht.
- Obstruktiv: Eine Verengung der Atemwege, was zu Atembeschwerden führt.
- Bronchitis: Die Entzündung betrifft die Bronchien (Atemwege der Lunge)
Dieser Begriff sagt nichts über den Schweregrad der Erkrankung aus.
- COPD: Chronic Obstructive Pulmonary Disease, ein Begriff stammt aus der Humanmedizin. Er wurde für kurze Zeit verwendet. Man meinte Parallelen in Behandlung und Verlauf zu sehen. Ursachen und Risikofaktoren sind bei Pferden und Menschen (hier voran das Rauchen) jedoch völlig unterschiedlich, deswegen wurde er Anfang 2000 wieder verworfen. Man verwendete dann wieder dem Begriff COB
- IAD (Inflammatory Airway Disease) Diese Bezeichnung aus dem englischsprachigen Raum bezieht sich auf eine milde Form der Erkrankung, die vor allem jüngere Pferde betrifft und durch Symptome wie Leistungsmangel und anhaltende Atembeschwerden nach Belastung gekennzeichnet ist.
- RAO (Recurrent Airway Disease) Sie betrifft eher ältere Pferde und ist die Bezeichnung für die mittel- bis hochgradige Ausprägung der Erkrankung.
- (Summer Pasture-Associated Obstructive Pulmonary Disease) bzw. SP-RAO (Summer Pasture-Associated Recurrent Airway Disease): Diese Sonderform der RAO tritt saisonal im Sommer auf und wird oft als Sommer-Bronchitis bezeichnet. Sie wird durch Allergene von Gräsern oder Bäumen ausgelöst, auf die Pferde asthmatisch reagieren
Ursachen von Equinem Asthma
Die Entstehung von Equinem Asthma ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Besonders häufig sind Staubbelastungen in den Ställen durch Einstreu und Raufutter sowie Schimmelpilze und Futtermilben verantwortlich. Bei der saisonalen Form, der SPAOPD, spielen auch Pflanzenpollen eine Rolle.
Zur Verschlechterung des Stallklimas trägt oft eine unzureichende Belüftung und die Bildung von Ammoniak bei, insbesondere in Ställen mit Matratzenstreu. Auch das Einstreuen der Boxen und das Fegen der Stallgassen können zu erhöhter Staubbildung führen.
Ein weiterer Grund ist auch die zunehmend schlechte Qualität vom Rauhfutter. Falsche Lagerung und zu hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen die Bildung von Schimmelpilzsporen und Lagermilben. Sie begünstigen die Entstehung von Equinem Asthma.
In den trockenen Sommermonaten kann die Bewegung der Pferde auf staubigen Reitplätzen und in Reithallen mit unzureichend gewässerten Böden die Situation verschlimmern.
Ein weiter wesentlicher Faktor ist der Bewegungsmangel und die damit unzureichenden Belüftung der Lunge. Damit reduziert sich die Selbstreinigungsfunktion. Schleim, Bakterien und Fremdstoffe lagern sich ab.
Alle diese oben genannte Faktoren können dazu führen dann dazu, dass sich die Bronchien der Pferde nach und nach verengen. Die erhöhte Schleimproduktion erschwert das Atmen, dazu kommen bronchiale Obstruktionen (automatische Verengung der Muskeln rund um die Atemwege). Bis zu diesem Stadium ist die Krankheit noch heilbar. Im weiteren Verlauf werden die Atemwege dann „umgebaut“. Experten nennen diesen Vorgang „Remodelling“. Dabei verlieren die Kollagenfasern ihre Elastizität, die Lunge kann sich nicht mehr dem Bedarf entsprechend ausdehnen und nimmt nur noch begrenzt Luft auf.
Equines Asthma hat seine Ursache in dem Zusammenspiel von suboptimaler Haltungsbedingungen und Bewegungsmangel.
Die Beteiligung von Vererbung und Genetik am Equinen Asthma wird derzeit intensiv erforscht.
Die Symptome bei Equinem Asthma
Die Symptome bei EA gestaltet sich oft komplex und schleichend. Zu Beginn sind sie mild und kaum erkennbar. Husten und Nasenausfluss, die für die meisten Pferdebesitzer die offensichtlichsten Anzeichen sind, treten oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit auf.
Ein klassisches Beispiel ist das gelegentliche Anhusten beim Antraben, das häufig nicht ernst genommen wird. In vielen Fällen fehlt sogar dieses Symptom, und die Pferde zeigen in Ruhe keinerlei Auffälligkeiten. Sie husten weder im Stall noch auf der Weide, und ihre Atemfrequenz ist unauffällig.
Erst wenn sich die Leistungsfähigkeit der Pferde allmählich verschlechtert und sie schneller erschöpft sind als üblich, wird das Problem bewusst. Die Pferde zeigen geringere Bereitschaft zur Bewegung und benötigen nach der Arbeit länger, um sich zu erholen. Manchmal fällt vermehrtes Schnauben zu Beginn der Arbeit auf, und das Pferd kann stärker schwitzen.
Sportliche Pferde oder solche, die systematisch trainiert werden, entwickeln Leistungsschwächen oft schneller, was durch eine enge Überwachung des Trainings und der Leistung erkannt wird. Eine schnelle und frühzeitige Behandlung kann hier die Erkrankung im Keim ersticken.
Bei Freizeitpferden, die nur gelegentlich oder mäßig bewegt werden, kann ein Leistungsabfall oft unbemerkt bleiben. Es wird geschätzt, dass die subtilen Symptome dieser Erkrankung bei 95 Prozent der leicht betroffenen Freizeitpferde von den Besitzern nicht erkannt werden. Diese Pferde bleiben daher den Allergenen und Reizquellen weiterhin ausgesetzt. Ebenfalls entfällt der Aufbau eines systematischen Trainings, um die Selbstreinigung der Lunge zu aktivieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass viele Pferdebesitzer, deren Pferde in Pensionshaltung stehen, nur begrenzte Einflussmöglichkeiten auf die Haltungsbedingungen haben. Sie können weder die Art noch die Qualität der Einstreu und Fütterung frei wählen, was zu Kompromissen führen kann, die sich leider oft ungünstig auf die Gesundheit der Pferde auswirken.
All diese Faktoren tragen dazu bei, dass sich die Erkrankung unbemerkt von einer milden, reversiblen Form zu einer mittelschweren bis schweren, nur begrenzt heilbaren Erkrankung entwickeln kann. In der Regel wird der Tierarzt erst konsultiert, wenn die Symptome offensichtlich sind: regelmäßiges bis häufiges Husten, erschwerte Atmung mit erhöhter Atemfrequenz und Nasenausfluss.
In schweren Fällen von Equinem Asthma kann man die Pferde sogar in Ruhe mit geblähten Nüstern beobachten, wobei die Atmung durch den Einsatz der Bauchmuskeln unterstützt wird. Die verstärkte Bauchatmung führt zur Entwicklung des charakteristischen Zwischenraums zwischen den Bauchmuskeln, der als "Dampfrinne" bekannt ist.
- Husten
- Nasenausfluss
- Anhusten beim Antraben
- auffällige Atemfrequenz
- Verschlechterte Leistungsfähigkeit/ Leistungsschwäche
- Verlängerte Erholungszeit nach Belastung
- geringe Bewegungsbereitschaft
- vermehrtes Schnauben
- geblähte Nüstern
- verstärkte Bauchatmung
- "Dampfrinne"
- von keinerlei Auffälligkeiten bis hin zu schwerwiegenden Asthma Symptomen
Diagnostik nach Plan bei Equinem Asthma
„Vor der Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt.“ Franz Volhard (1872–1950).
Dieses Zitat hat in vielen Bereichen immer noch seine Gültigkeit, aber insbesondere bei EA liegen hier für den Pferdebesitzer vielen Stolpersteinen. Die Diagnose von Equinem Asthma ist oft eine Herausforderung. Gerade weil die Anfänge der Krankheit so subtil verlaufen, sind die Übergänge von der Prävention mit Kräutern und Nahrungsergänzungsmitteln bis zu dem Zeitpunkt eines chronischen Verlaufs oft fließend. Auch die extrem gestiegene Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) sorgt dafür, dass man nicht mit „jeder Kleinigkeit“ oder bei einem „vagen Verdacht“ den Tierarzt rufen will oder auch kann.
Dazu kommt, dass viel Pferdebesitzer die Haltungsform ihrer Pferde nur bedingt verbessern können. Die Bemühungen im Rahmen der Möglichkeiten etwas zu optimieren (Futter, Einstreu, Weidezeiten, etc.) gehen oft nur schleppend voran. So vergeht oft wertvolle Zeit.
Tierärzte propagieren gerne, wie wichtig die Früherkennung der Krankheit ist, die Realität sieht aber leider anders aus. Der „schwarze Peter“ liegt nicht immer bei den Pferdebesitzern. Zeitdruck und Personalmangel im Bereich der Veterinärmedizin führen auch bei der Pferdegesundheit dazu, dass Untersuchung unzureichend durchgeführt und Symptome nicht richtig eingeschätzt werden.
Jeder besorgte Pferdemensch kennt das: Etwas stimmt nicht mit dem Pferd, aber es fehlen belastbare Daten und Fakten. Man argumentiert aus dem „Bauchgefühl“ (mein Pferd hat was), wird dafür oft belächelte und fühlt sich in seinem Empfinden nicht ernst genommen, denn das Pferd steht ja oft gut da und macht keinen „kranken“ Eindruck.
Jeder guten Diagnose gehen Daten und Fakten voraus. Deswegen ist es ratsam, ein Gesundheitstagebuch für sein Pferd zu führen. Das ist so arbeitsaufwendig wie aufschlussreich, wenn es um die lückenlose Rückverfolgung von den Symptomen geht. Mehr dazu im Kapitel: „Was kann man selber für sein Pferd tun“.
Wenn man als Pferdebesitzer den Verdacht auf den Beginn von EA hat, ist es wichtig, sich gerade in diesem sehr frühen Stadium an Spezialisten zu wenden, damit die Untersuchungen nach Plan und Konzept durchführen. Das ist wichtig, um nicht ewig im 1. Stadium herumzuexperimentieren, sondern die Diagnostik gegebenenfalls zügig durchzuführen, um die Krankheit nicht weiter zu verschleppen.
Der Stufenplan in der Diagnostik im Überblick:
Diese Stufen sind die ungefähre Untersuchungsreihenfolge, die natürlich nach Schwere und Stadium der Erkrankung variieren können. Nicht jedem Pferd muss die gesamte Diagnostik durchlaufen. Wichtig sind die Behandlungserfolge, gegebenenfalls die Wiederholung der entsprechenden Schritte. Die Diagnostik bei Atemwegserkrankungen muss und kann daher nicht einem festen Schema folgen. Nach jeder Stufe ist es wichtig, die gewonnenen Erkenntnisse zu bewerten und anschließend zu überlegen, welche Verfahren als Nächstes sinnvoll sein könnten.
Stufe 1 – erste Diagnostik bei Equinem Asthma:
Die 1. Stufe der Diagnose bei Equinem Asthma, die die Anamnese und klinische Untersuchung umfasst, ist entscheidend für die erste Einschätzung des Zustands des Pferdes.
Klassische Anamnese: Hier werden zuerst alle relevanten Informationen über das Pferd erfasst. Dies kann in Form eines standardisierten Fragebogens erfolgen, der vom Tierarzt oder Pferdebesitzer ausgefüllt wird. Dies erleichtert die Erfassung von Vorerkrankungen, Haltungsbedingungen, Fütterungsgewohnheiten, Bewegungspensum und Symptomen.
Gesundheitstagebuch nutzen: Wer bereits die Daten zu den Krankheitsverlauf des Pferdes erfasst hat ist hier schon mal klar im Vorteil. Idealerweise sollte dieses Tagebuch detaillierte Aufzeichnungen über Symptome, Verhaltensänderungen, Auffälligkeiten im Training und alle relevanten Daten enthalten. Dies kann dem Tierarzt wertvolle Informationen liefern.
Klinische Untersuchung: Sie beginnt mit der in Augenscheinnahme des gesamten Pferdes. Wie atmet das Pferd? Bläht das Pferd in Ruhe beim Atmen die Nüstern und zeigt deutliche Anzeichen von Atemnot? Hat das Pferd Schmerzen oder Stress, wodurch eine höhere Atemfrequenz zu erklären ist. Sind Rippen und Bauch im normalen Verhältnis? Fällt eine verstärkte Bauchatmung auf oder wird die Dampfrinne seitlich am Bauch sichtbar?
Bei der Höhe der Atemfrequenz spielt der Trainingszustand der Pferde eine wesentliche Rolle. Sehr fitte Sportpferde oder sehr junge Tiere können trotz akuter Atemprobleme eine weitgehend normale Atemfrequenz aufweisen. Da die Thermoregulierung von Pferden über die Atmung läuft, ist die Außentemperatur zum Zeitpunkt der Untersuchung von Bedeutung. Dicke Robustpferde mit dichtem Winterfell werden bei höheren Außentemperaturen versuchen durch die Atmung die Körpertemperatur runterzukühlen.
Wie ist die Beschaffenheit und Farbe der Schleimhäute sollte in die Untersuchung mit eingeschlossen werden. Blau oder lila gefärbte Schleimhäute können ein Zeichen für eine Vergiftung oder Sauerstoffmangel des Pferdes sein. Hier könnte auch eine Herzinsuffizienz ursächlich sein.
Geschwollene Lymphknoten im Unterkiefer weisen eher auf einen Infekt der oberen Atemwege hin.
Abhören mit Stethoskop: Abgehört werden beide Seiten des Rippenbogens und die Luftröhre. Ein geringgradiges Geräusch beim Einatmen ist normal, das Ausatmen sollte jedoch nicht zu hören sein. Rasseln, Pfeifen oder ein Knistern sind Hinweise auf eine Lungenentzündung.
Belastungsuntersuchung: Bei Sportpferde oder Pferde, die nur unter Belastung husten, ist es notwendig und oft sehr aufschlussreich, die Lunge während und nach der Bewegung abzuhören. Bei alten Pferden oder Tieren die ohnehin mit starken Einschränkungen in der Atmung zu kämpfen haben, sollte das Abhören unter Belastung natürlich entfallen oder nur mit dem nötigen Augenmaß durchgeführt werden.
Aber Achtung!!!
Festsitzender, zäher Schleim verursacht auch unter Belastung keine oder nur schwer hörbare Geräusche. Negative Befunde auch bei mehrmaligem Abhören, bedeutet nicht zwangsläufig, dass alles in Ordnung ist. Das Abhören hat also nur eine begrenzte Aussagekraft. Die Untersuchung per Endoskop kann hier Sicherheit bringen.
Provokationstest: Wie der Name schon sagt, wird hier das Husten provoziert und durch Druck auf den Kehlkopf ausgelöst. Hustet das Pferd als Reaktion mehrmals, deutet das auf überreizte Atemwege hin.
Blutgasanalyse: Sie ist eine objektive Methode zur genaueren Einschätzung von Atemwegserkrankung und mit Hilfe einer Blutprobe einfach und schnell durchzuführen. Viele mobile Tierärzte verfügen inzwischen über das dazu nötige Gerät. Die Blutgasanalyse zeigt die Sauerstoffanreicherung im Blut, also wie effektiv das Pferd atmet. Aber – und Sie ahnen es schon – bei fitten Sportpferde wird man auch bei einer beginnenden Atemwegserkrankung hier gute Werte vorfinden.
Stufe 2 – weiterführende Diagnostik bei Equinem Asthma:
Konnten alle Untersuchung der ersten Stufe mobil und im Stall durchgeführt werden, muss das Pferd für die nächsten Untersuchungen in eine Klinik.
Endoskopie der oberen Atemwege: Die Endoskopie, auch Bronchoskopie oder Spiegelung genannt, liefert Bilder über den Zustand der oberen Atemwege. Die Untersuchung kann am stehenden Pferd durchgeführt werden. Es sollte dafür aber sediert werden, um Abwehrreaktionen und das Auslösen von Reizhusten, die zu Verletzungen führen können, zu vermeiden.
Eine winzige Kamera gibt jetzt Informationen über Zustand des oberen Bereichs der Lunge. Neben Schleim und Sekreten können hier entzündliche Prozesse wie Rötungen und Schwellungen aufgespürt werden. Seltener sind Tumore oder Fremdkörper für den Husten ursächlich.
Vom Schleim, dem sogenannten Tracheobronchialsekret (TBS), kann nun eine Probe entnommen werden. Die genauere Untersuchung auf Krankheitserreger und Entzündungszellen erfolgt dann im Labor. Der Zellgehalt im Schleim gibt wichtige Hinweise hinsichtlich Schwere und Dauer (akut – subakut – chronisch) der Lungenerkrankung.
Anschließend empfiehlt sich die sogenannte Bronchoalveoläre Lavage (BAL). Oft wird sie erst in der nächsten Untersuchungsstufe vorgenommen, was aber eine zusätzliche Belastung für das Pferd bedeutet. Beide Untersuchungen zusammen durchzuführen ist hier wesentlich schonender. Um tiefer in die Lunge vordringen zu können wird der Endoskop-Schlauch ausgetaucht. Anschließend wird eine geringe Menge Kochsalzlösung eingeleitet und direkt wieder abgesaugt. Die Kochsalzlösung gelangt bis in die Lungenbläschen, den Alveolen. Da Equines Asthma eine Erkrankung der unteren Atemwege ist, liefert diese Untersuchung ein wesentlich genaueres Bild über die Schwere, den Grad der Erkrankung und ob möglicherweise eine Allergie vorliegt. In der gewonnen Spülprobe kann der Gehalt an bestimmten Zellen wie Neutrophilen, Mastzellen oder Eosinophilen bestimmt werden.
Gerade die Anzahl der Entzündungszellen (bis sieben Prozent gelten als normal) liefert so einen genauen Wert über die Schwere der Erkrankung.
- geringgradigen Erkrankung: Entzündungszellen haben etwa einen Anteil von 20 Prozent
In diesem Stadium ist die Erkrankung noch vollständig reversibel. - mittel- bis hochgradige Erkrankung: Entzündungszellen liegen über 20 Prozent
In diesem Stadium ist die Erkrankung nicht mehr heilbar.
Die Schleimproben aus der endoskopischen Untersuchung und die Spülprobe können auch zeigen, ob möglicherweise eine Allergie vorliegt. Beide Proben liefern wichtige Erkenntnisse zur Einschätzung der Ursache, des Schweregrades der Erkrankung. Sie helfen auch, die individuellen Therapie zu erstellen.
Die Bronchoalveoläre Lavage (BAL) ist nicht zu verwechseln mit der therapeutisch angewendeten Lungenspülung!
Stufe 3 - Röntgen und Ultraschall
Ein Röntgenbild zeigt die Lunge in ihrer Größe und Form. Es dient zur Beurteilung der Bronchialwände und das Lungenbindegewebes.
Erkennbar sind hier auch Flüssigkeit oder Abszesse, die eine Lungenentzündung vermuten lassen. Verdichtungen des Lungenbindegewebes weisen auf Tumore hin.
Mit Ultraschall kann die Lungenoberfläche genauer auf Veränderungen untersucht werden. Hier können auch mögliche Abszesse und Tumore erkannt werden.
Kortison - Therapie und Management
Niemand möchte sein Pferd gerne und schon gar nicht leichtfertig mit Cortison behandeln. Es ist für viele DAS Schreckgespenst im Medikamentenschrank. Und ja, man sollte die Nebenwirkungen nicht außer Acht lassen und jeder verantwortungsbewusste Tierarzt wird die Pferdebesitzer über Risiko und Nutzen aufklären, um dann zusammen die nächsten Schritte abzuwägen.
Schaut man sich Ursache und Wirkung an, forscht nach ursachenorientierten Ansätzen und der effektive Bekämpfung von Entzündungen, verliert Cortison schnell sein schlechtes Image.
Oft werden zu Anfang schleimlösende Medikamente in Kombination mit bronchienerweiternden Mitteln verordnet. Aber gerade bei Letzteren ist Vorsicht geboten! Sie öffnen die Bronchien, Schleim kann abfließen, gleichzeitig können auch Staub und Schimmelsporen leichter und tiefer eindringen. Ist das Haltungsmanagement als wichtigster Erfolgsfaktoren (viel frische Luft, ausreichend tägliche Bewegung und eine staubarme Umgebung) nicht vorher bestmöglich optimiert worden, können bronchienerweiternde Medikamente sogar kontraproduktiv sein.
Schleim ist eine Reaktion und Folge einer Entzündung. Der Körper schützt die entzündeten Bereiche der Lunge durch die Produktion von Schleim. Das primäre Ziel sollte also sein, die Entzündung der Atemwege zu behandeln, nicht den Schleim zu eliminieren.
Kortison ist der wirksamste verfügbare Entzündungshemmer im Bereich der inneren Medizin. Ein frühzeitiger und dann auch entsprechend kurzer Einsatz kann Entzündungen tief in der Lunge bereits im Ansatz verhindern. Man vermeidet so die Entwicklung des mildes Asthma zur schweren Form und erspart dem Pferd mitunter weitere belastende Therapien oder ein stark beeinträchtigtes Leben.
Besprechen Sie den Einsatz von Kortison mit Ihrem Tierarzt und wägen sie Chancen und Risiken genau ab!
Unterstützende Therapien
Akupunktur, Akupressur, Shiatsu
Diese Behandlungsformen gehören zu der Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Begriffe wie Meridiane (Energiebahnen), Akupunkturpunke, Yin und Yang, Leere und Fülle und der freie Fluss der Lebensenergie (Chi oder Ki) sind wichtige Aspekte der fernöstlichen bzw. orientalischen Gesundsheitslehre. Sie kann bestehende Krankheiten lindern und heilen, ihr größter Wert liegt aber in der Profilaxe.
Die TCM arbeitet ganzheitlich, richtet ihr Augenmerk immer auf das ganze Individuum – also auf Körper, Geist und Seele, berücksichtigt das parasympathischem und sympathischem Nervensystem. Akupunkturpunkte können mit Nadeln, Licht (Kontrollierte Laser-Akupunktur) oder Fingerdruck stimuliert werden.
Inhalationstherapie
Die Inhalationstherapie ist eine wichtige Ergänzung in der Behandlung von Atemwegserkrankungen. Sie bietet eine breite Palette von Anwendungsmöglichkeiten, darunter verschiedene Maskensysteme, die auch im Stall angewendet werden können, Solekammern in Transportern und fest installierte Inhalationsboxen. Diese Therapieform ist generell gut für Pferde geeignet und kann dazu beitragen, die Atemwege zu unterstützen und Symptome zu lindern.
Hygiene und Sauberkeit sind von entscheidender Bedeutung
Die richtige Hygiene und peinliche Sauberkeit sind bei der Inhalationstherapie von größter Bedeutung. Die Geräte, Schläuche, Masken, Vernebler und Inhalationsboxen müssen vor und nach jeder Anwendung sorgfältig gereinigt und desinfiziert werden. Dies ist entscheidend, um sicherzustellen, dass kein Schmutz, Staub oder Krankheitserreger in die Atemwege des Pferdes gelangen. Daher ist es nicht ratsam, die Geräte zwischen verschiedenen Pferden auszutauschen oder ein Gerät für unterschiedliche Pferde zu verwenden, insbesondere in Stallgemeinschaften
Kräutertherapie (Phytotherapie)
Kräutertherapie ist eine bewährte und natürliche Behandlungsmethode. Kräuter gehören zu den ältesten Heilmitteln und sind die natürlichen Futtermittel unserer Pferde. Trotz ihrer beeindruckenden Wirkungen haben sie oft nicht den Stellenwert, den sie verdienen. Viele Kräuter und Heilpflanzen, wie Brennnessel, Spitzwegerich, Wilde Möhre, Wegwarte oder Löwenzahn, sind leider von den Weiden verschwunden. Dabei enthalten sie wichtige Vitamine, Mineralien und Spurenelemente sowie besondere Bestandteile wie Gerb-, Bitter-, Scharf- oder Schleimstoffe. Letztere sind oft in typischen Hustenkräutern zu finden.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es in der Kräutertherapie keinen Masterplan gibt. Die Kräuter müssen sorgfältig ausgewählt und individuell an die Bedürfnisse des einzelnen Pferdes angepasst werden. Da viele Kräuter auch ein hohes allergenes Potenzial haben, sind Mischungen aus vielen verschiedenen Kräutern für asthmatische Pferde meist nicht geeignet. Die Phytotherapie erfordert daher ein tiefes Verständnis der Kräuter und ihrer Wirkungen sowie eine individuelle Herangehensweise.
Es ist ratsam, die Kräutertherapie nur von ausgebildeten Fachleuten durchführen zu lassen, die über das notwendige Fachwissen und die Erfahrung verfügen, um die richtigen Kräuter in der richtigen Dosierung auszuwählen.
Was kann man selber für sein Pferd tun?
Um Equines Asthma in den Griff zu bekommen, ist eine Haltungsoptimierung essenziell und hat oberste Priorität. Eine medikamentöse Therapie kann nur Erfolg haben, wenn eine staubarme Haltung und die ausreichende Bewegung des Pferdes gewährleistet werden können.
Diese Maßnahmen haben absolute Priorität
Alternative Einstreu
Stroh enthält oft Schimmelpilze, die zu den Hauptverursachern von Asthma zählen. Alternativ kann mit Weichholzspäne, Leinstreu oder Elefantengras eingestreut werden
Verbessertes Stallklima
Die größte Konzentration an Staub- und Reizgasen entsteht während des Mistens, Fütterns und Fegens zu verzeichnen. Die großen Teilchen setzen sich innerhalb von ein bis zwei Stunden ab, die unsichtbaren Kleinstteilchen sind jedoch auch noch mehrere Stunden später in hoher Anzahl zu messen. Die Optimierung der Luft in den Ställen ist daher essenziell.
Ausreichende Bewegung
Angemessene Bewegung ist nicht nur für den Stoffwechsel und die Psyche wichtig, sondern essenziell für die Reinigung der Atemwege (mukoziliäre Clearance). Ein gut durchdachtes und dem Schweregrad der Erkrankung angepasstes körperliches Training stellt die wichtigste und effektivste nicht-medikamentöse Maßnahme dar. Es dient dazu, die Symptome zu lindern, die Belastungsfähigkeit zu steigern und die Lebensqualität des Pferdes erheblich zu verbessern.
Die Bewegungsart kann frei und vielseitig gewählt werden (Freilaufen, Freispringen, Longe, Reiten, Fahren, Gelände), sie muss allerdings zwingend dem Ausbildungszustand und dem Gesundheitszustand des Pferdes angepasst sein.
- Viel Bewegung an der frischen Luft
- Staubige Hallen, Reitplätze und Wege vermeiden
- Viel Galopparbeit, soweit es die Gesundheit des Pferdes zulässt
- Training mit Puls und Atmungsmessung
- Stehtage vermeiden
Empfehlenswert ist das Führen eines Trainingstagebuchs.
Gutes Raufutter
Das beste Futter auch für Pferde mit Atemwegsproblemen ist nach wie vor qualitativ gutes Heu. Mangelhaftes Raufutter kann nicht durch Wässern oder Bedampfen in gesundes, hochwertiges Futter verwandelt werden. Man kann jedoch Staubpartikel binden, Pilze und Bakterien abtöten und somit das allergene Potenzial senken.
Welche Methode die Beste ist, hängt viel von den praktischen Möglichkeiten ab (Platz, Strom, Wasser, Zeit, Schutz vor Frost und sonstigen Wettereinflüssen).
Beide Methoden haben Vor- und Nachteile und beeinflussen auf unterschiedliche Art und Weise das Fressverhalten der Pferde. Hitze und Auswaschungen senken außerdem den Nährwert vom Heu, sodass die Versorgung mit gutem Mineralfutter erforderlich ist.
Massage
Massagen können für viele Pferde mit Atemproblemen sehr entspannend und hilfreich sein. Gerade wenn die Atmung durch die Muskulatur unterstützen müssen, entstehen oft Schmerzen und Verspannungen im Zwerchfell, der Zwischenrippenmuskulatur, aber auch Bauch-, Brust-, Schulter- und Rückenmuskulatur werden stark beansprucht.
Besonders die auf den ersten Blick minimalistischen Techniken wie die Masterson Methode oder Shiatsu helfen den Pferden sich nicht nur muskulär zu entspannen, sie beruhigen auch das vegetative Nervensystem. Gute Therapeuten geben da gerne Hilfestellung.
Dokumentation
Um Auffälligkeiten, mögliche Symptome, Verbesserung und Verlauf der Krankheit zu verfolgen, ist es hilfreich, jeden Tag genau zu dokumentieren. Das hilft die Krankheit besser zu verstehen und liefert wichtige Informationen für eine eventuell nötigen weiterführenden Behandlungen oder die Wirkung von bereits durchgeführten Maßnahmen. Dokumentieren Sie auch die anderen Werte (Temperatur und Puls).
Kennen Sie die PAT-Werte beim Pferd?
Sei in dieser Phase sehr genau! Dokumentieren Sie die ersten Anzeichen von Husten!! Wann und wo ist er aufgetreten, gibt es Zusammenhängen mit Wetter, Fütterung, Training, Staubelastung (Stall, Reitplatz)? Zusammen mit anderen wichtigen Daten wie Puls und Atemfrequenz ergibt sich dann ein Gesamtbild, was für die weitere Diagnostik von großem Wert seien kann.
- Puls beim Pferd: 23-40 Schläge pro Minute
- Atmung beim Pferd: 8 -16 Schläge pro Minute
- Temperatur beim Pferd: 37,5 - 38,2 Grad
Um eine bessere Kontrolle über die Leistungsfähigkeit des Pferdes zu bekommen können im Training Geräte zur Puls- und Atmungsmessung eingesetzt werden. Es gibt auch zahlreiche Tagebuch-Apps, mit denen die Gesundheitswerte des Pferdes digital im Handy erfasst werden können. Das erleichtert oft die Dokumentation (Stift und Zettel sind ja nicht immer zur Hand und auch nicht jedermanns Sache). Der große Vorteil: Fotos, Videos und Sprachmemos können hier ebenfalls hinterlegt werden.
Fazit
Equines Asthma ist eine Erkrankung die durch optimale Haltungsbedingungen vermieden werden kann. Gutes Stallklima, viel Bewegung und gutes Heu sind die wichtigsten Gesundheitsfaktoren. Eine frühzeitige Behandlung im Verdachtsfall, ein entsprechendes Engagement der Pferdebesitzer, sowie ein sorgfältige Stall- und Fütterungsmanagement können den unheilbaren Verlauf der Erkrankung, der die Lebensqualität der Pferde erheblich beeinträchtigt, verhindern.