
Gericht hebt Millionenurteil gegen Éric Lamaze auf – neues Verfahren zugelassen
Olympiasieger darf sich in neuer Verhandlung gegen Betrugsvorwürfe verteidigen
Inhaltsverzeichnis
Ein Berufungsgericht in Florida hat das im November 2023 ergangene Urteil gegen den kanadischen Olympiasieger Éric Lamaze aufgehoben, dies berichten equnews.com sowie horsesport.com.
Das ursprüngliche Urteil, das Lamaze in Abwesenheit zur Zahlung von 1,4 Millionen US-Dollar verpflichtete, basierte auf einem Verfahren, das laut Berufungsgericht seine grundlegenden Verfahrensrechte verletzte. Die Entscheidung erlaubt Lamaze nun, sich in einem neuen Prozess gegen die Betrugsvorwürfe seiner ehemaligen Geschäftspartner zu verteidigen.
Gefälschte ärztliche Bescheinigung?
Der Rechtsstreit drehte sich um den Verkauf und die gemeinsame Besitzstruktur zweier Sportpferde, darunter die inzwischen international erfolgreiche Stute Nikka van den Bisschop. Die Kläger, Lorna Guthrie und Jeffrey Brandmaier, warfen Lamaze vor, das Pferd überbewertet zu haben. Nikka trug jedoch maßgeblich zur Olympiaqualifikation Kanadas für Paris 2024 bei und gewann kürzlich die französische Meisterschaft – ein sportlicher Erfolg, der laut Lamazes Team die Vorwürfe widerlege.
Zentraler Streitpunkt war eine mutmaßlich gefälschte ärztliche Bescheinigung, die Lamazes Abwesenheit vom Gericht wegen angeblicher Krebsbehandlung rechtfertigen sollte. Die Richter betonten, dass selbst im Fall nachgewiesener Fälschung eine Verhandlungspause angebracht gewesen wäre, nicht jedoch ein Urteil in Abwesenheit. Lamaze, der unter schweren gesundheitlichen und finanziellen Belastungen stand, habe keine faire Möglichkeit zur Verteidigung gehabt.
Das Urteil gilt als bedeutender Präzedenzfall für den Umgang mit Verfahrensfehlern und unterstreicht, dass selbst bei Fehlverhalten das Recht auf ein faires Verfahren nicht aufgehoben werden darf. Das Verfahren wird nun neu aufgerollt – Lamaze erhält seine Chance, die Vorwürfe vor Gericht zu entkräften.
Das jüngste Urteil vom 30. April kann hier eingesehen werden:
https://horse-sport.s3.ca-central-1.amazonaws.com/wp-content/uploads/2025/05/02133924/Lamaze-Decision.pdf
Die Kernaspekte des Urteils in Kürze aufgelistet:
Der Fall
- Hintergrund: Streit über Verkauf und Co-Besitz von zwei Sportpferden zwischen Lamaze und Investoren (Guthrie, Brandmaier, Knightwood Stables)
- Vorwurf: Betrug durch Lamaze bzgl. Kaufpreisangaben und vermeintlich unautorisiertem Pferdeverkauf
- Maßnahme: Gericht ordnete Einfrieren von Lamazes Vermögenswerten an (Writs of Garnishment & Attachment)
Ablauf und strittige Punkte
- Lamaze verteidigte sich mit Krankheit (u.a. angeblicher Hirntumor), um Gerichtstermine zu verschieben
- Arztbrief gefälscht: Das zentrale Beweisstück (Brief eines belgischen Arztes) war gefälscht – Lamaze gab zu, dass der Inhalt falsch war
- Verhandlung am 22.09.2023: Lamazes Anwalt zog sich zurück, das Gericht hörte trotzdem direkt im Anschluss den Antrag der Gegenseite und fällte ein Default Judgment (Urteil in Abwesenheit der Verteidigung)
Urteilsbegründung Berufungsgericht
- Fehlende Frist für neuen Rechtsbeistand:
- Unternehmen (Corporate Defendants) dürfen sich nicht selbst vertreten, benötigen zwingend Anwalt
- Gericht hätte nach Rückzug des Anwalts eine angemessene Frist zur Neubenennung gewähren müssen
- Verstoß gegen rechtliches Gehör:
- Auch Lamaze persönlich hatte keine echte Gelegenheit, sich zu verteidigen – Verstoß gegen das Prinzip des fairen Verfahrens (Due Process)
- Gericht hätte Verhandlung verschieben müssen, insbesondere da keine Dringlichkeit bestand
Besondere Hinweise des Gerichts
- Fehlverhalten anerkannt: Hinsichtlich der Täuschung durch Lamaze
- Aber: Dieses Verhalten betraf nur Terminverschiebungen, nicht den Kern des Falles
- Fazit: Strafen möglich, aber vollständige Aberkennung des Verteidigungsrechts („Default Judgment“) war überzogen
Entscheidung des Gerichts
- Aufhebung des Urteils erster Instanz (Default Judgment)
- Wiedereinsetzung der Schriftsätze der Beklagten
- Zurückverweisung an die Vorinstanz zur weiteren Verhandlung
- Sanktionen gegen Lamaze können beantragt werden, aber unter Wahrung seines Rechts auf Verteidigung
Foto: Stefan Lafrentz