Rasseportrait Trakehner: Vom Soldatenpferd zum vielseitigen Sportler

Rasseportrait Trakehner: Vom Soldatenpferd zum vielseitigen Sportler

Trakehner haben sich in ihrer über 290 Jahre alten Zuchtgeschichte vom zuverlässigen Soldatenpferd zum vielseitigen Sport- und Freizeitpferd gemausert. Dabei mischen Trakehner heute in der modernen Pferdezucht als Veredler ganz vorne mit.

Inhaltsverzeichnis

Trakehner sind die älteste Reitpferderasse Deutschlands und blicken auf eine über 290 Jahre alte Zuchtgeschichte zurück. Diese lässt sich lückenlos bis auf die Gründung des Hauptgestüts in Trakehnen, Ostpreußen, zurückverfolgen. Heute haben sich die ehemaligen Soldatenpferde in der Pferdesportszene vor allem in den Disziplinen Vielseitigkeit, Springreiten und Dressur etabliert. Trakehner gelten als sehr rittige, leistungsbereite und vielseitig veranlagte Reit- und Sportpferde.

Interieur: Charakter der Trakehner

Nicht zuletzt ihres hohen Vollblutanteils wegen sind Trakehner temperamentvolle und energiegeladene Pferde. Sie sind sensibel, charakter- und willensstark und daher weniger gut für Reitanfänger und Kinder geeignet. Es sind eher erfahrene Reiter, die diese leistungsbereiten, belastbaren und nervenstarken Tiere fordern und fördern können. Es sind Eigenschaften, die sich heute im Pferdesport als sehr nützlich erweisen. Früher jedoch waren diese Eigenschaften für den Einsatz im Militär und als Kutschpferde von Bedeutung.

Trotz ihrer Charakterstärke und ihres Temperaments gehört es zum Zuchtziel der Trakehner, Pferde mit einem umgänglichen Charakter zu züchten. Sie sollen dem Menschen zugewandt und freundlich sein. Pferde, die ängstlich, nervös oder schwierig im Umgang sind, sind laut Zuchtziel nicht erwünscht.

Exterieur: Körperbau und Aussehen des Trakehners

Trakehner sind mittelgroße Pferde mit einem Stockmaß zwischen 160 und 170 cm. Trotz ihres großlinigen, rechteckigen Rahmens verfügen sie dennoch über einen leichten Körperbau, der ihnen ein edles, harmonisches und elegantes Auftreten verleiht. Ihr muskulöser Körper versetzt sie in die Lage, entsprechende Leistungen im Springparcours, auf der Distanz oder im Gelände zu bringen.

Der Kopf ist schlank und trocken und dennoch ausdrucksvoll. Anhand der großen, aufmerksamen Augen kann man den Vollblut- und Arabereinschlag eines Trakehners erkennen. Der Hals ist harmonisch gewölbt und endet in einem ausgeprägten Widerrist. Die Schulter ist schräg angesetzt und erlaubt damit eine frei nach vorn schwingende Vorhand. Das Fundament ist trocken und korrekt.

Hengste und Stuten müssen über einen geschlechtstypischen Ausdruck verfügen.

Trakehner können in allen Fellfarben auftreten, wobei häufig Braune, Füchse und Rappen gezogen werden. Schecken und Stichelhaare sind bei Trakehnern eher selten. Schecken werden jedoch auch gezielt gezüchtet und gelten als Besonderheit, da sich nur wenige Züchter auf diese Fellzeichnung fokussieren.

Die 6 bedeutsamsten Trakehner Gestüte in Deutschland

Bewegungsablauf

Der Körperbau eines Trakehners bildet die Grundlage für den gewünschten Bewegungsablauf, der im Zuchtprogramm des Trakehner Verbandes folgendermaßen festgehalten ist:

  • Raumgreifende Gänge 
  • Fleißige, taktmäßige Grundgangarten
  • Elastische, schwungvolle und leichtfüßige Bewegungen
  • Trab mit langer Schwebephase
  • Galopp mit energisch nach vorn tretender Hinterhand
  • Locker schwingender Rücken
  • Frei in der Schulter mit gerade nach vorn schwingender Vorhand
  • Knieaktion ist erwünscht

Dank ihrer Bewegungsabläufe machen Trakehner sowohl im Dressurviereck als auch im Springparcours und im Gelände eine gute Figur. Vor allem beim Springen möchte man Pferde haben, die beim Sprung überlegt vorgehen und dabei Eleganz und Intelligenz erkennen lassen. Der Gesamtablauf eines Sprungs soll von Fluss und Rhythmus gekennzeichnet sein.

Eignung: Wofür sind Trakehner geeignet?

Trakehner sind sehr vielseitig einsetzbare Sport- und Freizeitpferde, die vor allem in der Dressur, Vielseitigkeit und im Springreiten glänzen. Nirgendwo sonst sind prozentual so viele Trakehnerpferde vertreten wie im Vielseitigkeitssport. In den letzten Jahren haben aber auch viele Trakehner-Züchter ihre Aufmerksamkeit auf Dressurveranlagungen gerichtet.

Die Trakehnerzucht begann mit der Züchtung von Kutschpferden, weshalb sich Trakehner auch heute noch für den Fahrsport eignen. Die wenigsten Ställe konzentrieren sich jedoch auf die Zucht von Fahrpferden oder den reinen Springsport.

Im Westernsport sind Trakehner nur selten anzutreffen.

Die lange Zuchtgeschichte der Trakehner

Die Trakehnerzucht geht bis ins 13. Jahrhundert zurück, zu Zeiten des Deutschritterordens. Der Grundstein für die systematische Zucht wurde schließlich im 18. Jahrhundert in Ostpreußen, in der namensgebenden Stadt Trakehnen gelegt. Der Preußische König Friedrich Wilhelm kaufte das Hauptgestüt 1732 und begann zunächst mit der Züchtung von ausdauernden Kutschpferden.

Das Zuchtziel veränderte sich, als man Soldatenpferde für das Militär benötigte. Somit wurden für mehr Schnelligkeit und Anmut Araber und Englische Vollblüter eingekreuzt. Mit den ersten Leistungstests und einer genauen Dokumentation der Stammbäume verfolgte man eine noch bessere Selektierung der Zuchtpferde.

Bereits 1787 wurde zur Kennzeichnung der Zugehörigkeit das uns heute bekannte Brandzeichen eingeführt: eine Elchschaufel, da das Wappentier Ostpreußens ein Elch gewesen war. Dabei unterschied man zwischen zwei Arten von Pferden: Die, die auf dem Hauptgestüt Trakehnen geboren wurden und solchen, die anderswo zur Welt kamen. Direkt in Trakehnen gezogene Fohlen erhielten eine einzelne Schaufel und dürfen Trakehner genannt werden. Alle anderen Pferde, die nicht in Trakehnen geboren wurden, jedoch von Trakehnern abstammen, erhielten eine doppelte Elchschaufel. Das dürfte auch erklären, warum wir heute nur Trakehnerpferde mit doppelter Elchschaufel kennen, weil keines dieser Pferde direkt in Trakehnen geboren wurde. Pferde mit doppeltem Brandzeichen dürfen im Grunde auch nicht Trakehner genannt werden, sondern heißen eigentlich Ostpreußisches Warmblut Trakehner Abstammung, kurz Ostpreuße.

Doch mit dem Ende des zweiten Weltkriegs 1944 mussten viele Menschen inklusive der Pferde aus Ostpreußen fliehen. Damit war das Ende des Hauptgestüts Trakehnen besiegelt. Die wenigen, übriggebliebenen Pferde konnten in die späteren Besatzungszonen und in die Hauptgestüte Neustadt/Dosse und Graditz evakuiert werden. Mit dem Ende des Hauptgestüts Trakehnen sind alle nachfolgend gezüchteten Pferde streng genommen Ostpreußische Warmblüter. Doch der Name Trakehner hat sich so gut eingebürgert, dass nur noch die doppelte Elchschaufel daran erinnert, dass diese Pferde nicht in Trakehnen gezogen wurden.

Es dauerte lange, bis sich die Trakehnerzucht nach der Vertreibung aus Ostpreußen erholt hatte und wieder auf dem Qualitätsniveau wie vor dem Krieg war. Es fehlte einfach an Masse, um ausreichend Anpaarungen machen zu können. Doch mit der Zeit konnten zur Veredelung der Trakehner immer mehr Vollblut Araber, Shagya-Araber, Anglo-Araber und Englische Vollblüter eingekreuzt werden, bis der Vollblutanteil sogar etwa die Hälfte ausmachte.

Heute werden Trakehner gerne selbst zur Veredelung ehemals schwerer Warmblüter eingesetzt, weshalb Trakehner wichtige Vorfahren der modernen deutschen Reitpferde sind.

Das Trakehner Zuchtprogramm

Trakehner-Züchter achten auf bestmögliche Reinrassigkeit ihrer Pferde, das heißt, es dürfen nur wenige andere Rassen zur Veredelung eingesetzt werden. Außer Araber und Vollblüter sind weitere Pferderassen tabu. Um die Reinheit der Trakehner zu erhalten, unterliegt die Zucht einem strengen Zuchtprogramm, das sich aus drei Möglichkeiten zusammensetzt: Dem GP-Programm, dem Elite-Programm und der Linearen Beschreibung.

Beim GP-Programm (Zuchtfortschritt durch gezielte Paarung) stehen die Stuten im Mittelpunkt. Ziel ist es, aus einer kleineren Population ausgewählter Zuchtstuten eine größere Qualität zu erreichen, also Fohlen, die anderen genetisch überlegen sind. Damit sollen die Zucht und der Sport positiv beeinflusst werden. Die Zuchtstuten werden dabei aus drei Kriterien ausgewählt: Ihre Ergebnisse setzen sich zusammen aus ihrer Eigenleistung, Nachkommenleistung und Vorfahren- und Verwandtenleistung.

Mit dem Elite-Programm werden seit 1995 Elitetitel vergeben. Diese sind ein Qualitätssiegel, das als Titel im Pferdepass vermerkt wird. Mit dem Elitetitel möchte man Trakehner-Vererber herausstellen, die durch ihre Eigen- und Nachkommenleistung besonders hervorstechen.

Die Lineare Beschreibung ist kein Mittel zur Rangierung bzw. Platzierung der Pferde. Sie kommt aus der Praxis und soll den Züchtern bei der Auswahl und Anpaarung ihrer Zuchttiere helfen. Richter machen sich bei Leistungsprüfungen, Fohlenschauen, Körungen, Freispringwettbewerben oder Stuteneintragungen Notizen. Damit kann der Züchter die vergebene Wertnote leichter nachvollziehen. Der Bewertungsprozess wird dadurch transparenter. Die Notizen der Richter werden zu einem Datensatz zusammengefasst und dieser ausgewertet. Die Auswertung wiederum wird dem Züchter zur Verfügung gestellt, damit er sie bei der Anpaarungsplanung berücksichtigen kann.

Dieses System kommt bereits bei anderen Verbänden bzw. in anderen Ländern zum Einsatz. Der Trakehner Verband orientiert sich an den Erfassungsbögen und der Software des Oldenburger Systems.

Berühmte Trakehner-Hengste

  • Charly Chaplin (1970-2000): 1987 gekört, 2004 Elitehengst. Bis zum Grand Prix erfolgreich, zahlreiche erfolgreiche Töchter und Söhne, u.a. Polarzauber.
  • Polarzauber (1996-2012): 2002 gekört. Unter Dorothee Schneider bis in die Schwere Klasse der Dressur erfolgreich. Trotz zahlreicher Erfolge (61 Siege) bekam er nur wenig Akzeptanz in der Zucht (nur sieben Sportnachkommen).
  • Caprimond (1985-2014): 1987 gekört. Ging als jüngster Hengst, der 1995 zum Elitehengst und 1998 zum Trakehner Hengst des Jahres gekürt wurde, in die Trakehner-Geschichte ein. Stempelhengst mit vielen erfolgreichen Nachkommen in der Dressur (z.B. Hohenstein), der noch mit 19 Jahren im Grand Prix erfolgreich war.
  • Hohenstein (1991-2013): Prämienhengst, 1993 gekört, zum Hengst des Jahres 2002 erkoren. Bis zur schweren Dressurklasse erfolgreich. Hat seine herausragende Rittigkeit an seine erfolgreichen Nachkommen weitervererbt (30 gekörte Hengste, mehr als 100 Staatsprämienstuten).
  • E.H Sixtus (1989-2022): 1991 gekört als Reservesieger, Hengst des Jahres 2001, erfolgreiches Springpferd bis in die S-Klasse. Er hat die Trakehnerzucht maßgeblich geprägt, er hat über 300 eingetragene Nachkommen, die in Dressur, Springen, Vielseitigkeit und Fahren bis zur schweren Klasse erfolgreich sind.
  • Kostolany (1984-2013): 1987 als Siegerhengst gekört, Hengst des Jahres 2009. Seine Doppelveranlagung gab er an seine Nachkommen weiter, die in Vielseitigkeit, Dressur und Springen anzutreffen sind.

Rassetypische Erkrankungen

Durch die langjährige Zucht haben sich einige Krankheiten eingeschlichen, die vermehrt bei Trakehnern durch eine erhöhte Anfälligkeit auftreten können. Dazu zählen unter anderem Mauke, Koliken, Hufrehe oder Ohrentzündungen. Die Krankheiten können verschiedene Auslöser haben, allerdings spielen ein Missverhältnis von Fütterung, Bewegung und Hygiene eine entscheidende Rolle. So können Übergewicht, eine zu starke Stärke- und Zuckerhaltige Fütterung, zu wenig Bewegung und Stress zu Koliken, Hufrehe und Mauke führen. Durch eine artgerechte Pferdehaltung und eine bedarfsgerechten Pferdefütterung kann diesen Krankheiten weitestgehend vorgebeugt werden.

In den letzten Jahren stand für viele Trakehner-Züchter auch die vererbbare Stoffwechselerkrankung MIM (ehemals PSSM2) vermehrt im Fokus. Bei der Muskel-Integritäts-Myopathie handelt es sich um eine genetische Mutation, bei der die Muskeln inklusive ihrer Funktion geschädigt sind. Da MIM in der Genetik verankert und damit vererbbar ist, haben sich mehrere Verbände von Pferdezüchtern, darunter der Trakehner, Hannoveraner und Oldenburger Verband, zusammengeschlossen, um die Entwicklung und Gesundheit der Pferde mit modernster Laboranalytik noch besser im Blick zu haben.

FAQs: Häufig gestellte Fragen zu Trakehnerpferden

Sind Trakehner für Anfänger geeignet?

Trakehner sind für ihr temperamentvolles und willensstarkes Wesen bekannt. Ihr Feuer macht sie für Anfänger weniger geeignet. Obwohl Trakehner dem Menschen sehr aufgeschlossene Pferde sind, sind sie durch ihre ausgeprägte Leistungsbereitschaft und Rittigkeit eher für erfahrenere Reiter die richtigen Partner. Trakehner wollen und müssen gefordert und gefördert werden, sonst kann ihr freundliches Wesen in Sturheit und Überdrehtheit umspringen.

Dennoch muss jedes Pferd individuell betrachtet werden. So gibt es durchaus Trakehner, die sich sehr gut als Kinder- und Jugendpferde eignen.

Ist ein Trakehner ein Vollblut?

Trotz ihres hohen Vollblutanteils zählen Trakehner zu den Warmblütern. Gleichzeitig ähneln sie in vielerlei Hinsicht, was Temperament und Leistungsbereitschaft anbelangt, dem Vollblut.

Wie viel kostet ein Trakehner?

Zum Preis eines Trakehners lässt sich kein Pauschalwert festlegen, da es bei dieser vielseitigen Rasse auf ihre Veranlagung, Abstammung und bereits zurückliegende Erfolge ankommt. Schaut man sich beim Pferdekauf um, können Trakehner-Fohlen bereits ab 10.000 € gekauft werden. Bei Reitpferden mit ersten Leistungen kann sich die Preisspanne von 20.000 bis 40.000 € erstrecken. Und hierfür muss man noch nicht einmal auf eine Auktion fahren.

Der teuerste Trakehner-Hengst aller Zeiten (Kap Verde v. Helium) wurde auf einer Auktion 2023 für 350.000 € verkauft.

Gehören Trakehner zum Weltkulturerbe?

Im Jahr 2022 wurden die Trakehner zum immateriellen Kulturerbe der deutschen UNESCO-Kommission ernannt. Damit sind sie als lebendiges Kulturgut das erste deutsche des Pferdesektors überhaupt.

Besonders gewürdigt wurde das große Engagement der Trakehnerzucht, unter anderem für ihre detaillierte Dokumentation, die bis in die Anfänge der Zucht vor 290 Jahren zurückzuverfolgen ist. Weiterhin zeichnet sich die Trakehnerzucht durch ihren grenzüberschreitenden Austausch von Wissen und Fertigkeiten aus. Ebenso wurde der Trakehner Verband für seine Offenheit gelobt, sodass Bildungs- und Informationsangebote zugänglich gemacht werden, um die Öffentlichkeit für die Zucht zu gewinnen.

Autorin: Mirjam-Sophie Freigang

Autor*in
Mirjam-Sophie FreigangKlinikenMehr VON CMH.TV

Tags