Trächtigkeit bei Pferden: Phasen, Dauer und Herausforderungen

Trächtigkeit bei Pferden: Phasen, Dauer und Herausforderungen

In diesem Artikel erfährst du alles über die Trächtigkeitsphasen und die optimale und notwendige Versorgung deiner trächtigen Stute!

Inhaltsverzeichnis

Beim Anblick einer Stute mit ihrem neugeborenen Fohlen schlägt jedes Reiterherz höher.
Damit die Stute ein gesundes Fohlen zu Welt bringen kann, muss diese optimal während der Trächtigkeit versorgt und bestmöglich begleitet werden. Hier gibt es aber einiges zu beachten! Fütterung, Haltung und Bewegung spielen eine besondere Rolle. Alle wichtigen Informationen und Antworten findest du hier!

Wie lang ist eine Stute trächtig?

Pferde haben eine verhältnismäßig lange Tragezeit. Im Schnitt ist eine Stute 11 Monate trächtig, wobei die genaue Zeit von Rasse, Alter und dem Gesundheitszustand der Stute abhängig ist. Meist variiert die Tragezeit zwischen 320 und 355 Tagen. Die Trächtigkeit verläuft in drei Phasen ab, in denen der Embryo sich zu einem Fohlen entwickelt. 

Die erste Phase der Trächtigkeit 

Da die Eizelle einer Stute ca. 8 Stunden und maximal 12 Stunden lang befruchtungsfähig ist, ist in diesem Zeitraum eine künstliche Befruchtung oder ein Deckakt auf natürliche Art, ein „Natursprung“ für eine Trächtigkeit notwendig. Ist dies erfolgt, wandert die befruchtet Eizelle in 5 bis 6 Tagen durch den Eileiter zur Gebärmutter und haftet sich ab dem 16. Tag an die Gebärmutterschleimhaut an. 

Eine Ultraschalluntersuchung ab dem 15. Tag oder eine rektale Untersuchung ab dem 18. Tag können eine Trächtigkeit bestätigen. Darüber hinaus kann ein Tierarzt nach 18 Tagen das Fruchtsäckchen erkennen, welches jetzt in etwa die Größe eines Hühnereis angenommen hat. Nach etwa sechs Wochen ist das Fruchtsäckchen auf die Größe einer Faust gewachsen und ab dem dritten Monat so groß wie ein Brotlaib. 

Besonders in den ersten 30 Tagen kann es zu einer Abstoßungsreaktion des Embryos kommen. Aus diesem Grund sollte eine zweite Ultraschalluntersuchung zwei bis drei Monate nach der Besamung durchgeführt werden. 

Die mittlere Phase der Trächtigkeit 

Wurden keine Probleme bei den bereits erfolgten Ultraschalluntersuchungen gefunden und behält die Stute ihren guten Gesundheitszustand, so kann der Embryo sich weiterentwickeln. Ab dem vierten Monat ist das sogenannte „Ballstadium“ erreicht und erste Bewegungen der Frucht können beobachtet werden. Der Zeitraum zwischen dem fünften und achten Monat wird als „Senkstadium“ bezeichnet, da die Gebärmutter sich unter die Baucheingeweide absenkt. 

Die letzte Phase der Trächtigkeit

In den letzten Monaten der Trächtigkeit befindet sich das Fohlen im Wachstumsstadium. Nun wächst das Fohlen zu seiner vollen Größe heran und dreht sich um die Längsachse. Der Kopf des Fohlens ruht zwischen den Vorderbeinen, die jetzt in Richtung Geburtskanal zeigen.

Wie bekomme ich meine Stute tragend?

Trächtigkeit beim Pferd erkennen

Die äußerlichen Merkmale einer Trächtigkeit beim Pferd sind in den ersten Monaten nicht zu erkennen. Erst durch das Absenken der Gebärmutter im Senkstadium und durch den wachsenden Bauchumfang in der Wachstumsphase wird eine Trächtigkeit deutlich. Dennoch stehen heutzutage verschiedene Methoden zur Früherkennung einer Trächtigkeit zur Verfügung. 

Eine Ultraschalluntersuchung ist ab dem 15. Tag möglich und wird meist zwischen dem 18. und 21. Tag durchgeführt. Diese Untersuchung sollte nach 60. bis 90. Tagen wiederholt werden. Ergänzend dazu ist eine rektale Untersuchung ab dem 18. Tag möglich. Darüber hinaus kann eine Bestimmung von Progesteron durch eine Blutuntersuchung zwischen dem 18. und 40. Tag erfolgen. Die sicherste Methode zur Trächtigkeitsdiagnose ist die Bestimmung von PSMG zwischen dem 04. und 100. Tag mittels einer Blutuntersuchung. Nicht zuletzt kann ab dem 120. Tag eine Harnuntersuchung gemacht werden, bei welchem Östrogen nachgewiesen werden soll.  

Zwillingsträchtigkeit und Probleme bei der Trächtigkeit

Bei jeder Trächtigkeit der Stute entwickeln sich in der ersten Phase der Trächtigkeit zwei Eier in der Gebärmutter. Bei rund 95% der Trächtigkeiten wird zwischen dem 7. und 11. Tag eines der Embryonen resorbiert. Mithilfe eines Ultraschalls durch den behandelnden Tierarzt kann dies kontrolliert werden. Wird eines der Embryonen nicht resorbiert und beide befruchteten Eier entwickeln sich weiter, muss mit dem Tierarzt eine Entscheidung über den weiteren Verlauf der Trächtigkeit getroffen werden. Neben einem medizinischen Eingriff durch den Tierarzt, um einen Embryo zu eliminieren, kann auch ein Abortus zu einem späteren Zeitpunkt auftreten. 

Grund hierfür ist, dass die Stute nur eine Plazenta während der Trächtigkeit ausbilden kann und diese die gesamte Innenfläche der Gebärmutter ausfüllt. Die Stute hat folglich keinen Platz für zwei Plazenten und die Zwillingsfohlen müssen sich eine teilen. Ist diese nicht der Fall, sind die Zwillingsfohlen bei der Geburt meist kleiner, schwächer, krankheitsanfälliger und haben eine geringere Überlebenschance. Zwillinge werden folglich nur selten bis zur Geburt ausgetragen. 

In jeder der Trächtigkeitsphasen kann es zu Störungen und einem Abbruch der Trächtigkeit kommen. Tritt eine Störung innerhalb der ersten drei Monate auf, so wird von einer Frühresorption gesprochen. Hier löst sich die Frucht auf und wird über den Blutkreislauf abgebaut. Tritt ein Abbruch nach dem dritten Monat ein, wird dies als Abort der Frucht bezeichnet. Dabei wird die noch nicht vollständig ausgereifte und nicht lebensfähige Frucht abgestoßen. 

Von einem Abort wird gesprochen, wenn die Trächtigkeit beendet und der Fötus außerhalb des Uterus nicht lebensfähig ist. Für einen Abort können sowohl infektiöse Ursachen, wie beispielsweise Viren, Bakterien, Pilze, oder Parasiten, als auch nicht infektiöse Ursachen wie Verdrehung der Nabelschnur, Mangelernährung, Veränderungen in der Gebärmutterschleimhaut, Beeinträchtigungen der Plazentafunktion oder Stress der Auslöser sein. 

Einen ergänzenden Beitrag findest du hier „Der Weg zum eigenen Fohlen - Welche Probleme können auftreten?“

Fütterung während der Trächtigkeit

Damit ein gesundes und starkes Fohlen zur Welt kommen kann, sind die Haltung und die Fütterung der Stute während der Trächtigkeit besonders wichtig. Bereits vor dem Deckakt sollte der aktuelle Gesundheitszustand sowie das Gewicht der Stute überprüft werden, um Komplikationen während der Trächtigkeit zu vermeiden. 

Nach der Bestätigung eines guten Gesundheitszustandes und der Trächtigkeit durch den Tierarzt muss keine sofortige Umstellung des Futters erfolgen. Bis zum siebten Monat der Trächtigkeit kann der Stute ihr „normales“ Futter gefüttert werden.

In der letzten Trächtigkeitsphase steigt der Energiebedarf der Stute stark an, da jetzt die Wachstumsphase des Fötus beginnt. Damit das Fohlen bestmöglich heranwachsen kann, muss die Futtermenge angepasst und durch die benötigten Mineralien und Nährstoffe ergänzt werden. In dieser Zeit benötigt die Stute vor allem mehr Eiweiß, Vitamin A, Kalzium, Phosphor, Zink, Selen und Kupfer. Hier empfiehlt sich die Zugabe eines Ergänzungsfutters, das speziell auf die Bedürfnisse der Stute zugeschnitten ist. 

Neben der Anpassung der Futtermenge und der Inhalte des Ergänzungsfutters, das der Gesundheit der Stute und der Versorgung des Fohlens zugutekommt, gibt es auch Futter, auf das verzichtet werden sollte, da dies im schlimmsten Fall zu einem vorzeitigen Abort führen kann. Generell sollte gefrorenes sowie verunreinigtes Futter vermieden und bei Heu und Stroh auf Schimmelbefall geachtet werden. Heulage und Silage sollten während der Trächtigkeit aufgrund der erhöhten Anzahl an Bakterien nicht verfüttert werden. Auch bei der Fütterung von Futter mit einem erhöhten Jodgehalt ist Vorsicht geboten. Eine Überversorgung mit Jod kann zu Kropfbildung und Fehlbildungen der Gliedmaßen führen. 

Du willst mehr Informationen zum Thema Fütterung? Zuchtstuten optimal unterstützen; Füttern je nach Trächtigkeitsphase

Reiten während der Trächtigkeit

Besonders tragende Stuten brauchen neben der richtigen Fütterung und einer regelmäßigen Kontrolle durch den Tierarzt ausreichend Bewegung, um gesund und fit zu bleiben. Eine vollständige Einstellung von Aktivitäten und viel Ruhe im Stall gehören nicht zu den natürlichen Bedürfnissen einer tragenden Stute. Eine abwechslungsreiche und regelmäßige Bewegung unterstützt den Aufbau von Kondition, Muskeln und einem gesunden Stoffwechsel und fördert einen möglichst komplikationslosen Geburtsverlauf und dient als Vorbereitung für die Zeit nach der Geburt. Neben den gesundheitlichen Vorteilen für die Stute sorgt eine ausreichende Bewegung auch für eine gesunde körperliche Entwicklung des Fohlens im Mutterleib.

Der Alltag einer Stute muss nicht vollständig während der Trächtigkeit verändert werden. Bis zum 8. Trächtigkeitsmonat kann eine tragende Stute „normal“ geritten werden. Voraussetzungen für das Reiten während der Trächtigkeit sind, dass es sich dabei nicht um eine Risiko-Trächtigkeit handelt oder bei der Stute keine anderen gesundheitlichen Komplikationen vorliegen. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass die Stute nicht körperlich überfordert wird und stressige Situationen vermieden werden. Dies ist besonders in den ersten 30 Tagen der Trächtigkeit zu beachten, um einen Abbruch der Trächtigkeit zu vermeiden. 

Ein abwechslungsreiches Bewegungsprogramm ist für eine tragende Stute unbedingt notwendig und kann vielfältig und ganz nach den Bedürfnissen der Stute gestalten werden.

Während auf Sprünge und komplexe Dressurübungen eher verzichtet werden sollte, ist ein lockeres Training in allen Grundgangarten oder ein entspannter Geländeritt sehr zu empfehlen. Darüber hinaus kann die Nutzung einer Führmaschine und die Arbeit an der Longe in den Trainingsplan integriert werden und den Muskel- und Konditionsaufbau unterstützen. Für die geistige Abwechslung eignen sich Geschicklichkeitsübungen und Bodenarbeit.  

Der Körperumfang der Stute verändert sich vor allem im letzten Drittel der Trächtigkeit, da das Fohlen seine maximale Größe annimmt. In den letzten vier Wochen vor der Geburt sollte das Reiten sowie das Longieren vollständig eingestellt werden. Ein regelmäßiger Weidegang mit Artgenossen und Spaziergänge an der Hand oder als Handpferd ersetzen das Reiten und ermöglichen trotzdem eine vielseitige Beschäftigung und dienen der optimalen Geburtsvorbereitung. Neben dem Bewegungsprogramm ist ein kontinuierlicher Kontakt mit der Bezugsperson durch ausgiebige Pflegeeinheiten der Stute wichtig. 

Vorbereitung der Abfohlbox

Eine Abfohlbox ist eine spezielle Pferdebox, die in einem Stall räumlich von den anderen Boxen getrennt ist und die während der Trächtigkeit und während der Geburt von der Stute genutzt wird. Besonders wichtig ist, dass die Abfohlbox eine möglichst sichere und ruhige Rückzugsmöglichkeit für die Stute bietet, um eine stressfreie Umgebung zu schaffen und eine möglichst komplikationsfreie Geburt zu ermöglichen. Dieses Prinzip beruht auf den Beobachtungen von tragenden Stuten in der freien Natur, die ihre Herde vor der Geburt verlassen. Die Abfohlbox dient dazu, möglichst natürliche Rahmenbedingungen zu schaffen und während der Geburt den natürlichen Trieb „des Alleinseins“ der Stute zu ermöglichen.

Eine geeignete Abfohlbox sollte etwa 14 bis 20qm² vorweisen und über genügend Bewegungsspielraum verfügen, sodass Helfer oder der Tierarzt problemlos die Stute bei der Geburt unterstützen können. Eine entsprechend große Box beugt auch der Gefahr vor, dass die Stute sich festlegt. Neben der Größe sind weitere Faktoren bei der Vorbereitung zu beachten. Die Box muss über genügend Helligkeit und frische Luft verfügen sowie trocken und einfach zu reinigen sein. Die Beleuchtung der Box und der Stallanlage sollte ausreichend sein, um eine sichere Überwachung in der Nacht zu gewährleisten. Eine ergänzende Maßnahme ist die Ausstattung der Box mit einer Videokamera und einem Geburtsmeldesystem (Gurt, Halfter, Chip). Diese digitalen Überwachungsmöglichkeiten melden dem Empfänger via Smartphone, wenn die Stute Probleme hat bzw. sich auf die Geburt vorbereitet und ermöglichen eine 24/7 Überwachung.

Damit die Stute sich unbehindert und in Ruhe an die neue „Wohnsituation“ gewöhnen kann, sollte der Umzug in die Abfohlbox bereits sechs Wochen vor der dem Abfohltermin erfolgen. Neben einer ruhigen und stressfreien Eingewöhnungsphase kann die Stute in dieser Zeit ausreichend Abwehrstoffe gegen Keime bilden, welche nach der Geburt in der Kolostalmilch direkt an das Neugeborene weitergegeben werden und eine wichtige Grundlage für die Gesundheit des Fohlens darstellen.

Anzeichen für die ausstehende Fohlengeburt

Nach der Unterbringung der Stute in ihrer Abfohlbox ist es besonders wichtig, auf die körperlichen Anzeichen der bevorstehenden Geburt zu achten. Aufgrund der Tatsache, dass die durchschnittliche Tragezeit einer Stute zwischen 320 und 360 Tagen liegt, erschwert dies die genaue zeitlich Eingrenzung des Abfohltermins. 

Erste Veränderungen vor Eintritt der Geburt sind die Bildung von Ödemen am Unterbauch, in der Eutergegend und an den Hintergliedmaßen. Neben einer geschwollenen Scham und einer deutlich breiteren Schamspalte, bilden sich Harztropfen am Euter. Kurz vor der Geburt fließen kleine Schleimmengen ab und bei viele Stuten beginnt mit dem Beginn der Wehen der Milchfluss. 

Neben den körperlichen Veränderungen sind weitere Anzeichen der bevorstehenden Geburt, ein rastloses Auf- und Ablaufen, Unruhe und Nervosität sowie Scharren und ein Herumdrehen des Halses zum Bauch. Folgt dann ein minutenlanges Anheben des Schweifes, starkes Schwitzen, die Ausscheidung von Kot und ein ständiges Aufstehen und Hinlegen, dann haben die Wehen eingesetzt und es dauert nicht mehr lange bis zur Geburt. Jetzt benötigt die Stute viel Ruhe und regelmäßige Kontrollen und genaue Beobachtung. Eine Fohlengeburt dauert durchschnittlich 30 Minuten, einige Stuten benötigen auch bis zu 60 Minuten. 

Autor*in
Jacqueline HenslKlinikenMehr VON CMH.TV

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