Röntgenbild eines Pferdehufes mit deutlicher Darstellung der inneren Strukturen wie Strahlbein, Hufbein und Hufgelenk. Das Bild dient zur Veranschaulichung der Hufrolle beim Pferd, einer degenerativen Erkrankung im Bereich des Strahlbeins und der Beugesehne, die zu Lahmheit führen kann.

Hufrolle beim Pferd: Ursachen, Symptome, Behandlung und Prognose

Die Hufrollenerkrankung zählt zu den häufigsten Lahmheitsursachen beim Pferd und betrifft besonders Sport- und Freizeitpferde. In diesem Artikel erklären wir verständlich, was die Hufrolle ist, wie man Symptome erkennt, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie die Prognose aussieht. Außerdem erhältst du wertvolle Tipps zur Vorbeugung und zum Management betroffener Pferde.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Hufrolle beim Pferd?

Die Hufrolle (auch als Hufrollensyndrom oder Podotrochlose bekannt) ist eine degenerative Erkrankung im Bereich des Hufgelenks, bei der mehrere Strukturen betroffen sein können – insbesondere der Hufrollenschleimbeutel (Bursa podotrochlearis), das Hufbein, das Strahlbein sowie die tiefe Beugesehne.

Definition:
Die Hufrolle beim Pferd ist ein entzündlicher und/oder degenerativer Prozess innerhalb des Hufrollenkomplexes, der langfristig zur Lahmheit führen kann.

Am häufigsten tritt die Erkrankung an den Vordergliedmaßen auf. Besonders betroffen sind Warmblüter, Westernpferde, Vielseitigkeitspferde und Pferde, die stark beansprucht werden.

Anatomie: Aufbau der Hufrolle

Um die Erkrankung zu verstehen, ist ein Blick auf den anatomischen Aufbau sinnvoll:

Der Hufrollenkörper umfasst:

  • Das Strahlbein (ein kleines Knochenstück zwischen Huf- und Kronbein)
  • Die tiefe Beugesehne
  • Die Hufrollenschleimbeutel (Bursa podotrochlearis)
  • Umgebende Gefäße, Nerven und Bindegewebe

Das Strahlbein wirkt wie eine Art „Umlenkrolle“, über die die tiefe Beugesehne läuft. Bei jeder Bewegung des Hufs gleitet die Sehne über das Strahlbein – das ist eine sensible und belastete Stelle im Pferdekörper.

Anatomisches Schaubild des Hufrollenkörpers beim Pferd mit Beschriftung von Hufbein, Strahlbein, Kronbein, Fesselbein und der tiefen Beugesehne. Das Bild zeigt die zentrale Lage des Hufrollenkörpers und verdeutlicht die funktionellen Zusammenhänge bei der Hufrollenerkrankung (Podotrochlose).

Ursachen: Wie entsteht eine Hufrollenerkrankung?

Die genauen Ursachen sind nicht immer eindeutig. Meist liegt eine Mehrfachbelastung durch verschiedene Risikofaktoren vor. Häufigste Auslöser:

Fehlstellungen

Pferde mit Bockhufen, untergeschobenen Trachten oder langen Zehen sind besonders gefährdet.

Überbelastung

Dauerhafte hohe Beanspruchung – etwa durch Springen, Dressur oder intensives Westerntraining – begünstigt Verschleißerscheinungen am Strahlbein.

Genetische Disposition

Einige Pferderassen (z. B. Quarter Horses, Hannoveraner) zeigen eine vermehrte Anfälligkeit.

ℹ️ Wer ist besonders anfällig?
Warmblüter und Westernpferde stehen häufiger unter Verdacht, da sie oft in Disziplinen eingesetzt werden, die mit intensiver Belastung der Vorderbeine einhergehen.
Pferde mit Fehlstellungen, etwa Bockhufen oder zu steil abfallenden Trachten, entwickeln häufiger Probleme im Bereich der Hufrolle.
Auch Sportpferde mit hoher Belastung – insbesondere auf hartem Boden oder bei häufiger Wendung auf engem Raum – haben ein erhöhtes Risiko für degenerative Veränderungen der Hufrolle.

Haltungs- und Bewegungsmängel

  • Zu wenig Weidegang
  • Zu lange Boxenruhe
  • Schlechte Böden (z. B. zu hart, uneben)

Unpassender Beschlag oder Barhufbearbeitung

Ein nicht korrekt angepasster Hufbeschlag kann die Biomechanik stören.

➡️ Videotipp: Ohne Huf kein Pferd – Barhuf vs. Beschlag
Barhuf oder Beschlag – was passt zu deinem Pferd? Dr. Charlotte von Zadow erklärt die Vor- und Nachteile beider Varianten und worauf du bei der Entscheidung unbedingt achten solltest.

Symptome: Wie äußert sich eine Hufrolle?

Die Symptome entwickeln sich häufig schleichend und sind nicht immer sofort eindeutig zuzuordnen.

Typische Anzeichen:

  • Lahmheit (zunächst nur bei Belastung, später dauerhaft)
  • Stolpern
  • Taktunreinheit, besonders in Wendungen oder auf hartem Boden
  • Pferd läuft auf Zehenspitzen, um Trachten zu entlasten
  • Verspannungen im Rücken durch Schonhaltung
  • Schmerzreaktion beim Hufzangengriff

Die Lahmheit betrifft meistens eine Vordergliedmaße, kann aber auch beidseitig auftreten – was zu einem unspezifischen Gangbild führt.

❗ Was tun bei Verdacht?
Wenn dein Pferd stolpert, taktunrein läuft oder lahmt, solltest du nicht zögern, tierärztlichen Rat einzuholen. Je früher eine Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Chancen, eine Verschlimmerung zu verhindern und dein Pferd gezielt zu entlasten.

Diagnose: Wie wird die Hufrolle festgestellt?

Die Diagnose einer Hufrollenerkrankung (Navicularsyndrom) erfordert eine systematische Untersuchung, da die Symptome häufig unspezifisch sind und Lahmheiten auch andere Ursachen haben können. Folgende Verfahren kommen typischerweise zum Einsatz:

Ein erfahrener Tierarzt oder Pferdeklinik muss die Diagnose stellen – idealerweise mit bildgebenden Verfahren.

Gangbildanalyse und Beugeproben

Zu Beginn beurteilt der Tierarzt das Gangbild des Pferdes auf hartem und weichem Boden. Typisch ist ein verkürzter, vorsichtiger Schritt mit betroffenen Vordergliedmaßen. Anschließend werden Beugeproben durchgeführt, um gezielt Druck auf bestimmte Gelenke und Strukturen auszuüben. Bei einer positiven Reaktion (Verstärkung der Lahmheit) kann dies auf ein Problem im Bereich der Hufrolle hindeuten.

Leitungsanästhesie

Die diagnostische Leitungsanästhesie ist ein zentrales Mittel, um den Ursprungsort der Schmerzen einzugrenzen. Dabei wird z. B. der Nervus palmaris digitalis in Höhe der Ballen betäubt. Tritt nach der Injektion eine deutliche Besserung der Lahmheit auf, liegt die Schmerzquelle im tiefen Bereich des Hufes, wo auch die Strukturen der Hufrolle liegen.

Röntgenuntersuchung

Das Röntgen liefert Hinweise auf knöcherne Veränderungen im Bereich der Hufrolle. Eine Degeneration des Strahlbeins, vermehrte Verkalkungen, Zystenbildung oder unregelmäßige Konturen können sichtbar sein. Allerdings lassen sich weichgewebige Strukturen wie Sehnen oder Schleimbeutel mit dem Röntgen nur eingeschränkt beurteilen.

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Wie funktioniert Röntgen beim Pferd – und was kann es wirklich leisten? Carsten Rohde erklärt anschaulich, wann Röntgenbilder unverzichtbar sind und welche Grenzen die Technik hat.

Szintigrafie

Bei unklaren oder schwer lokalisierbaren Lahmheiten kann eine Szintigrafie (Szintigraphie) eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem stoffwechselaktive Areale sichtbar gemacht werden – z. B. Entzündungsherde im Bereich des Strahlbeins. Die Methode ist besonders hilfreich bei Fällen, die mit Standardverfahren nicht eindeutig diagnostiziert werden können.

➡️ Videotipp: Was ist eine Szintigraphie?
Wenn klassische Diagnostik an ihre Grenzen stößt: Erfahre, wie die Szintigraphie versteckte Schmerzquellen sichtbar macht – und wann sie dem Röntgen deutlich überlegen ist.

Magnetresonanztomographie (MRT)

Die MRT gilt heute als Goldstandard, wenn es um die detaillierte Darstellung der Strukturen im Hufrollengebiet geht. Damit lassen sich Sehnen, Schleimbeutel, Knorpel, Bänder und die Hufrolle selbst in hoher Auflösung sichtbar machen. Besonders bei frühen oder nicht eindeutig klassifizierbaren Veränderungen ist die MRT die präziseste Methode, um ein genaues Bild der Schädigung zu erhalten.

➡️ Videotipp: MRT – Verletzungen bis in die tiefsten Ebenen finden
Unsichtbares sichtbar machen: Wie die MRT Verletzungen beim Pferd aufspürt, wo andere Verfahren versagen – Dr. Ina Lorenz erklärt, wann sich der Blick ins Innere wirklich lohnt.

💡 Tipp:
Eine frühzeitige Diagnose verbessert die Heilungschancen erheblich!

Therapiemöglichkeiten: Was hilft gegen Hufrolle beim Pferd?

Die Behandlung hängt vom Schweregrad ab. Meist ist eine Kombination verschiedener Maßnahmen nötig.

Konservative Therapie

  • Boxenruhe oder kontrollierte Bewegung
  • Entzündungshemmende Medikamente (z. B. Phenylbutazon)
  • Physiotherapie und Massage
  • angepasstes Training

Orthopädischer Hufbeschlag

Ein gut angepasster Beschlag ist oft entscheidend!

  • Ziel: Entlastung des Strahlbeins und Verbesserung der Trachtenfußung
  • Spezielle Eisen, z. B.:
    • Egg Bar Shoes
    • Rollen- oder Keilbeschlag

Medikamentöse Injektionen

  • Kortison zur Entzündungshemmung
  • Hyaluronsäure zur Verbesserung der Gleitfähigkeit
  • Bisphosphonate (z. B. Tildren) zur Hemmung des Knochenabbaus

Chirurgische Eingriffe

Wenn konservative Therapien nicht helfen, gibt es zwei Optionen:

  • Neurektomie (Durchtrennung der Schmerz leitenden Nerven)
    • Risiko: Verletzungsgefahr durch fehlenden Schmerzreiz
  • Strahlbeinbohrung (Druckentlastung durch Bohrung)

Prognose: Wie sind die Heilungschancen bei Hufrolle?

Die Prognose hängt stark vom Zeitpunkt der Diagnose, der Behandlung und dem individuellen Krankheitsverlauf ab.

  • Leichte Fälle: Gute Chancen auf beschwerdefreies Reiten bei angepasstem Training
  • Schwere Fälle: Chronisch mit eingeschränkter Belastbarkeit
  • Nach Neurektomie: Teilweise beschwerdefrei, aber nicht heilend
❗ Wichtig: Eine vollständige Heilung im Sinne von „wie neu“ ist selten – Ziel ist eine dauerhafte Schmerzfreiheit und Lebensqualität.

Vorbeugung: So schützt du dein Pferd vor dem Hufrollensyndrom

1. Regelmäßige Hufbearbeitung

  • Alle 6–8 Wochen, angepasst an Stellung und Nutzung

2. Schonende Belastung

  • Warmreiten, abwechslungsreiche Böden, keine Überforderung

3. Artgerechte Haltung

  • Weidegang, Sozialkontakt, Bewegung

4. Optimales Training

  • Gymnastizierung, keine einseitige Belastung

5. Früherkennung

  • Regelmäßige Ganganalysen und Kontrolle durch Tierarzt

Fazit: Was du über die Hufrolle beim Pferd wissen solltest

Die Hufrolle ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die frühzeitig erkannt und behandelt werden muss, um das Pferd möglichst lange einsatzbereit und schmerzfrei zu halten. Gute Pflege, regelmäßige Hufbearbeitung und ein achtsames Training sind die besten Schutzmaßnahmen.

Hufrolle beim Pferd: Die wichtigsten Fragen & Antworten (FAQ)

Was ist die Hufrolle beim Pferd?

Die Hufrolle ist eine Struktur im hinteren Bereich des Hufes, die aus dem Strahlbein, dem Schleimbeutel und der tiefen Beugesehne besteht. Eine Erkrankung in diesem Bereich wird als Hufrollensyndrom bezeichnet.

Wie erkennt man eine Hufrollenerkrankung?

Typisch sind Lahmheit, besonders auf hartem Boden, Zehenspitzengang und Stolpern. Die Lahmheit kann schleichend beginnen.

Kann ein Pferd mit Hufrolle geritten werden?

Je nach Ausprägung ist Reiten mit Hufrolle möglich – jedoch nur bei ausreichender Schmerzfreiheit und unter tierärztlicher Betreuung.

Ist Hufrolle heilbar?

Eine vollständige Heilung ist selten. Ziel ist es, die Lebensqualität und Bewegungsfreude des Pferdes zu erhalten.

Wie wird Hufrolle behandelt?

Die Behandlung reicht von Entzündungshemmern über orthopädischen Beschlag bis zu chirurgischen Eingriffen.

Autor*in
Sina SchulzeMehr VON CMH.TV

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