Weißes Pferd mit grauer Mähne wird in einer Halle geführt, trägt ein Sattelpad und Reitpad; eine Frau mit Reithelm liegt entspannt rücklings auf dem Pferd – typische Szene aus der Reittherapie.

Reittherapie und ihre positive Wirkung

Reittherapie und die Arbeit mit Pferden ist eine ergänzende Therapieform. Sowohl der Umgang mit dem Pferd als auch das Reiten selbst sprechen die Sinne des Menschen ganzheitlich an. Lies hier mehr zur positiven Wirkung von Reittherapie auf den Menschen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Reittherapie?

Reittherapie ist eine ergänzende, ganzheitliche und tiergestützte Therapiemethode, die Pferde als Medium zwischen Klienten und Therapeuten einsetzt. Im Mittelpunkt der Therapie steht der Umgang mit dem Pferd, mit dem ruhig, achtsam und nonverbal kommuniziert wird. Das Pferd agiert als Co-Therapeut, da es aufgrund seines Wesens, seiner Unvorgenommenheit dem Menschen gegenüber und seiner Art der Kommunikation ideal für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen ist.

Ausgerichtet ist Reittherapie auf Erwachsene und Kinder mit geistigen oder körperlichen Behinderungen, aber auch mit psychosomatischen Erkrankungen und seelischen Verletzungen. Fokus der Reittherapie steht demnach die Förderung der seelischen, geistigen und körperlichen Gesundheit, weniger die reiterllichen Fähigkeiten.

Die Reittherapie ist ein Teilbereich des Therapeutischem Reitens, wird allerdings vom Volksmund oftmals als der Oberbegriff selbst verwendet. Tatsächlich steht der Begriff Therapeutisches Reiten über insgesamt vier eigenständigen Arbeitsbereichen:

Heilpädagogisches Reiten / Reitpädagogik Heilpädagogisches Voltigieren Reittherapie Hippotherapie
Was? Alltäglicher Umgang mit dem Pferd (Pflege, Misten, Führen, Reiterspiele für Fortgeschrittene) Voltigieren in allen drei Grundgangarten, in der Gruppe Geführtes Reiten, Übungen mit und auf dem Pferd Krankengymnastik, Physio- oder Ergotherapie zu Pferd, geführtes Reiten
Für wen? Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Entwicklungsverzögerungen, körperlichen, mentalen oder seelischen Behinderungen Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Entwicklungsverzögerungen, körperlichen, mentalen oder seelischen Behinderungen Menschen mit geistiger Behinderung, psychischer oder psychosomatischer Erkrankung Schlaganfallpatienten in der Rehaphase, Menschen mit Spastik oder Multipler Sklerose
Zielsetzung Ganzheitliche Entwicklungsförderung der Sinne Ähnlich der Reitpädagogik Stressabbau, Förderung sozialer, emotionaler und psychischer Kompetenzen Rehabilitation, Förderung motorischer Fähigkeiten
Therapeutische Fachkraft Ausgebildeter Reitpädagoge Ausgebildeter Reitpädagoge Ausgebildeter Reittherapeut Physiotherapeut mit Spezialisierung auf Hippotherapie

Vor allem Reittherapie, Hippotherapie und der Oberbegriff Therapeutisches Reiten werden gerne synonym verwendet, da sie sich nicht in allen Fällen klar voneinander trennen lassen. Dennoch verlangen die Teilbereiche unterschiedliche Qualifikationen, um sie anbieten zu können. Nachfolgend gehen wir intensiver auf die Schwerpunkte und Zielsetzungen der Reittherapie ein.

Warum Pferde in der Therapie einsetzen?

Das Pferd ist ein neutrales Gegenüber in der Therapie von Menschen mit unterschiedlichen körperlichen oder geistigen Herausforderungen. Es ist ein Spiegel des Menschen, indem es die Körpersprache seines Gegenübers, seine Körperhaltung und Stimmung 1:1 wiedergibt. Unsicherheiten genauso wie Überreaktionen des Menschen werden vom Pferd prompt gespiegelt. Um ein bestimmtes Ziel und eine konkrete Reaktion des Pferdes zu erreichen, muss sich der Mensch also im Pferd selbstreflektieren. Somit sind Pferde auch im Erlernen der emotionalen Regulation wertvolle Lehrpartner.

Pferde kommunizieren auf nonverbaler Ebene. Viele Menschen mit Autismus und Mutismus profitieren von der nonverbalen Kommunikation der Pferde. Pferde gehen völlig wertfrei in den Dialog und drängen den Menschen nicht zur Kommunikation, eher ist es andersherum, dass der Mensch den Dialog eröffnet. Somit schafft das Pferd einen geschützten Raum, in dem sich der Klient wohlfühlt, nicht beurteilt wird oder zu irgendetwas gedrängt wird. Pferde können helfen, dass Menschen auf dem Spektrum aufblühen und ihre Sprache wiederfinden, dass Menschen mit Bindungsängsten und Traumata sich für andere Menschen wieder öffnen, allein aufgrund des Umgangs mit dem Pferd.

👉 Mehr zum Thema Körpersprache erfährst du in unserem Artikel: Körpersprache Pferd - Pferde verstehen lernen.

Auch im Stressabbau können Pferde zu Ruhe und Entspannung verhelfen, sowohl durch den alltäglichen Umgang als auch durch das Reiten. Vor allem die ruhigen, rhythmischen Bewegungen des Pferdes, die den Laufbewegungen des Menschen ähnlich sind, sorgen für Entspannung von Körper und Geist. Es ist nicht nur das Gefühl des Getragenwerdens, das beruhigend auf Menschen mit seelischen Verletzungen wirkt. Die Laufmuskeln des Menschen werden durch das passive Sitzen auf dem gehenden Pferd entsprechend an- und abgespannt. So profitieren auch Menschen mit einer Spastik oder einem überhöhten Muskeltonus von der Therapie mit Pferden.

Reittherapie mit positiver Wirkung – was bringt Therapeutisches Reiten?

Durch die Arbeit mit Pferden werden verschiedene Sinne gleichzeitig angeregt, was kaum eine andere Therapieform schafft. So können viele Aspekte für Körper, Geist und Seele gleichzeitig gefördert und angegangen werden. Neben den körperlichen Auswirkungen, hat Reittherapie und der Umgang mit Pferden positive Effekte auf die inneren Prozesse.

Auswirkungen auf den Körper:

  • Förderung des Gleichgewichts
  • Verbesserte Körperwahrnehmung und Koordination
  • Schulung von Fein- und Grobmotorik
  • Bessere Körperspannung
  • Muskelentspannung

Förderung der inneren Prozesse: 

  • Verbesserte Selbstwahrnehmung
  • Erfolgserlebnisse steigern das Selbstwertgefühl
  • Gesteigertes Selbstvertrauen durch Meistern von Herausforderungen und einschüchternden Situationen
  • Abbau von Ängsten
  • Abbau von Aggressionen
  • Abbau von Verhaltensstörungen
  • Aufbau von Freundschaften, sozialen Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen und Mitgefühl auf Basis einer respektvollen Kommunikation
  • Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer

Für wen ist die Reittherapie geeignet?

Reittherapie und jede Form von tiergestützter Therapie können einer ganzen Bandbreite von Menschen mit den unterschiedlichsten Bedürfnissen begegnen. So eignet sich Reittherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche mit sowohl körperlicher als auch geistiger Behinderung, aber auch verschiedenen psychischen und psychosomatischen Erkrankungen:

  • Körperliche Behinderungen wie Spastik
  • Autismus
  • Down-Syndrom
  • ADHS und ADS
  • Ängste und Angststörung
  • Verhaltensstörung
  • Essstörungen
  • Traumabewältigung
  • Psychosen
  • Depressionen

Nachfolgend wollen wir den Fokus auf drei Fälle legen, bei denen Reittherapie als unterstützende Therapieform sinnvoll sein kann:

Reittherapie bei Autismus

Das Autismus-Spektrum ist groß, weshalb Autismus bei jedem Betroffenen unterschiedlich aussehen kann. Man könnte auch sagen, dass es so viele Spektren gibt, wie es Autisten gibt – Autismus sieht bei jedem anders aus. Daher kann es für Therapeuten, Vertrauens- und Bezugspersonen schwierig sein, an die Betroffenen heranzukommen. Der Alltag von Autisten kann geprägt sein von Wutanfällen, Stimmungsschwankungen, Verstummen oder täglichen Herausforderungen beim sozialen Kontakt. Menschen mit Autismus können mit dem Leben genauso überfordert sein wie ihre Bezugspersonen.

Gerade weil es Therapeuten schwerfallen kann, für Autisten einen geschützten Raum zu kreieren, kommt das Pferd genau richtig. Mit seiner wertfreien Haltung, Ruhe und Unvoreingenommenheit schafft das Pferd einen Safe Space, in dem sich Autisten in ihrer Art angenommen fühlen. Das Pferd ist der perfekte Vertrauenspartner, stellt keine Forderungen, sondern wartet auf Signale, auf die es reagieren kann. Der Mensch muss den Dialog eröffnen. Auch wenn es zurückgezogenen und vorsichtigen Menschen wie Autisten anfänglich schwerfällt, den ersten Schritt zu machen, ist die Faszination fürs Pferd doch größer und lockt sie aus ihrer Schale. Autisten blühen im Umgang mit dem Pferd regelrecht auf. Eine Wirkung, die viele menschliche Therapeuten nicht haben.

Reittherapie für Menschen mit Down-Syndrom

Menschen mit Down-Syndrom haben oftmals Koordinations- und Konditionsdefizite, die mit Entwicklungsstörungen oder -verzögerungen einhergehen. Auch fällt ihnen hin und wieder der Sozialkontakt schwerer als Menschen ohne Down-Syndrom.

Durch die Arbeit mit Pferden können Menschen mit Down-Syndrom, die zudem sehr sensibel sind, zuerst an ihrem Körpergefühl arbeiten. Der Umgang mit und das Sitzen auf dem Pferd erfordern ein gewisses Maß an Koordination und Körperbewusstsein. Vor allem die Schwingungen durch die Bewegung des Pferdes verhelfen passiv und aktiv zu einem Aufbau der haltgebenden Muskulatur, schärfen die Sinne und verhelfen zu einem besseren Körperbewusstsein.

Findet die Reittherapiesitzung in einer Gruppe von mindestens zwei Personen statt, werden auch Zurückhaltungen gegenüber Sozialkontakten abgebaut. Freundschaften lassen sich von Menschen mit Down-Syndrom über den gemeinsamen Nenner Pferd leichter schließen.

Reittherapie bei ADHS

Erwachsene, aber vor allem Kinder mit ADS und ADHS können ihren Fokus nicht lange kanalisieren und sind dadurch oftmals unruhig, sprunghaft und unausgeglichen. Das macht es vor allem für Kinder im Schulalltag sehr schwer. Ein reiner körperlicher Ausgleich in Form von Sport reicht meist nicht aus, da Menschen mit ADHS teils sehr wissbegierig sind, Informationen aufsaugen und kurz danach nach mehr verlangen. Es muss also auch ein geistiger Ausgleich stattfinden, um ADHSler zur Ruhe zu bringen.

Auch hier hat sich Reittherapie und der Umgang mit Pferden bewährt: Das Pferd hat allein aufgrund seines Wesens eine beruhigende und entspannende Wirkung auf den Menschen. So finden hyperaktive Erwachsene und Kinder schnell zur Ruhe. Gleichzeitig wird durch die Arbeit mit dem Pferd auch ihr Drang nach Bewegung befriedigt.

Menschen mit einer Aufmerksamkeitsstörung interessieren sich unter Umständen für viele Dinge, können allerdings nicht lange den Fokus auf nur einer Sache belassen. Hier können in der Reittherapie Konzentrationsübungen mit Bewegung verknüpft werden. Bewegung versorgt das Gehirn mit mehr Sauerstoff und verhilft ihm zu einer besseren Konzentrationsfähigkeit. Diesen Effekt macht man sich in der Reittherapie von Menschen mit ADHS zunutze. Damit kann Reittherapie oder jede Form von tiergestützter Therapie eine sinnvolle Ergänzung im Therapieplan von ADHSlern sein.

Wer darf Reittherapie anbieten?

Die Begriffe „Reittherapie/Reittherapeut“ sind nicht gesetzlich geschützt (im Grund kann sich jeder Reittherapeut nennen), sodass man bei der Auswahl des Therapeuten und seiner Wirkungsstätte genauer hinsehen muss. Es fehlen einheitliche Qualitätsstandards und Regelungen, die von den Ausbildungsträgern eingehalten werden müssen. Der einzige, einheitliche Nachweis, den eine Anbieter für Reittherapie in Deutschland vorlegen muss, ist der Sachkundenachweis Pferdehaltung und -einsatz, der vom Veterinäramt überprüft wird.

Auch die Pferde sollten zu Therapiepferden ausgebildet worden sein, um die entsprechende Ruhe und Aufmerksamkeit für den Klienten mitzubringen. Denn nicht selten kommen Klienten im Rollstuhl oder Gehhilfen, die für das Fluchttier Pferd grundsätzlich erst einmal beängstigend sein können. Nimm dir daher bei der Auswahl des Anbieters Zeit. Viele Anbieter haben daher auch die Möglichkeit der Erstgespräche, in denen alle Seiten sich ein Bild voneinander machen können.

So kann Reittherapie auf Reiterhöfen, Kliniken oder spezialisierten Therapieeinrichtungen, Rehazentren oder Reitvereinen mit Therapieangeboten ausgerichtet werden. Auch Pädagogische Zentren, heilpädagogische Praxen oder Ergotherapie-Einrichtungen, die eng mit Reiterhöfen zusammenarbeiten, können entsprechend Reittherapie anbieten.

Ausbildung zum Reittherapeut – welche Voraussetzung braucht es?

Der Reittherapeut ist kein geschützter Begriff und ist auch nicht staatlich anerkannt. Daher gibt es verschiedene Ausbildungsanbieter, die die aufbauende Qualifizierung zum Reittherapeuten anbieten. Es ist keine Grundausbildung, sondern ein Aufbau auf eine bereits abgeschlossene, themenbezogene Ausbildung. Um Reittherapeut zu werden, bieten sich Grundausbildungen an wie z. B. Erzieher, Psychotherapeuten, Logopäden etc., wenn man sich auf die tiergestützte Therapie spezialisieren möchte.

Weiterhin sind auch reiterliche Voraussetzungen notwendig, um Pferde in die Therapie einzubinden. Langjährige Kenntnisse in Pferdehaltung und Reiten sind Voraussetzung, genauso wie Abzeichen vom Basispass bis Reitabzeichen. Genauere Voraussetzungen, um die Qualifikation angehen zu können, sind beim jeweiligen Ausbildungsanbieter hinterlegt.

Für die Ausübung der Reittherapie selbst ist in Deutschland nur der Sachkundenachweis Pferdehaltung und -einsatz Pflicht, aber kein Nachweis, dass eine Ausbildung zum Reittherapeuten abgeschlossen wurde.

Wie läuft eine Reittherapie-Sitzung ab?

Für eine Reittherapie-Sitzung gibt es keinen festgelegten Ablauf, hier richtet sich der Ablauf nach sowohl Anbieter als auch individuellen Bedürfnissen, Zielsetzungen und persönlichen Möglichkeiten des Klienten. Eine Reittherapie-Session kann zwischen 30 bis 60 Minuten dauern, um die Tagesziele zu erreichen und kann grob wie folgt aussehen:

  1. Erstgespräch: Bevor es ans Pferd geht, formulieren Therapeut und Klient in einem persönlichen Gespräch, was den Klienten aktuell bewegt. Daraus werden dann die Tagesziele formuliert.
  2. Pflege des Co-Therapeuten Pferd und Vorbereitung: Das Pferd wird gemeinsam, je nach körperlichen und geistigen Möglichkeiten des Patienten, auf die Sitzung vorbereitet. So kann der Klient ein Gefühl für das Pferd bekommen und Vertrauen aufbauen.
  3. Reittherapie: Je nach formuliertem Tagesziel wird die eigentliche Therapiesitzung gestaltet. Dies geschieht entweder auf dem Pferderücken oder neben dem Pferd auf dem Boden. Die Vielfalt an Möglichkeiten haben wir unten näher ausgeführt.
  4. Abschluss: Nach jeder Therapiesitzung wird das Pferd nachversorgt, sprich abgesattelt, geputzt, eventuell gefüttert und zurück in den Stall/Auslauf gebracht. Abgerundet wird die Reittherapie mit einem Abschlussgespräch, in dem das Gelernte des Tages reflektiert wird und Besonderheiten hervorgehoben werden.

Je nach Zielsetzung und Möglichkeiten des Patienten gibt es verschiedene Übungen, die in der Reittherapie Anwendung finden:

  • Geführtes Reiten
  • Körperliche Übungen auf dem Pferd (auch hier wird das Pferd geführt)
  • Bodenarbeit
  • Interaktive Übungen mit dem Pferd, z.B. Spiele, kreative Aufgaben, Parcours etc.
  • Sensorische Übungen durch streicheln oder kuscheln des Pferdes
  • Kommunikationstraining auf nonverbaler Ebene
  • Gruppensitzung, bei dem die Gruppe gemeinsam mit dem Pferd arbeitet

👀 Das klingt interessant? Dann schau doch mal in unserem Artikel zur Bodenarbeit vorbei. Hier erfährst du alles Wissenswerte mit Übungen zum downloaden

Kosten für die Reittherapie

Eine wichtige Frage, die sich jeder stellt, der Reittherapie für sich oder seine Angehörigen angehen möchte: Die Kosten der Reittherapie. Da die deutschen Krankenkassen, wenn überhaupt, nur einen Teil der Kosten übernehmen, müssen die Sitzungen privat gezahlt werden. In die Kosten fließt nicht nur die Dauer der Sitzung ein, sondern auch die Kosten für das Pferd, die Mitnutzung des Geländes, das Gehalt des Therapeuten. Und wenn ein Assistent nötig ist, erhält dieser ebenfalls einen zusätzlichen Betrag.

So ergeben sich je nach Anbieter bis zu 90 € pro Reittherapie-Sitzung. Bei manchen Anbietern können auch Kosten für Vorgespräche anfallen. Eine Sitzung dauert zwischen 30 bis 60 Minuten; sind mehrere Klienten pro Sitzung involviert, kann die Sitzung auch mal 90 Minuten dauern. Demnach fallen hier dann andere Kosten an, die man beim jeweiligen Anbieter vorab erfragen sollte.

Auch wenn die tiergestützte Therapie, zu der die Reittherapie zählt, nicht zu den verordnungsfähigen Heilmitteln zählt und von den Krankenkassen nicht übernommen wird: Manche Krankenkassen können Kostenanteile als Gesundheitsleistung anerkennen. Informiere dich daher bei deiner eigenen Krankenkasse, ob sie Teile der Kosten für dich übernehmen kann.

Im Gegensatz zu Deutschland übernehmen andere Länder, wie beispielsweise die Schweiz, die Kosten für einige der Teilbereich des Therapeutischen Reitens.

Kurzer Exkurs zur Reittherapie und ihren Anfängen

Bereits früh wurde von verschiedenen Ärzten der Benefit des Reitens für die menschliche Gesundheit erkannt und aufgezeichnet. Selbst Hippokrates erkannte rund 470 v. Chr. die heilsame Wirkung des Reitens. Erste Aufzeichnungen zur Erforschung des Reitens und seine Wirkung auf die menschliche Gesundheit finden sich im 17. Jahrhundert. Der englische Arzt Thomas Sydenham nannte das Reiten als das beste Heilmittel bei „Lungensucht“. Auch der Wiener Doktor für Heilkunde, Leopold Fleckles, wies bei Lungenerkrankungen auf die therapeutische Wirkung des Reitens hin.

Einen richtigen „Aufschwung“ erhielt Therapeutisches Reiten nach dem Zweiten Weltkrieg, um Menschen mit Kriegsverletzungen wie Beinamputationen in der Rehabilitation zu helfen.

Und 1970 wurde schließlich das Deutsche Kuratorium für Therapeutisches Reiten (DKThR) gegründet.

Organisation

In Deutschland werden die drei Teilbereiche Heilpädagogisches Reiten (Reitpädagogik), Heilpädagogisches Voltigieren und Hippotherapie vom Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten (DKThR) organisiert. Auch der Behindertenreitsport zählt dazu, der allerdings eine Sportart und keine Therapieform ist.

Für den Teilbereich der Reittherapie gibt es den Bundesverband für therapeutisches Reiten und tiergestützte Therapien in Deutschland. Dieser ist auch für die Ausbildung und Zertifizierung von Reittherapeuten zuständig, um weitestgehend einheitliche Qualitätskriterien für die Aus- und Weiterbildung von Reittherapeuten zu schaffen.

Im Jahr 2006 stellte das Bundesministerium für Gesundheit klar, dass gesundheitsfördernde Aspekte bzw. der therapeutische Nutzen des Reitens und des Umgangs mit dem Pferd nicht nachgewiesen werden könnten. Aus diesem Grund gehören alle Formen der tiergestützten Therapie und damit auch die Reittherapie zu den nicht verordnungsfähigen Heilmitteln

Dennoch gibt es Studien und Folgestudien, die anhand von kleinen Stichproben beweisen, dass die Arbeit mit Pferden therapeutische Erfolge feiert, die signifikant hoch sind.

Reittherapie: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Wie viel kostet eine Stunde Reittherapie?

Die Kosten liegen meist zwischen 40 und 90 Euro pro Stunde. Der Preis hängt von Qualifikation, Region, Art der Therapie und ob zusätzliche Leistungen wie Gesprächseinheiten oder Dokumentation enthalten sind.

Wann ist Reittherapie sinnvoll?

Sie ist sinnvoll, wenn körperliche, psychische oder soziale Entwicklungsziele unterstützt werden sollen. Dazu gehören motorische Förderung, Stärkung des Selbstwertgefühls, Stressabbau, Verhaltensregulation oder therapeutische Begleitung nach traumatischen Erlebnissen.

Sind Reittherapie und Hippotherapie das gleiche?

Nein. Hippotherapie ist Physiotherapie auf dem Pferd und klar medizinisch definiert. Reittherapie ist ein breiterer Begriff und umfasst psychologische, pädagogische und soziale Ansätze, die weit über physiotherapeutische Maßnahmen hinausgehen.

Ab welchem Alter ist Reittherapie sinnvoll?

Viele Einrichtungen starten ab etwa drei bis vier Jahren. Entscheidend ist weniger das genaue Alter als die Fähigkeit des Kindes, Anweisungen zu verstehen und sicher begleitet werden zu können.

Welche Krankenkasse zahlt Reittherapie?

Die meisten gesetzlichen Krankenkassen übernehmen Reittherapie nicht, da sie nicht zu den anerkannten Heilmitteln zählt. Private Kassen entscheiden individuell und übernehmen in manchen Fällen einen Teil der Kosten.

Wann wird Reittherapie von der Krankenkasse übernommen?

Eine Kostenübernahme ist selten und erfolgt nur in Einzelfällen, meist im Rahmen individueller Gesundheitsleistungen oder bei spezifischen Diagnosen. Medizinische Hippotherapie kann unter Umständen eher erstattet werden.

Für wen ist eine Reittherapie geeignet?

Geeignet ist sie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit körperlichen, emotionalen, sozialen oder kognitiven Herausforderungen. Auch Menschen mit Stresssymptomen, Angststörungen oder Entwicklungsverzögerungen profitieren häufig.

Wie läuft eine Reittherapie ab?

Eine typische Einheit beginnt mit einem kurzen Gespräch oder einer Beobachtung. Danach folgen Übungen am oder auf dem Pferd – je nach Ziel motorisch, emotional oder kommunikativ ausgerichtet. Zum Schluss wird die Stunde reflektiert und dokumentiert.

Welches Reitabzeichen wird für die Reittherapie benötigt?

Ein Reitabzeichen ist nicht zwingend erforderlich. Wichtig sind anerkannte therapeutische Zusatzqualifikationen, die den professionellen Umgang mit Mensch und Pferd in einem therapeutischen Setting sicherstellen.

Welcher Arzt verschreibt Reittherapie?

Da Reittherapie kein anerkanntes Heilmittel ist, wird sie in der Regel nicht verschrieben. Bei Hippotherapie kann ein Facharzt für Neurologie, Orthopädie oder Allgemeinmedizin eine Verordnung ausstellen, sofern medizinische Indikationen vorliegen.

Bei was hilft Reittherapie?

Sie unterstützt bei motorischen Einschränkungen, Angst- oder Belastungsstörungen, Autismus-Spektrum-Störungen, AD(H)S, Entwicklungsverzögerungen, psychosozialen Problemen, Trauma sowie allgemeiner Stabilisierung von Selbstwert und Körpergefühl.

Was ist der Unterschied zwischen Reittherapie und Reitpädagogik?

Reitpädagogik ist stärker spiel- und lernorientiert, arbeitet meist präventiv und ohne medizinische Zielsetzung. Reittherapie ist therapeutisch ausgerichtet und zielt auf konkrete Entwicklungs- oder Heilungsziele ab.

Wer darf Reittherapie anbieten?

Sie wird von speziell ausgebildeten Reittherapeutinnen und -therapeuten durchgeführt – oft mit Grundberufen wie Psychologie, Pädagogik, Ergotherapie oder Sozialarbeit und einer anerkannten Zusatzqualifikation im therapeutischen Reiten.

Autor*in
Mirjam-Sophie FreigangMehr VON CMH.TV

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