Jessica von Bredow-Werndl - Die Erfolgsgeschichte
„Das Glück der Erde, liegt auf dem Rücken der Pferde“ – den Spruch kennt jeder. Pferdefreunde nicken dabei innerlich heftig mit dem Kopf. Aber vielleicht gibt es keine andere Person, die diese ‚Wahrheit in zehn Worten‘ so überzeugt in die Welt hinausträgt wie Jessica von Bredow-Werndl: die Doppel-Olympiasiegerin, zweifache Mutter, erfolgreiche Unternehmerin und Buchautorin, die auf und mit ihren Pferden pure Harmonie verkörpert. Das Porträt einer außergewöhnlichen Pferdesportlerin.
Inhaltsverzeichnis
„Das Glück der Erde, liegt auf dem Rücken der Pferde“
Den Spruch kennt jeder. Pferdefreunde nicken dabei innerlich heftig mit dem Kopf. Aber vielleicht gibt es keine andere Person, die diese ‚Wahrheit in zehn Worten‘ so überzeugt in die Welt hinausträgt wie Jessica von Bredow-Werndl: die Doppel-Olympiasiegerin, zweifache Mutter, erfolgreiche Unternehmerin und Buchautorin, die auf und mit ihren Pferden pure Harmonie verkörpert. Das Porträt einer außergewöhnlichen Pferdesportlerin.
Jessicas Erfolgsgeschichte
Schon mit vier Jahren hat es Jessica zu den Pferden hingezogen. Einmal pro Woche ging sie in den ortsnahen Reitstall zum Voltigieren und erstem spielerischen Umgang mit Pferden. Eine Tante von Jessica züchtete damals in Aubenhausen Lewitzer Ponys. So kam es, dass Jessica mit sechs Jahren ein Lewitzer Fohlen geschenkt bekam: Little Girl. Als Little Girl so weit war, half Reitlehrer Paul Elzenbaumer, die Ponystute einzureiten und gab Jessica Unterricht. 1993 gewannen Jessica und Little Girl in München-Riem die Führzügelklasse . Bis heute fällt sie immer wieder durch ihren korrekten und geschmeidigen Sitz auf. Bei Jessicas erstem Reitwettbewerb sprach Ausbilder Stefan Münch die Familie Werndl an. „Weil ich die einzige war, die ihr Pony in dem Wettbewerb durchs Genick hatte“, lacht Jessica. Schnell war die Zusammenarbeit besiegelt: Die nächsten zwölf Jahre trainierte das Geschwisterpaar Jessica und Benjamin Werndl mit Stefan Münch. In ihrer Ponyzeit schaffte es Jessica mit Dacapo, den sie von ihrem Bruder ‚geerbt’ hatte, bis in den Bundeskader, mit 14 stieg sie bereits auf Großpferde um. „Nokturn war unheimlich korrekt. Mit ihm habe ich auch meine erste 10 bekommen, fürs Halten. Der hat nicht mit dem Ohr gewackelt!“ Parallel zu Nokturn hat die Familie Bonito im jungen Alter von vier Jahren gekauft. Auch damals schon galt für die Werndls: jung kaufen und selbst ausbilden. Bis heute ist das ihr Motto geblieben.
2002 – Jessicas erster EM-Einsatz stand auf dem Plan
Eigentlich mit Nokturn, Bonito hatte sie als Reservepferd qualifiziert. Eine Woche vor der EM wurde Nokturn vernagelt und fiel aus. Bonito war erst sieben, sprang aber für Nokturn ein und – das Paar kam mit Doppelgold nach Hause! Im nächsten Jahr startete Jessica schon bei den Jungen Reitern, obwohl sie noch im Juniorenalter war. Duchess war ihr Partner bei der EM 2003, Teamgold und Einzelsilber! „Das war unglaublich und das ging vier Jahre so durch“, scheint sich Jessica auch Jahre später noch zu wundern.
Nach der Jungen Reiter-Zeit kam der Bruch. Die Familie kaufte für Jessica und Benjamin junge Pferde. Das Ziel war ein ehrgeiziges: Mit selbst Ausgebildeten den Weg in den Grand Prix-Sport finden. Von 2007 bis 2011 fuhren die Geschwister regelmäßig zu Isabell Werth zum Training. „Ich hatte Isabell einfach gefragt und sie hat ja gesagt“, freut sich Jessica noch heute
2011 – das war kein einfaches Jahr für Jessica. Ein Jahr des Umbruchs!
„Im Sommer 2011 war ich an einem Tiefpunkt angekommen. Ich hatte so viele Jahre gekämpft, um wieder den Anschluss zu kriegen und es hat nicht so geklappt.“ Sie habe zwar immer wieder kleinere Highlights erlebt, wie das Finale bei der WM der jungen Dressurpferde, das Finale des Nürnberger Burg-Pokals und das des Louisdor-Preises, aber … „Ich habe so viel Energie in die Pferde gesteckt, so viel Aufwand betrieben, im Vergleich dazu hat mir der Erfolg gefehlt, der mich hätte beflügeln können. Ich wusste ja von früher, wie es sich anfühlt, oben dabei zu sein. Und dann habe ich Selbstzweifel bekommen, ob ich einfach nicht gut genug bin.“
Hinzu kam, dass Jessica in dieser Zeit zweigleisig arbeitete. Am Vormittag ist sie geritten, ab 14.00 bis etwa 21.00 Uhr war sie als Leiterin des familieneigenen Fitnessstudios im Einsatz und hat nebenher noch eine Ausbildung zum Ernährungstrainer gemacht.
„Die Arbeit im Studio hat mir viel Spaß gemacht. Ich gehe gerne mit Leuten um und liebe Sport. Aber ich wollte beides perfekt machen – Reiten und das Studio. Das hat nicht funktioniert.“
Bei einem Event im Fitnessstudio lernte sie die Ski-Langläufer Evi Sachenbacher und Tobias Angerer kennen. Die beiden haben Jessica überzeugt und zu einem Mental-Coach geschickt: Holger Fischer.
„Die zwei Tage bei Holger Fischer waren echt ‚krass’“, beschreibt Jessica. „Er hat einfach genau die richtigen Fragen gestellt. Danach war ich ganz sicher, was ich wollte: Reiten! Seitdem bin ich noch intensiver, noch leidenschaftlicher bei der Arbeit mit den Pferden.“
Seit Ende 2011 hat sie nun gemeinsam mit ihrem Bruder Benjamin die Leitung des familieneigenen Dressurstalls in Aubenhausen übernommen, reitet sechs bis sieben Pferde pro Tag und kümmert sich am Nachmittag um das Training ihres Bereiterteams. Insgesamt stehen in Aubenhausen etwa 40 Pferde – gut die Hälfte sind eigene, dann sind noch ein paar Kundenpferde zur Ausbildung da und auch ein paar Oldies tummeln sich auf den Aubenhausener Weiden wie zum Beispiel Duchess. „Wir wollen junge Pferde kaufen und ausbilden.“ Mit ‚wir’ sind Jessica und ihr Bruder Benjamin gemeint. ‚Benni’ war ebenfalls als Junger Reiter schon sehr erfolgreich und gehörte dreimal zum deutschen Goldteam bei Europameisterschaften.
„Wir sind zwar ganz unterschiedliche ‚Reittypen’“, erzählt Jessica, „aber beim Pferde aussuchen und ausbilden sind wir uns total einig.“
Seit 2011 wird Jessica außerdem von Jonny Hilberath im Training betreut. Der Bundescoach hat im Gegensatz zu Isabell Werth auch die Möglichkeit, sie auf Turniere zu begleiten, da er selbst nicht mehr aktiv im Sattel an den Start geht.
Anfang 2012 kam der Gribaldi-Sohn Unée zu ihr in den Stall.
„Ich hatte mich ja schon vor Unée für die Reiterei entschieden, aber er hat noch einmal viele Tore geöffnet.“ Und langsam beginnen die Werndl-Geschwister, die Früchte ihrer jahrelangen Ausbildungsarbeit zu ernten. „Jetzt wissen wir, dass wir gut ‚investiert’ haben, aber man weiß das ja jahrelang nicht. Man hofft und hofft, aber man darf auch nicht zu viel in ein Pferd hinein projezieren. Das musste ich erst lernen.“
2015 hat Jessica von Bredow-Werndl ein großes weiteres Ziel erreicht: Sie gehörte bei der EM in Aachen zum deutschen Team! Lange hatte sie darauf hingearbeitet. Leider wurde es am Ende mit dem Team nur Bronze, aber von Bredow-Werndl und Unée hatten eine klare Visitenkarte für elegantes und harmonisches Reiten abgeliefert!
2018 ging der Stern ‚Dalera‘ auf:
Jessica und Dalera flogen mit dem deutschen Team zu den Weltreiterspielen nach Tryon und gewannen Teamgold, ein Jahr später folgte das nächste Highlight. Das Paar gehörte nicht nur erneut zum deutschen Team, dieses Mal bei der EM in Rotterdam, sie gewannen nicht nur erneut Teamgold, sie gewannen auch die Bronzemedaille in der Kür. Die erste Einzelmedaille für Jessica von Bredow-Werndl im Lager der Senioren. Und nach der Pandemie-Pause 2020 stand das ‚Märchenjahr‘ 2021 für das Paar auf dem Programm. „Es fühlt sich an wie ein Märchen, einfach unglaublich!“ Und sie selbst war die Märchenfee: in strahlender Harmonie mit ihrer Stute Dalera hat sie Momente der vollendeten Leichtigkeit und Perfektion ins Viereck gezaubert und die Zuschauer verzaubert.
2022 - Weltcup Sieg in Leipzig
In 2022 gewann Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera BB das FEI World Cup™ Finale der Saison 2021-2022. Mit einer Leichtigkeit tanzte das Paar durch das Viereck in Leipzig und gewann nicht nur den Titel sondern auch die Herzen der Zuschauer. Im Sommer ging von bredow-Werndl dann in Mutterschaftspause.
2023- Auf Gold-Kurs
Im April 2023 verteidigte Jessica in Omaha ihren Weltcupfinalsiegertitel erfolgreich, doch da begann die Erfolgsserie für 2023 erst. Bei den Deutschen Meisterschaften in Balve auf Schloss Wocklum, auch bekannt unter dem Namen Balve Optimum, platzierte sich Jessica mit TSF Dalera BB an der Spitze und konnte ihren Titel von 2021 erneut als Deutsche Meisterin in der Dressur sichern. Die nächste Station von Jessica und Dalera war der CHIO Aachen, hier tanzten die beiden wieder einmal durch Viereck und konnten gleich vier Siege für sich verbuchen. Das Paar siegte in dem Grand Prix, im Nationenpreis, im Grand Prix Special und in der Grand Prix Kür. Ein Wochenende da man so schnell nicht vergisst. Da Aachen auch oft ein wichtiger Stopp im Hinblick auf die Europameisterschaften ist, war es wenig verwunderlich, dass das Dreamteam auch an den Europameisterschaften in Riesenbeck für Deutschland an den start geht. Doppelgold für Jessica von Bredow-Werndl und den Vizetitel gab es mit der Manschaft. Doch nicht nur mit Dalera war sie 2023 erfolgreich, auch mit ihren anderen Pferden gewann sie in diesem Jahr eine Vielzahl an Turnieren. Zum Beispiel mit Got it BB und Forsazza de Malleret.
Die Olympischen Spiele in Paris:
Nachdem Jessica einen Tag zuvor die Manschaftsgoldmedaille in den Händen hielt, stand sie am Sonntag dem 4. August 2024 wieder auf dem Treppchen. Mit 90.093% schaffte sie es erfolgreich ihre Olympische Goldmedaille zu verteidigen.
Jessica von Bredow-Werndls Triumph bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 war ein emotionaler Höhepunkt, der die Herzen vieler berührte. Mit ihrer Kür zu "Non, je ne regrette rien" von Edith Piaf hat sie nicht nur eine technisch brillante Leistung gezeigt, sondern auch eine tiefe Verbindung zur Gastgeberstadt Paris hergestellt. Dieser musikalische Tribut an die französische Ikone Piaf verlieh ihrer Darbietung eine zusätzliche emotionale Tiefe und eine besondere Bedeutung.
Die Harmonie und das Vertrauen zwischen Jessica und ihrem Pferd TSF Dalera BB waren während ihrer Kür deutlich zu spüren. Jede Bewegung war perfekt abgestimmt, und es war offensichtlich, dass Jahre intensiver Vorbereitung und harter Arbeit in diesem Moment kulminierten. Ihr Gesicht strahlte vor Freude und Stolz, als sie die letzte Pirouette vollendete und die Menge in begeisterten Applaus ausbrach.
Dieser Sieg ist nicht nur ein Beweis für Jessicas außergewöhnliches Talent und ihre unermüdliche Hingabe zum Dressursport, sondern auch ein Symbol für ihre Leidenschaft und ihr Durchhaltevermögen. Die Wahl von Piafs Liedtext, der übersetzt "Nein, ich bereue nichts" bedeutet, spiegelt vielleicht auch Jessicas persönliche Reise wider – eine Reise voller Herausforderungen, Hingabe und letztendlich triumphaler Erfüllung.
Die Goldmedaille in Paris ist der Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere und wird zweifellos als ein strahlendes Kapitel in der Geschichte des Dressursports verankert sein. Jessicas Leistung hat nicht nur sportliche Maßstäbe gesetzt, sondern auch das Publikum weltweit inspiriert und berührt. Ihr Sieg in Paris ist ein unvergesslicher Moment, der lange nachklingen wird – ein Moment, der zeigt, wie viel Herzblut und Liebe zum Sport wahre Größe ausmacht.
Die Olympischen Spiele in Tokio:
91,732 Prozentpunkte in der Kür – ein Olympiazeichen. Es war das neue Bestergebnis für Jessica von Bredow-Werndl und Dalera. Noch nie hatte das Paar international die 90-Prozent geknackt. Olympia war der richtige Moment. Für die Musik und deren Interpretation gab es von den sieben Richtern siebenmal die 10 – mehr geht nicht! Fünfmal die 10 für die Harmonie, viermal die 10 für die Choreografie und einmal die 10 und fünfmal die 9,9 für den Schwierigkeitsgrad. Diese Kür war wunderbar, fehlerfrei, mit absoluten Highlights in den Piaffen, Passagen und Übergängen, aber auch in der absoluten Harmonie und der tatsächlich fast unsichtbaren Hilfengebung, dem 'blinden' Verstehen zwischen Reiter und Pferd. Jessica von Bredow-Werndls erste Worte nach ihrer Olympia-Kür sprudelten nur so aus ihr heraus: „Es war mein Ziel, die 90 Prozent zu knacken. Am Anfang habe ich etwas taktiert, am Ende bin ich immer mehr auf Risiko geritten. Manchmal hatte ich das Gefühl, doch etwas im Feuertanz zu reiten, auf Messers Schneide: Wie weit kann ich gehen, wie viel Risiko kann ich eingehen? Es ist alles aufgegangen, es waren keine groben Schnitzer drin, dafür viele Highlights, das habe ich gespürt.“
Jessicas olympischer Zitate-Kasten
Jessica von Bredow-Werndl – ihre Gefühle nach dem Gewinn der Goldmedaille in Tokyo, die magischen Worte von Sohn Moritz und Knackpunkt Rotterdam…
• Nachdem klar war, dass sie Gold gewonnen hat:
"Ich mag es nicht Druck nennen, aber als ich hier geweint habe, habe ich gemerkt, dass ich es doch so sehr wollte. Wenn alles abfällt und so eine krasse Erleichterung plötzlich da ist, merkt man erst, wie sehr man das alles möchte. Ich habe gestern tatsächlich nicht so einen Druck gespürt, weil ich nicht viel leisten musste, um Gold im Team zu gewinnen. Und vorgestern ging es auch noch nicht wirklich um etwas. Heute Mittag habe ich dann schon gemerkt, dass jeder Platz jetzt einen Riesenunterschied macht."
• Mit der Goldmedaille in den Händen:
„Pure Freude, Erleichterung und wahnsinnige Dankbarkeit. Dankbarkeit, dass ich das erleben darf, dass ich hier stehe, die zweite Goldmedaille um den Hals hängen habe, dass ich so ein wundervolles Pferd und so ein unglaubliches Team habe, das hinter mir steht - und meine Familie natürlich. Bei mir läuft gerade ein Zeitraffer von meinen 20 Jahren Reiterleben ab – ne, es sind schon mehr, es sind schon 30 Jahre (lacht). Ich glaube, ich könnte ein Buch schreiben über diesen Tag."
• Magische Worte von Sohn Moritz vor der olympischen Kür:
"Das hat mir so viel bedeutet, dass er gesagt hat, dass er mich liebt. Er sagt das jetzt immer, wenn wir sprechen. Und dass er sich freut, dass er mich morgen oder spätestens übermorgen wieder sieht. Dieses 'Ich lieb Dich so, Mami' war so beruhigend, weil egal, wie es heute ausgegangen wäre, der würde mich, wenn ich ohne Medaille Heim komme genauso lieben. Dem ist es völlig egal, ob ich eine Medaille mit Heim bringe oder nicht. Das ist das, was im Leben so wichtig ist und mir so viel Halt gibt."
• Zu den Olympischen Spielen:
„Ich bin dankbar, dass sie überhaupt stattgefunden haben. Dieses Jahr Verschiebung der Olympischen Spiele wegen der Pandemie hat mir persönlich wahrscheinlich geholfen. Wir sind erfahrener, wir sind reifer und stärker. Es ist alles noch leichter geworden. Ich bin einfach wahnsinnig dankbar und ich finde, dass es sensationell gut organisiert war hier. Ich werde mit einem vollen Herzen voller Freude und Dankbarkeit wieder nach Hause kommen und Tokio in bester Erinnerung behalten."
Parallel zu der Aufregung in Tokio brodelte die Olympiastimmung im kleinen beschaulichen Aubenhausen. Zu Hause bei Jessica in Aubenhausen hatte sich der Fanclub eingerichtet und die Daumen gedrückt – allen voran die Familie mit Bruder Benjamin, Bereiter Raphael Netz und die Schwestern Flora Keller und Beatrice Bürchler. Die Beiden sind Pferdedamen durch und durch, beide unterstützen den Dressursport und beide sind vom ‚Team Aubi’ rund um die Geschwister Werndl überzeugt. Flora Keller gehören einige Pferde, die ‚Benni‘ Werndl ausbildet und reitet, und von Beatrice Bürchler-Keller stammt das ‚BB‘, das beispielsweise die Namen von Unée, Dalera und Ferdinand ergänzt. Die ehemalige internationale Dressurrichterin arbeitet seit 2009 zusammen mit Jessica von Bredow-Werndl. Auf Pferden im Besitz von ‚BB‘ hat Jessica ihre bisher größten Erfolge gefeiert. „Was 2009 aus sportlichen und erfolgsversprechenden Überlegungen begann, hat sich zu einer tiefen Freundschaft und einem innigen Vertrauensverhältnis entwickelt“, betont die Schweizerin.
Jessica von Bredow-Werndl, die Doppel-Olympiasiegerin und dreifache Europameisterin von 2021. Wenige Wochen nach ihrem olympischen Total-Erfolg haben ‚Jessi und Dalera‘ auch bei den Europameisterschaften in Hagen ihre Klasse eindrucksvoll bewiesen: Gold mit dem Team, in der Einzelwertung und in der Kür. Fünf Goldmedaillen innerhalb von sieben Wochen – das hat es noch nie gegeben und das konnte es auch nicht: Nie zuvor waren Olympische Spiele und Europameisterschaften innerhalb eines Jahres ausgetragen worden. Und nie zuvor hatte Jessica von Bredow-Werndl Einzelgold bei einem Championat gewonnen – im Sommer 2021 gleich dreimal, zweimal Mannschaftsgold kam obendrauf. Im Alter von 35 Jahren hat Jessica den Olymp erreicht.
An einer ‚anderen Baustelle’ arbeitet sie noch: „Ich gönne mir zu wenig Auszeiten. Ich kann nicht einfach auf der Couch liegen und nichts tun. Ich kann nicht abschalten.“ Seit dem Sommer 2013 hilft ihr jemand dabei: Ihr Ehemann Max von Bredow, selbst im Vielseitigkeitssport aktiv. Silvester 2012 hatte er Jessica in Kenia am Strand einen Antrag gemacht, sechs Monate später haben die beiden in Italien geheiratet. Warum Italien? „Ich wollte das so“, lächelt Jessica. „Sonst hätte ich wahrscheinlich noch am Tag meiner Hochzeit auf dem Pferd gesessen.“ Jessica und Max teilen nicht nur die Begeisterung für Pferde, beide lieben auch den Sport. „Wir spornen uns oft gegenseitig an und gehen zusammen laufen. Überhaupt machen wir gerne Sport zusammen und lernen neue Sportarten.“ In Ihren Flitterwochen hatten sie sich beispielsweise gemeinsam beim Kitesurfen angemeldet.
Persönlichkeitsentwicklung – das ist das Steckenpferd von Jessica von Bredow-Werndl. Damit beschäftigt sie sich seit Jahren intensiv, aus menschlicher, aber auch aus reiterlicher Perspektive. Früh gab es in ihrer pferdesportlichen Laufbahn einen Auslöser dafür: 2001 durfte sie zum ersten Mal bei einer Sichtung für die Europameisterschaften mitmachen. Damals war Jessica Juniorin und hatte überraschend auf Nokturn mit einem zweiten Platz beim Preis der Besten auf sich aufmerksam gemacht. „Ich war so nervös bei der EM-Sichtung, dass ich mich zweimal verritten habe. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken.“ Dieses Erlebnis hat sie geprägt, aber sie hat es für sich genutzt, später ihre Facharbeit zum Thema ‚Mentales Training’ geschrieben und viel gelernt. „Im Nachhinein betrachtet, war das sehr gesund, dass es nicht gleich beim ersten Mal geklappt hat“, ist sie überzeugt. 2010 hatte Jessica noch ein Erlebnis, das sie darin bestätigt hat, sich ganz viel mit ihrer persönlichen Entwicklung zu beschäftigen. „Am 10.10.2010 waren wir auf Sardinien und ich bin beim Schwimmen von der Strömung rausgezogen worden. Ich habe es wirklich nicht mehr allein zurück geschafft. Mein damaliger Freund, heute mein Mann, Max hat mich mit letzter Kraft an Land gebracht. Das war wirklich knapp. Seitdem hat sich bei mir noch mal einiges an meiner Persönlichkeit verändert, viele Dinge haben sich relativiert.“ Und auch, wenn die Pferde und die Reiterei für Jessica Leidenschaft sind… „mein Lebensmittelpunkt sind sie nicht. So weit würde ich nicht gehen.“
Im Mittelpunkt der Ausnahmesportlerin steht seit August 2017 jemand ganz anderes: Sohn Moritz. Die Geburt ihres ersten Kindes war für Jessica von Bredow-Werndl und ihren Mann Max natürlich ein einschneidendes Erlebnis. „Mit einem Kind verschieben sich die Prioritäten“, brachte es die frischgebackene Mutter schnell auf den Punkt.
Während der Schwangerschaft ist Jessica von Bredow-Werndl noch eifrig geritten: „In den ersten drei Monaten wurde mir immer wieder ein bisschen übel, aber nie während des Reitens“, erzählt sie. Bis zum fünften Monat nahm sie noch an Turnieren teil, ab dem sechsten Monat habe es ab und zu mal gezogen und Schritt und Galopp waren ihre Lieblingsgangarten in dieser Zeit. „Ab dem siebten Monat wurde das Aussitzen im Trab immer unangenehmer. Aber wirklich aufgehört zu reiten, habe ich erst vier Wochen vor der Geburt – da bin ich nur noch ein bisschen Schritt im Gelände geritten.“ Als Moritz vier war, kam Tokio. Nie war Mutter Jessica so lange von ihrem Erstgeborenen getrennt wie bei den Olympischen Spielen in Tokio, zu denen wegen der Pandemie die Familie nicht mitgereist war. „Zwei Wochen sind sehr lang“, hatte Jessica damals betont. „Zum Glück gibt es Facetime.“ Seit August 2022 teilt Moritz sein Mittelpunkt-Dasein mit seiner Schwester. Während Benjamin Werndl bei der Weltmeisterschaft in Herning sein erstes Championat bestritt, lag seine Schwester Jessica im Kreißsaal und verfolgte die WM-Kür bei ClipMyHorse. Die kleine Ella Marie wartete den WM-Ritt von Benjamin und Famoso noch ab, aber dann habe sie es ziemlich eilig gehabt, erzählt die zweifache Mutter. Benni sei übrigens in Dänemark eine ‚Hammer-Runde‘ geritten und Ella sei das absolute Oberwunder.
Zwei Kinder und Spitzensport – wie geht das unter einen Hut? Die Antwort der Powerfrau ist so schlicht wie einleuchtend: „Ich habe ein geniales Umfeld!“ Dazu gehören in erster Linie ihre Eltern Micaela und Klaus Werndl, die häufig zu den Turnieren mitreisen und dann als Baby- und Kindersitting voll in ihrem Element sind. Aber auch ‚Onkel Benni‘ hilft gerne, wenn er auf dem selben Turnier am Start ist. „Es ist schon auch eine Challenge“, gesteht Jessica und lacht.
Vollblutsportlerin, zweifache Mutter und ein eigener Ausbildungsstall – eigentlich würde man denken, dass eine einzelne Person damit schon vollkommen ausgelastet ist, aber die Energie der Weltranglistenersten (Stand Dezember 2022) scheint unerschöpflich. Praktisch ‚nebenher‘ hat sie im Oktober 2020 ihr erstes Buch auf den Markt gebracht. Der Titel: „Das Glück der Erde – Was ich täglich von meinen wunderbaren Pferden lernen darf“. In diesem Buch nimmt Jessica von Bredow-Werndl ihre Leser mit auf ihre ‚Reise‘ mit den Pferden. Sie lässt einen Blick in ihre Philosophie im Umgang und Training mit Pferden zu, erklärt, wie Pferde sie geprägt und wie sie sich durch die Arbeit mit Pferden entwickelt hat. Aber sie schreibt auch unumwunden von Tiefpunkten, in denen sie gezweifelt hat und teilweise fast verzweifelt wäre.
Mit der Aubenhausen Academy haben die Geschwister Werndl außerdem eine weitere Möglichkeit entdeckt, ihre Erfahrungen, ihre Ideen beim Training mit Pferden weiterzugeben. Mit sehr konkreten Tipps, direkter Nähe zu den Pferden und Skizzen, Grafiken, Übungsblättern und Selbstreflexions-Bögen hat das Geschwisterpaar zu verschiedenen Lektionen und Themen verschiedene Module entwickelt. In ihrem DressurFit-Programm bieten sie außerdem funktionelles Training für Reiter an. Ein Zwölf-Wochen-Programm speziell entwickelt für die Reiterfitness. Fast hat man darauf gewartet: Nach ihrer zweiten Schwangerschaft hat Jessica von Bredow-Werndl auch ein spezielles Rückbildungs-Programm für Reiterinnen zusammengestellt, DressurFit Mommy, in Zusammenarbeit mit der Beckenboden-Expertin Luisa Kienle und Sportwissenschaftler Marcel Andrä, mit dem die Geschwister schon viele Jahre zusammenarbeiten. Regelmäßig laden ‚Jessi und Benni‘ außerdem direkt in ihr „Home of Dressage Horses“ nach Aubenhausen ein. Bei den Aubenhausen Live-Veranstaltungen bekommen die Besucher die Chance, vor Ort die Geschwister zu beobachten, ihr ‚Home‘ zu betrachten und sie bei der Arbeit zu verfolgen. Und natürlich stehen Jessica und ihr Bruder dann auch für jede Menge Fragen Rede und Antwort. Nicht zu vergessen den Aubenhausen Club Shop. Ständig erweitert sich das Shop-Angebot: von der Strick-Mütze, die mit ihrem berühmten strahlenden Lächeln im Gesicht von Jessi selbst auf der Website präsentiert wird, über Geschenkartikel, Reitklamotten, Trensen bis hin zu Insektenschutz. Mit im Shop-Programm ist auch das erste Jugendbuch, dass das Multitalent in Zusammenarbeit mit Antje Szillat geschrieben hat: „Gut Aubenhausen – Emilia und das Glück der Pferde“, lehrreiche Pferdegeschichten für junge Pferdefreunde ab zehn Jahren.
Und weil die Tage von Jessica 36 statt 24 Stunden zu haben scheinen, hält sie ihre Fans auch super aktuell und professionell auf sämtlichen Social Media Kanälen über alles informiert, was sich in Aubenhausen und in ihrem Leben so abspielt.
Jessica von Bredow-Werndl in einem Satz beschreiben? Unmöglich! Es gibt sehr wenige Menschen, die so energiegeladen, voller Ideen, zielstrebig und trotzdem immer geerdet durchs Leben gehen.
Jessicas Meisterschafts-Erfolge:
- 2024: Manschafts Gold bei den Olympischen Spielen in Paris mit TSF Dalera
- 2023 Sieg im Weltcup-Finale - TSF Dalera BB, Deutsche Meisterin - TSF Dalera, Europameisterin - TSF Dalera BB & Vize-Mannschafts-Europameister
- 2022 Sieg im Weltcup-Finale – TSF Dalera BB
- 2021 Triple-Europameisterin und Doppel-Olympiasiegerin, Deutsche Meisterin Grand Prix Special und Kür – TSF Dalera BB
- 2020 Deutsche Meisterin Grand Prix Special – TSF Dalera BB
- 2019 Mannschafts-Europameisterin und EM-Bronze in der Kür, DM-Bronze im Grand Prix Special – TSF Dalera BB
- 2018 Mannschafts-Weltmeisterin – TSF Dalera BB, Bronze beim Weltcup-Finale – Unée BB
- 2016 Bronze beim Weltcup-Finale – Unée BB
- 2015 Mannschafts-Bronze bei der Europameisterschaft, Bronze beim Weltcup-Finale – Unée BB
- 2002-2005 sechs Goldmedaillen bei Europameisterschaften, drei Goldmedaillen bei Deutschen Meisterschaften der Junioren und Jungen Reiter – Bonito und Duchess
Jessica von Bredow-Werndl's aktuelle Turnierpferde
- TSF Dalera BB (Trakehner, Stute, geb. 2007), von Easy Game x Handryk im Besitz von Beatrice Bürchler-Keller; Züchterin: Silke Druckenmüller
- Ferdinand BB (Hannoveraner, Wallach, geb. 2009), von Florencio I x Lanciano im Besitz von Beatrice Bürchler-Keller; Züchter: Bernhard Sieverding
- Got It BB (Dänisches Warmblut, Hengst, geb. 2015), von Grand Galaxy Win x Don Schufro im Besitz von Beatrice Bürchler-Keller; Züchter: Dressage Arué v/Morten Thomsen
- Forsazza de Malleret (Oldenburger, Stute, geb. 2013), von For Romance x Sarkozy im Besitz von Aubenhausen GbR; Züchter: Gestüt Lewitz
- Great Gatsby PS (Oldenburger, Hengst, geb. 2014), von Grey Flanell x Sir Donnerhall I im Besitz von Aubenhausen GbR; Züchter: Gestüt Lewitz
- Tamino (Oldenburger, Wallach, geb. 2014), von Tomahawk x Florencio I im Besitz und gezüchtet von Helmut Osterkamp
- Fosbury OLD (Oldenburger, Wallach, geb. 2017), von For Romance I x Depardieu im Besitz von Aubenhausen GbR; Züchter: Werner Meyer
- Simba 217 (Hannoveraner, Hengst, geb. 2016), von Blue Hors St. Schufro x Hofrat im Besitz von Flora Keller; Züchterin: Friederike Peters