Kehlkopfpfeifen beim Pferd: Wenn der Ton die Gesundheit angibt
Wenn das Pferd beim Atmen unnatürliche Geräusche von sich gibt, kann es unter Kehlkopfpfeifen leiden. Die Verengung der Atemwege führt zu Atembeschwerden beim Pferd und kann nur mittel Operation behoben werden.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Kehlkopfpfeifen beim Pferd?
Unter Kehlkopfpfeifen beim Pferd versteht man eine Erkrankung des Kehlkopfes, die in den meisten Fällen durch eine teilweise Lähmung der Kehlkopfmuskulatur bzw. des versorgenden Kehlkopfnervs zustande kommt. Ein typisches Anzeichen für eine Kehlkopflähmung ist ein pfeifendes Geräusch beim Einatmen, das sich vor allem unter Belastung bemerkbar macht.
In 90 % der Fälle ist die linke Seite des Kehlkopfes von einer Lähmung oder Funktionsstörung betroffen. Dabei kann der rückläufige Kehlkopfnerv den Stellknorpel nicht mehr anheben und damit das dahinter liegende Stimmband nicht mehr aufspannen. Das führt zu einer Verjüngung des Respirationstraktes. Da Pferde nur durch die Nase atmen können, benötigen sie einen vollfunktionstüchtigen Kehlkopf, der die Eingangstür zur Luftröhre darstellt. Der Kehlkopf ist sozusagen der Umschalter, der bei der Atmung die Luftröhre freigibt und beim Schlucken schließt. Somit verhindert er, dass das Pferd Futter einatmet und Luft herunterschluckt.
Bei eingeschränkter Funktion des Kehlkopfes öffnet er sich nicht mehr ausreichend, um 100 % der eingeatmeten Luft in die Lungen weiterzuleiten. Das Pferd bekommt Atembeschwerden oder sogar Atemnot, in der Folge des Sauerstoffmangels kommt es zu einem Leistungsabfall.
Und warum heißt diese Atemwegserkrankung nun Kehlkopfpfeifen? Der Gaumen des Pferdes ist zwar sehr lang, im Verhältnis zu seiner Körpergröße jedoch äußerst schmal. Das heißt, der Luftstrom hat einen gewissen Widerstand zu überwinden. Öffnet sich der Kehlkopf nicht völlig, verjüngt sich der Trakt noch weiter, der Druck wird weiter erhöht und das Stimmband beginnt zu flattern. Man kann es sich wie einen Luftzug in einem schmalen Gang vorstellen: Je enger der Gang und je stärker der Wind, desto lauter pfeift der Wind. Übertragen auf das Pferd bedeutet es, dass je mehr Luft durch den verjüngten Atemtrakt gepresst wird, desto intensiver wird das Pfeifen – das ist dann vor allem im Trab oder Galopp zu hören, wenn Atemfrequenz und Sauerstoffbedarf am höchsten sind.
Weitere Namen für Kehlkopfpfeifen sind Stimmbandlähmung oder Kehlkopflähmung, was die Ursache sehr gut beschreibt. Bezeichnungen wie Ton beim Pferd oder die englische Form Roarer beschreiben hingegen die typischen Symptome der Erkrankung.
Betroffen sind oftmals großgewachsene Pferderassen wie Warmblüter, Vollblüter oder manche Kaltblutrassen. Bei den Vollblütern sind zwischen 3 bis 8 % von Kehlkopfpfeifen betroffen.
Was Kehlkopfpfeifen ist und wie ein Tag im Op zur Behandlung von Kehlkopfpfeifen abläuft, erfährst du in folgendem Video in der ClipMyHorse.TV Academy:
Symptome bei einer Kehlkopflähmung
Das unnatürliche Geräusch unter Belastung ist wohl das markanteste Symptom von Kehlkopfpfeifen. Je nach Art der Kehlkopferkrankung kann es sich bei dem Ton um ein Pfeifen, Grunzen, Brummen oder Röhren („Roarer) handeln. Die häufigste Erkrankung ist jedoch die Kehlkopflähmung, die eher mit einem Pfeifen einhergeht, woher die Störung auch ihren Namen hat. Es hat sich zudem gezeigt, dass die Kopf-Hals-Haltung des Pferdes Einfluss auf die Intensität des Atemgeräuschs hat: ein gebeugter Hals, ein eng am Zügel gehendes oder ausgebundenes Pferd macht die Symptome deutlicher.
Weitere Symptome von Kehlkopfpfeifen sind:
- Kurzatmigkeit
- Bewegungsunlust bis Panik, weil das Pferd unter Belastung keine Luft bekommt
- Leistungsschwäche und Leistungsabfall durch den Sauerstoffmangel
- Taktlosigkeit im Galopp: Das Pferd atmet bei jedem Galoppsprung ein. Kommt es zu einer Atemstörung, geht demnach auch der Takt verloren.
- Leises, heiser klingendes Wiehern
- Atemnot und Erstickung, wenn der Stellknorpel angesaugt wird und die Luftröhre komplett verschließt
Kehlkopfpfeifen kann bei jedem betroffenen Pferd unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Daher unterteilt man es in fünf Grade von milden Symptomen bis starken Atembeschwerden. Bei den Graden 1 und 2 hat die Kehlkopflähmung keine Auswirkungen auf das Pferd. Bei Grad 3 und 4 hat sich das Stimmband bereits sichtlich und dauerhaft verändert. Beim höchsten Grad liegt eine komplette Lähmung des Stimmbandes vor und eine Operation ist unumgänglich.
Sollte der Ton beim Pferd erst bei starker Belastung auftreten, kann das Pferd weiterhin als leicht arbeitendes Freizeitpferd genutzt werden. Eine tierärztliche Untersuchung und Betreuung in regelmäßigen Abständen ist dennoch mehr als ratsam, da sich die Symptome mit der Zeit verschlechtern können.
Ursachen für Kehlkopfpfeifen
Um die genauen Ursachen von Kehlkopfpfeifen winden sich mehrere Theorien und Thesen, doch bislang konnte keine davon eindeutig wissenschaftlich belegt werden. Das Urteil lautet meistens dann unspezifischer Ursprung oder idiopathisch.
Warum der Kehlkopfnerv und vorzugsweise der linke Grund für die halbseitige Lähmung des Kehlkopfes verantwortlich ist, lässt sich eventuell mit seiner Länge und Nähe zur pulsierenden Aorta begründen. Eine weitere Vermutung ist eine Überdehnung bereits im Mutterleib oder eine genetische Disposition.
Eine weitere Theorie könnte eine peripher venöse Injektion sein, wenn das Medikament in die Vene gespritzt wird und damit den Kehlkopfnerv reizt. Das vermuten Experten als Ursache vor allem dann, wenn der rechte Kehlkopfnerv und damit die rechte Seite des Kehlkopfes gelähmt ist.
Selbst wenn man die genaue Ursache für Kehlkopfpfeifen nicht klar definieren kann, gibt es einige Faktoren, die ein Kehlkopfpfeifen begünstigen können, die da wären:
- Verletzungen des Kehlkopfes
- Luftsackmykose
- Komplikationen bei der Vollnarkose, z.B. durch Überstreckung des Halses, wenn das Pferd ungünstig liegt
- Tumore
- Abszesse
- Vergiftung
- Seltener: Druse oder Pilzinfektionen
- Enge Reitweise (Rollkur)
- Zu enger Kehlriemen
Pferde sind darauf ausgelegt, schnell zu fliehen und benötigen deshalb viel Sauerstoff bei Training oder Arbeit. Eine klare Luftzufuhr ist entscheidend für eine effektive Atmung und eine ausgezeichnete Versorgung der Muskeln mit Sauerstoff. Dies unterstützt ein gesundes Immunsystem, eine hohe Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden des Pferdes. Verschmutzungen wie Staub, Dreck oder Allergene können jedoch die Atemwege verstopfen oder reizen und so das Atmen erschweren. Wie du die Lunge deines Pferdes schützen und fördern kannst erfährst du in diesem Video in der ClipMyHorse.TV Academy:
Der Ton beim Pferd: Folgen von Kehlkopfpfeifen
Die Folgen des Kehlkopfpfeifens liegen auf der Hand: Dem Pferd geht bei der Arbeit schnell die Puste aus, seine Leistungsfähigkeit wird massiv herabgesetzt. Im schlimmsten Fall kann das Pferd jedoch auch ersticken, wenn der Kehlkopf komplett kollabiert. Aber auch das Verschlucken kann eine Gefahr bei Kehlkopfpfeifen darstellen, wenn sich der Kehlkopf beim Abschlucken nicht mehr vollständig schließt. Das ist insbesondere nach einer Kehlkopf-OP der Fall (siehe Behandlung von Kehlkopfpfeifen).
Bis 2002 galt Kehlkopfpfeifen noch als Gewährmangel und erlaubte die Rückgabe des Pferdes zum Züchter. Heute bestehen allerdings gute Chancen für Kehlkopfpfeifer dank verschiedener operativer Eingriffe.
Diagnose von Kehlkopfpfeifen
Auch wenn das Pfeifen bei der Einatmung eindeutig auf Kehlkopfpfeifen schließt, sollte die Diagnose immer durch einen Tierarzt erfolgen. Dieser beginnt mit der klinischen Untersuchung durch Abhören. Gegebenenfalls kann der Tierarzt, je nach Ausprägung der Erkrankung, bereits durch äußerliches Abtasten den Muskelschwund erfühlen. Eine Endoskopie des Kehlkopfes bestätigt schließlich die Diagnose.
Diese kann zuerst einmal in der Ruhe erfolgen. Hierbei wird ein flexibler, dünner Schlauch mit Kamera durch die Nase bis zum Kehlkopf eingeführt. Um die Ausprägung des Tons beim Pferd unter Belastung herauszufinden, kann auch eine dynamische Endoskopie auf dem Laufband oder geritten durchgeführt werden.
Wie behandelt man eine Kehlkopflähmung beim Pferd?
Um eine Besserung der Atemqualität herzustellen, führt bei Kehlkopfpfeifen kaum ein Weg um eine Operation herum. Je nach Ausprägung der Erkrankung wird entsprechend die Art der Roarer-Operation gewählt. Es gibt die Möglichkeit der Laryngoplastik, der Ventriculocordektomie und der Nerv-Transplantation. Alle Operationswege werden unter Vollnarkose durchgeführt, können je nach Temperament des Pferdes zum Teil auch sediert im Stehen angegangen werden.
Bei der Laryngoplastik, auch Tie-Back genannt, werden dem Pferd am Kehlkopf ein bis zwei nicht-resorbierbare, zugfeste Fäden implantiert, die die funktionsgestörte Kehlkopfhälfte aufspannen. Die Kunst hierbei ist, das Stimmband nicht zu weit aufzuspannen, damit beim Schlucken die rechte Kehlkopfhälfte an die linke, geöffnete herankommt und somit der Kehlkopf noch schließen kann. Generell ist eine Laryngoplastik sehr effektiv, da sie den Luftstrom wieder herstellt. Dennoch besteht die Gefahr, dass die linke Seite zu stark aufgespannt wird und durch einen dauerhaft geöffneten Stellknorpel es zu Schluckstörungen, zum Verschlucken und Husten kommen kann.
Bezüglich der Wiederherstellung des Luftstroms weniger effektiv, aber dafür weniger riskant ist die Ventriculocordektomie. Diese kann am sedierten Pferd ohne Vollnarkoserisiko durchgeführt werden. Mithilfe von Lasern werden die Stimmbänder vernarbt, was zu einer Straffung des Gewebes führt. Je nach Ausprägung kann der Tierarzt aber auch die Entfernung von Stimmtasche und Stimmfalte des Kehlkopfes entscheiden. Dies geschieht dann wiederum unter Vollnarkose.
Eine zukunftsorientierte Behandlungsmethode von Kehlkopfpfeifen ist die Nerv-Transplantation. Unter Vollnarkose wird ein gesunder Nerv aus umliegenden Geweben entnommen und an den geschädigten Kehlkopfnerv angeschlossen oder ersetzt diesen. Ziel ist es, auf diese Weise die natürliche Stabilität des Kehlkopfgewebes wiederherzustellen. Positiv ist bei der Nerv-Transplantation außerdem zu erwähnen, dass es nur wenige post-operative Komplikationen gibt. Sie bietet sich vor allem für Pferde an, die sich im frühen Stadium des Kehlkopfpfeifens befinden, bevor der Kehlkopf komplett kollabiert.
Die Kosten für eine Kehlkopfpfeifer-OP variieren von Klinik zu Klinik, da hier selbstverständlich noch mit der Versorgung, Unterbringung und Dauer des Aufenthalts kalkuliert werden muss. Dennoch muss mit mehreren Tausend Euro für eine Kehlkopfpfeifer-OP gerechnet werden.
Nach einer Kehlkopfpfeifen-Operation sollte man zwei bis drei Monate einplanen, bis die Operationswunde und der Kehlkopf verheilt sind. Nach drei Wochen kann langsam wieder mit Schritt begonnen werden, die Galopparbeit jedoch erst nach mindestens acht Wochen oder länger.
Häufig gestellte Fragen zu Kehlkopfpfeifen beim Pferd
Kann man Kehlkopfpfeifen vorbeugen?
Nein, Kehlkopfpfeifen kann man nicht vorbeugen, da sich die Wissenschaftler bei den genauen Ursachen uneinig sind. Daher gibt es keine vermeidbaren Anhaltspunkte, um Kehlkopfpfeifen vorzubeugen. Man vermutet allerdings, dass die Genetik beim Ton mit im Spiel sein könnte. Auch kann jeder Reiter auf eine angemessene Reitweise und eine natürliche Anlehnung achten, um eine physische Schädigung des Kehlkopfes durch Quetschen oder eine Verlagerung des Gaumens zu verhindern.
Gut zu wissen: Leistungsdiagnostik ermöglicht es, den Fitnesszustand eines Pferdes, egal ob Freizeitpartner oder Sportler, zu beurteilen und zu optimieren. Durch diese Diagnostik lassen sich vorhandene Leistungsdefizite erkennen und ein angepasster Trainingsplan entwickeln, um die Leistungsfähigkeit des Pferdes zu verbessern. Dies ist besonders bei Pferden mit Erkrankungen wie Asthma, Headshaking, Arthrose, Kehlkopfpfeifen oder Herzproblemen wichtig, da ein Belastungstest hilft zu bestimmen, ab wann Bewegung problematisch wird. Wie du dein Training dank Leistungsdiagnostik optimieren kannst, erfährst du in der ClipMyHorse.TV Academy in folgendem Video:
Wie klingt Kehlkopfpfeifen beim Pferd?
Eine Kehlkopflähmung ruft unnatürliche Atemgeräusche hervor, die pfeifend, schnarchend, brummend, grunzend, röhrend oder röchelnd klingen können. Dabei sagt die Art des Geräusches etwas darüber aus, wo der Ursprung des Tons beim Pferd herkommt. Denn Kehlkopfpfeifen ist der allgemein bekannte Begriff, jedoch handelt es sich nicht immer um eine Lähmung des rückläufigen Kehlkopfnervs:
Ein tiefes, kurzes Röcheln ist eher der Kehlkopflähmung zuzuschreiben, während das hohe, schrille Pfeifen beim Einatmen durch eine Verstopfung des Rachens hervorgerufen wird. Ein tiefes Brummen kann von einer Verletzung der Nase herrühren und grunzt das Pferd in der Atmung, kann der Gaumen verletzt worden sein.
Was kostet eine Ton-OP beim Pferd?
Für eine Kehlkopfpfeifer-OP kann nicht pauschal eine Geldspanne genannt werden, da sich die Kosten von Kliniken und Bundesländern unterscheiden. Ebenfalls spielt auch die gewählte Operationstechnik eine Rolle in der Preisgestaltung. Man muss allerdings bei einer Ton-OP beim Pferd mit mehreren tausend Euro rechnen.
Ist Kehlkopfpfeifen beim Pferd schlimm?
Ein Kehlkopfpfeifen beim Pferd sollte jederzeit vom Tierarzt behandelt werden. Auch glimpfliche Symptome können sich mit der Zeit verschlechtern und dem Pferd im wahrsten Sinne des Wortes die Luft rauben. Pferde sind Fluchttiere, deren Atemwege so ausgelegt sind, dass sie nur unter voller Funktionstüchtigkeit problemlos atmen können. Pferde atmen ausschließlich durch die Nase ein und aus. Sind die oberen Respirationstrakte geschädigt oder eingeschränkt, kann das Pferd nicht den Mund öffnen, um an seinen nötigen Sauerstoff zu kommen. Im schlimmsten (unbehandelten) Fall endet eine Kehlkopflähmung mit dem Ersticken des Pferdes.
Kann Kehlkopfpfeifen schlimmer werden?
Tatsächlich können sich die Symptome von Kehlkopfpfeifen beim Pferd mit der Zeit verschlimmern. Es handelt sich nämlich bei einer Kehlkopflähmung um eine progressive Erkrankung, bei der bereits junge Pferde erste Symptome zeigen können. Hat ein Pferd eine Kehlkopfstörung der unteren Grade kann sich das mit der Zeit auch verschlechtern. Weiterhin kann ein funktionsgestörter Kehlkopf weitere Atemwegserkrankungen wie Husten oder Schluckstörungen nach sich ziehen. Daher sollte bereits bei dem leisesten Verdacht auf Ton beim Pferd der Tierarzt geholt und eine Diagnostik mit Endoskopie des Kehlkopfes durchgeführt werden.