Vollblüter: Pferderasse, Geschichte, Charakter, Zucht

Ursprung des Vollblutpferdes

Heutzutage wird hauptsächlich zwischen Vollblutarabern (Ursprung), Englischem Vollblut und dem Anglo-Araber (Kreuzung zwischen Vollblutaraber und Englischem Vollblut) unterschieden. Erkennbar durch die Bezeichnung hinter ihrem Namen: 

• ox für Vollblutaraber
• xx für Englisches Vollblut
•   x für Anglo-Araber

Das Vollblut gibt es bereits seit dem 7. Jahrhundert. Unter dem Begriff des Vollbluts versteht man Pferderassen, deren Ursprung auf arabische Pferde der Beduinen zurückgehen. Ihre Heimat waren die Wüsten. Dadurch gelten sie als robust, ausdauernd und genügsam. Auch der Umgang mit hohen Temperaturen oder Temperaturschwankungen stellen für sie keine Herausforderungen dar. 

Im späten 17. Jahrhundert weckten diese Pferde das Interesse der rennsportbegeisterten Engländer. Hengste wurden aus dem Orient nach England importiert. Gekreuzt wurden sie mit den dort ansässigen Galloway Stuten. Vollblüter werden als edel und rein bezeichnet. Ihre Zuchtlinie lässt sich auf ca. 43 Stuten und drei Hengste zurückführen. Sie sind die Gründerväter des englischen Vollbluts: 

1. Darley Arabian:

Er stammt ursprünglich aus dem Nahen Osten und wurde von Thomas Darley im 18. Jahrhundert nach England gebracht. Seine Nachkommen zeichnen sich durch Schnelligkeit und Ausdauer aus.

2. Byerley Turk:

Er wurde im späten 17. Jahrhundert von Captain Robert Byerley während des Krieges in Ungarn erworben. Seine Nachkommen waren ebenfalls für ihre Rennfähigkeiten bekannt.

3. Godolphin Arabian:

Er wurde im 18. Jahrhundert in Syrien geboren und gelangte später nach England in den Besitz des Earl of Godolphin. Seine Nachkommen zeichneten sich durch ihre Robustheit und Schnelligkeit aus, und der Einfluss des Godolphin Arabian ist in vielen heutigen Vollblutstammbäumen zu finden.

Im Alltag werden die Begriffe Vollblut oft für das Englische Vollblut und Araber für das arabische Vollblut verwendet.

Merkmale eines Vollblutpferdes

Alle Vollblüter weisen rassetypische Merkmale auf: 

• Stockmaß & Gewicht: Sie sind kleiner (ca. 140 bis 160cm) und leichter (ca. 350 bis 600kg) als Warmblutpferde. Dies macht sie besonders schnell und wendig.

• Körperbau (Exterieur): Schmaler Körperbau, zarter Kopf, schlanker Hals, hohe Kruppe, lange Beine. Sie gelten als die edelsten Pferde. Ein auffälliges Merkmal des arabischen Vollbluts ist häufig der sogenannte „Araberknick“ (=Knick im Nasenbein) und der hochgetragene Schweif. (ggf. Foto z. B. Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Vollblutaraber)

• Charakter (Interieur): Vollblüter haben viel Temperament und sind sensibel. Sie gehören nur in erfahrene Hände. Ihre Leidenschaft sind das Tempo und die Bewegung. Darüber hinaus gelten sie als gefühlvoll, intelligent, ehrgeizig und sehr auf ihren Menschen bezogen. 

‍Vollblüter im Reitsport

Sowohl durch ihr Exterieur als auch ihr Interieur eignen sich Vollblüter natürlich in erster Linie besonders für den Rennsport. Vor allem das englische Vollblut überwiegt hier. Aber auch für eine Karriere nach dem Rennsport oder anstatt der Rennbahn, gibt es vielseitige Einsatzmöglichkeiten für die Stärken dieser Rasse: 

• Schnelligkeit und Wendigkeit: Dies sind wohl die auffälligsten Eigenschaften, die ein Vollblüter an den Tag legt. Diese machen die Vierbeiner aber auch interessant für Disziplinen wie Barrel Racing, Polo und Cross Country.

• Durchhaltevermögen und Ausdauer: Längere Distanzen zu bewältigen ist für Vollblüter ein Leichtes. Eine Eigenschaft, warum man sie im Distanzreiten gerne einsetzt.

• Intelligenz und Lernfähigkeit: Neugierig, lernwillig & keine Aufgabe ist ihnen zu komplex. Sie lernen schnell, sich an neue Aufgaben anzupassen. Dies macht sie zum idealen Partner für den Vielseitigkeitssport. Egal ob Viereck, Parcours oder im Gelände. 

• Partnerschaft und Bindung: Vollblüter sind bekannt dafür, eine starke Bindung zu Ihren Reitern aufzubauen. Dies liegt in ihren Genen. ‍

Haltung und Pflege des Vollblut Pferd

Die Pflege und Haltung von Vollblutpferden erfordern etwas mehr als die von Warmblütern. Ein individuell angepasster Ansatz, der ihre – vor allem natürlichen - Bedürfnisse berücksichtigt, trägt dazu bei, dass sie nicht nur gesund, sondern auch glücklich und leistungsfähig bleiben. ‍

1. ‍Bewegung: Vollblutpferde sind von Natur aus energiegeladen. Mehr als für andere Pferderassen ist eine regelmäßige Bewegung daher entscheidend, um ihre körperliche und mentale Gesundheit zu fördern. Täglicher Weidegänge oder Ausritte helfen, überschüssige Energie abzubauen und unterstützen die Muskulatur.
2. ‍Angepasste Ernährung: Berücksichtige die ernährungsspezifischen Bedürfnisse von Vollblutpferden. Hochwertiges, energiereiches Futter, das den Bedarf an Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen deckt, ist essenziell. Eine ausgewogene Ernährung fördert nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern auch die Gesundheit von Haut, Fell und Hufen.
3. ‍Regelmäßige tierärztliche Kontrollen: Auf der einen Seite sind Vollblüter sehr robust, auf der anderen Seite können sie auch sehr empfindlich sein. Vollblutpferde neigen aufgrund ihrer Rassemerkmale zu spezifischen Gesundheitsproblemen. Zu diesen zählen z. B. Magengeschwüre. Regelmäßige tierärztliche Untersuchungen, Impfungen und Zahnkontrollen sind unerlässlich, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
4. ‍Unterkunft und Klimatisierung: Gewährleiste eine komfortable Unterbringung, die ausreichend Platz für Bewegung und soziale Interaktion bietet. Vollblutpferde sind oft empfindlich gegenüber extremen Wetterbedingungen. Ein gut belüfteteter Stall und ausreichender Schutz vor Sonne und Kälte sind notwendig. 
5. ‍Fachgerechte Hufpflege: Die Hufe der Vollblüter verdienen besondere Aufmerksamkeit. Regelmäßige Hufschmiedkontrollen und eine angemessene Hufpflege sind notwendig, um gesunde Hufe zu gewährleisten. Dies ist entscheidend, da Vollblutpferde oft auf harten Untergründen trainiert werden.
6. ‍Mentales Training: Aufgrund ihrer Intelligenz benötigen Vollblutpferde mehr Abwechslung als Warmblüter: Abwechslungsreiche Aktivitäten wie Bodenarbeit, Spiele und Herausforderungen fördern nicht nur ihre geistige Gesundheit, sondern stärken auch die Bindung zwischen Pferd und Reiter.

Vollblüter sind besondere Pferde. So gibt es bei ihrer Haltung ein paar Aspekte, die man beachten sollte. Bei guter Pflege und Haltung können Vollblüter durchaus 30 Jahre alt werden. 

‍Berühmte Vollblüter

Vor allem durch Pferderennen sind Vollblüter immer wieder in aller Munde und begeistern die Pferdewelt. So ist es nicht verwunderlich, das wahre Geschichten berühmter Vollblutfperde– wie z. B. im Fall Seabiscuit (Seabiscuit – Mit dem Willen zum Erfolg) oder auch Phar Lap (Phar Lap – Legende einer Nation) verfilmt werden. Durch diese Erfolge werden die Charakterzüge der Vollblüter deutlich. 

Aber auch die Warmblutzucht greift gerne auf bekannte Vollblüter zurück, um von diesen Eigenschaften zu profitieren. Eines der prominentesten Beispiele und allen bekannt ist sicherlich der unvergessene Hengst Totilas. Seine Abstammung ist auf Dark Roland xx zurückzuführen. Ein bedeutender Vollbluthengst in der Pferdezucht. 

‍Mit Vollblut in die Zukunft - Die Vollblut Zucht

Trotz aller Erfolge, der vielseitigen Einsatzmöglichkeiten, der einzigartigen Charakterzüge ist das Interesse am Vollblut - sowohl im Reitsport als auch in der Warmblutzucht - immer weiter verloren gegangen. Um dies zu ändern hat sich die Initiative „Mit Vollblut in die Zukunft“ gegründet. Mit ihrer Veranstaltung „Vollblut – Qualität erkennen und für Zucht und Reitsport nutzen“ klären sie auf, informieren und machen sich für die Vollblutzucht stark. Nähere Informationen sind auf der Homepage https://vollblut-zukunft.de/ zu finden. Schaut gerne auch in unserer Mediathek vorbei. Hier findet ihr eine tolle Präsentation verschiedener Vollblutpferde und eine Interessante Podiumsdiskussion:

Ein Blick lohnt sich um die faszinierende und edle Rasse mit langer Geschichte zu erleben. Vollblüter sind ein toller Partner für den vielseitigen Reitsport. Wollt ihr das Temperament eines Vollbluts live erleben, ist der klassischste Weg natürlich ein Besuch auf der Rennbahn.