Die Fohlenschau: Der erste Auftritt für den Nachwuchs
Eine Fohlenschau ist der erste öffentliche Auftritt des Fohlens. Eine Zuchtkommission bewertet das Fohlen anhand äußerlicher Merkmale, ob es dem Zuchtziel entspricht.
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist eine Fohlenschau?
Eine Fohlenschau ist der erste öffentliche Auftritt des Nachwuchses, bei dem die Züchter ihren ganzen Stolz einem Publikum und einer Zuchtkommission vorstellen. Bei einer Fohlenschau sammeln sich Züchter eines Pferdezuchtverbandes oder Pferdezuchtvereins und führen ihre Stuten mit bei Fuß laufenden Fohlen vor. Wer erfolgreich Pferde züchten will, muss auch wissen, in welche Richtung er sich mit seiner Zuchtqualität bewegt. Daher hat er auf einer Fohlenschau die Möglichkeit, sein Fohlen fachkundig beurteilen zu lassen, indem dessen (körperlichen) Stärken und Schwächen begutachtet werden. Damit eine Einordnung des Nachwuchses und des Zuchtergebnisses überhaupt möglich ist, kommen auf einer Fohlenschau immer Pferde einer Rasse und Fohlen desselben Alters zusammen. Auf diese Weise sind sie miteinander vergleichbar.
Der allerdings noch wichtigere Grund für den Besuch einer Fohlenschau ist die Fohlenregistrierung. Nachdem die Fohlen vorgestellt, bewertet und rangiert wurden, geht es zur Registrierung. Hierbei bekommt das Fohlen seinen Equidenpass und einen Chip in die linke Halsseite eingepflanzt. Damit ist es unverwechselbar. In den Pass werden die äußerlichen Merkmale des Fohlens wie Wirbel, Abzeichen und Fellfarbe festgehalten, aber auch Alter und Geschlecht. Weiterhin erhält der Züchter die Eigentumsurkunde zu seiner Nachzucht.
Muss ein Fohlen auf einer Fohlenschau vorgestellt werden? Nein, ein Fohlen muss nicht unbedingt zu einer Fohlenschau. Viele Züchter sehen in der Vorstellung den Vorteil, ihren Zuchterfolg im Wettbewerb besser einordnen zu können. Man muss jedoch bedenken, dass es sich bei Fohlenschauen um Momentaufnahmen handelt; Fohlen im Wachstum verändern sich rasant. Die Bewertung auf einer Fohlenschau ist also kein Garant für sportlichen Erfolg oder Schönheit im Erwachsenenalter. Daher lassen besonders private Züchter ihre Fohlen gar nicht erst auf einer zentralen Fohlenschau bewerten, sondern lediglich vom Verband registrieren. Dafür reicht ein Hoftermin aus, für welchen man sich beim Verband anmelden kann. Hierbei kommen Verbandsbeauftragte direkt zum Pferd gefahren und tragen entsprechend die Merkmale des Fohlens für die Ausstellung des Passes ein.
2. Voraussetzung einer Fohlenschau
Bevor es mit Stute und Fohlen zur Vorführung geht, bevor das Fohlen überhaupt geboren wurde, beginnen schon die ersten Schritte dorthin. Kurz zusammengefasst sind folgende Punkte Voraussetzung für die Teilnahme an einer Fohlenschau mit anschließender Registrierung:
- Der Züchter ist Mitglied im entsprechenden Pferdezuchtverband
- Deckschein
- Abfohlmeldung
- Beide Elternteile sind im Zuchtbuch eingetragen oder werden spätestens im Jahr der Geburt eingetragen
- Das Fohlen läuft noch bei seiner Mutter bei Fuß (Ausnahmen bilden Waisenfohlen)
- Das Fohlen ist einigermaßen halfterführig
Wurde dem Pferdezuchtverband durch den Züchter gemeldet, dass die Stute besamt oder gedeckt wurde, dann erhält der Hengsthalter einen Deckschein für diese Stute. Diesen muss er am Ende der Decksaison ausgefüllt an den Zuchtverband im Original zurückschicken, ein Duplikat erhält der Stutenbesitzer. Dieser Deckschein ist die Basis für die Abfohlmeldung, die im Folgejahr dem Züchter zugeschickt wird.
Zu Beginn des Jahres versendet also der Verband eine Abfohlmeldung je Stute an den Stutenzüchter. Kommt das Fohlen nach 11 Monaten Trächtigkeit auf die Welt, muss der Züchter (in den meisten Fällen) innerhalb der nächsten 28 Tage die Abfohlmeldung ausfüllen und im Original an den Pferdezuchtverband zurückschicken. Der Züchter behält ein Duplikat zurück. Sollte das Fohlen sterben oder die Stute verfohlen, muss auch das in der Abfohlmeldung eingetragen werden. Mittlerweile kann die Abfohlmeldung auch online ganz ohne Postweg erfolgen. Das muss beim jeweiligen Zuchtverband ausfindig gemacht werden.
Die Abfohlmeldung ist schließlich Voraussetzung für die Fohlenregistrierung, die auf einer Fohlenschau oder auf dem Hof erfolgen kann.
3. Wie läuft eine Fohlenschau ab?
Eine Fohlenschau ist nicht nur für das Fohlen und seine Mutter ein großes Spektakel. Es wird von den Züchterkreisen regelrecht zelebriert, ein Sehen und Gesehenwerden. Dennoch liegt das Hauptaugenmerk auf der Nachzucht. Und damit die Zuchtkommission diese von ihren besten Seiten sehen kann, sind die Abläufe genau geregelt.
Nachdem der Zuchtverband die Termine für die zentrale Fohlenschau und -registrierung bekannt gegeben hat, wird diese vom Verband oder Zuchtverein auf die Beine gestellt. Für eine bessere Vergleichbarkeit werden die Stuten-Fohlen-Paare gruppiert, in sogenannte Ringe eingeordnet, und auf einer Dreiecksbahn vorgestellt.
Jedes Paar wird zuerst einzeln den Richtern im Stand mit Blickrichtung nach links präsentiert. Darauf folgt die Beurteilung in der Bewegung. Der Pferdeführer führt Stute und Fohlen im Uhrzeigersinn in den Gangarten Trab und Schritt um die Dreiecksbahn herum. Das Fohlen läuft hierbei frei, um sich in seinen Grundgangarten am besten darstellen zu können. Nach der Bewegung werden Stute und Fohlen erneut vor den Richtern längs aufgestellt, dieses Mal mit Blickrichtung der Pferde nach rechts. Nachdem jedes Stute-Fohlen-Paar bewertet wurde, geht es für den ganzen Ring in die Bahn. Nun werden die Fohlen im Vergleich rangiert und prämiert.
Im Anschluss an die eigentliche Fohlenschau, also der Vorstellung und Bewertung des Fohlens, kann das Fohlen registriert werden.
4. Was wird bei der Fohlenschau bewertet?
Ein Fohlen wächst in seinen ersten sechs Lebensmonaten am meisten und schnellsten. Pro Tag nimmt es circa ein Kilogramm an Körpergewicht zu. Wachstumsschübe sorgen regelmäßig für ein optisches Ungleichgewicht, das innerhalb kürzester Zeit schon wieder herausgewachsen sein kann. Auch wirken sich Wachstumsschübe auf die Bewegungsabläufe des Fohlens und damit auf seine Grundgangarten aus. Fohlenschauen sind also reine Momentaufnahmen. Dennoch kann das geschulte Auge der Richter am unfertigen Körper eines Fohlens die Qualität der Zucht erkennen.
Je nach Pferderasse und Pferdezuchtverband gibt es unterschiedliche Zuchtstandards, nach denen sich bei der Bewertung gerichtet wird. Doch grundsätzlich erfolgt die Bewertung einer Fohlenschau auf diesen vier Säulen:
- Typ
- Gebäude
- Fundament
- Bewegungsablauf
Zuerst laufen die Richter um das stehende Fohlen herum, betrachten es und bewerten Typ, Gebäude und Fundament. Wie steht es für seine Rasse und sein Geschlecht optisch da (Typ)? Orientieren sich Halsansatz, Schulter, Kruppenformation und die Hinterhand am Zuchtziel (Gebäude)? Und sind die Gliedmaßen gerade oder gibt es Fehlstellungen (Fundament)? Anschließend wird das Fohlen in der Bewegung betrachtet: Läuft es frei und rein, im Takt und gelassen, seiner Veranlagung entsprechend oder eher angespannt (Bewegungsablauf)?
Für jeden Punkt können die Richter eine Note von 1 bis 10 vergeben, wobei 10 die Bestnote ist. Das Ergebnis wird durch vier geteilt und ergibt die Gesamtnote.
Nach der Einzelbewertung kommt der Ring zusammen und wird miteinander verglichen. Aus der Gegenüberstellung aller Fohlen eines Ringes (Alters- und Rassegruppe) wird schließlich das Siegerfohlen ermittelt. Die Rangierung und Prämierung ist für Züchter besonders interessant, da sie ihm helfen kann, seine Anpaarung im Wettbewerb zu positionieren.
Die Bedeutung der richtigen Anpaarung erfährst du im folgenden Video:
5. Von Fohlenprämie bis Fohlenchampionat – was bedeuten die Titel für ein Fohlen?
Wer sein Fohlen nicht nur registrieren lässt, sondern es auch auf einer zentralen Fohlenschau bewerten lässt, der wünscht sich selbstverständlich eine sehr gute Benotung seiner Nachzucht. Fohlen, die in ihrer Gesamtbewertung eine 7,5 oder besser erhalten, werden prämiert. Die Fohlenprämie wird im Pferdepass mit „Als Saugfohlen prämiert“ gekennzeichnet. So stolz die Prämie den Züchter auch macht, damit ist nicht garantiert, dass das Fohlen im Erwachsenenalter sportlich oder züchterisch erfolgreich wird – die Leistungserbringung wird erst noch im Verlauf seines Lebens getestet.
Wurde das Fohlen auf einer Fohlenschau prämiert, qualifiziert es sich für das Fohlenchampionat. Es ist das jährliche Highlight in der Pferdezucht, bei dem besonders qualitätsvolle Fohlen, die sogenannten Elitefohlen der Pferdezucht vorgestellt werden. Je nach Zuchtverband findet das Finale an verschiedenen Standorten statt; das Fohlenchampionat beispielsweise der Hannoveraner findet in Lienen statt, das der Oldenburger Pferde in Vechta. Dort versammeln sich die 25 % der am besten bewerteten Fohlen der Rasse.
Das Fohlenchampionat läuft genauso ab wie eine Fohlenschau. Holt sich ein Fohlen den Titel, wird dieser im Equidenpass als „Championatsfohlen“ eingetragen.
Wer ein prämiertes Fohlen oder Championatsfohlen hat, kann damit seinen Züchterruf und sein Ansehen in den Kreisen verbessern. Über die genauen Auswirkungen der Titel gehen die Meinungen der Pferdemenschen allerdings teils stark auseinander: Halten die einen von Fohlenprämie oder Elitefohlen nicht viel, geben die anderen an, die Titel wären bis zum 3. Lebensjahr ein schlagkräftiges Verkaufsargument. Für ein Fohlen mit Prämie oder Championatstitel können daher höhere Preise beim Verkauf verlangt werden. Aber auch für Deckhengste, die im Fohlenalter prämiert wurden, könnte mit den Titel für eine höhere Decktaxe geworben werden. Gewissermaßen legen Elitefohlen die Messlatte der Zucht an, an welcher sich Pferdezüchter orientieren, was gefragt ist und was nicht. Von Fohlenschau bis Fohlenchampionat – das Spektakel sichert die Qualität der Pferdezucht.
6. Gut vorbereitet auf die Fohlenschau
Fohlen, frisch auf der Welt und schon mit Mama auf großer Reise und ins Rampenlicht. Das kann einiges an Stress bedeuten, vor allem wenn man Mutter und Kind unvorbereitet in den Hänger stellt. Soweit man es dem Nachwuchs zumuten kann, trägt eine gute Vorbereitung zum Wohlbefinden von Stute und Fohlen bei.
6.1. Verladetraining
Nicht nur für die Fahrt zur Fohlenschau, auch für das spätere Pferdeleben ist frühzeitiges und regelmäßiges Verladetraining ein absolutes Muss. Je früher das Fohlen mit dem Anhänger vertraut gemacht wird, desto stressfreier wird es für das Kleine. Dadurch lassen sich insbesondere Verletzungen vermeiden. Wichtig ist, dass beim Transport mit Fohlen die Trennwand herausgenommen wird und der Anhänger dick eingestreut wird. So kann sich das Fohlen während der Fahrt hinlegen und ausruhen und läuft nicht Gefahr, zwischen Mutter und Mittelwand eingequetscht zu werden. Damit das Fohlen unterwegs nicht abhandenkommt oder schlimme Unfälle passieren, ist die hintere Öffnung zwingend mit einem Fohlengitter zu verriegeln.
6.2. Fohlen-ABC
Auf einer Fohlenschau möchten die Richter den Nachwuchs von beiden Seiten im Stand beurteilen. Daher ist es von Vorteil, wenn das Fohlen für einige Momente stehen bleibt und nicht umherspringt. Auch wenn man Halfterführigkeit, Anfassen, Putzen und Stehenbleiben immer wieder spielerisch üben kann, sollte man nicht zu ehrgeizig auf den öffentlichen Auftritt schauen. Es handelt sich immer noch um Neugeborene, die eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne haben. Ohne Fohlenschau im Blick sollte man mit dem Fohlen-ABC frühestens ab dem vierten Monat starten.
Bei spätgeborenen Fohlen sollte man bedenken, dass ihr Immunsystem noch nicht so weit ausgereift ist, dass es sie bei einer Zusammenkunft vieler fremder Pferde ausreichend vor Keimen schützt. Sind die Fohlen nur Tage oder wenige Wochen alt, sind sie zu anfällig für Krankheiten. Aus diesem Grund gibt der Verband immer mehrere Termine in der Saison vor, auf denen man sein Fohlen vorstellen kann. Gleichzeitig kann man diese Termine bereits bei der Bedeckung berücksichtigen. Die meisten Fohlen kommen daher um den Märzmonat zur Welt, damit sie zum Start der Fohlenschauen in einem angemessenen Alter sind.
6.3. Geschniegelt und gestriegelt
Der erste Eindruck zählt. Daher sollten Stute und Fohlen entsprechend zur Fohlenschau herausgeputzt werden. Die Pferde zuvor zu waschen, Mist- und Grasflecken zu entfernen, den Schweif durchzukämmen und die Mähne einzuflechten, ist daher angeraten. Zum Einflechten werden Mähnengummis in der Farbe der Mähen gewählt.
Der Huf-Schmied sollte zeitnah vor der Schau die Fohlenhufe rundgeschliffen haben und eventuelle, sich anbahnende Fehlstellungen korrigiert haben.
Kleiner Tipp: Damit die Hufe auch bei der Vorstellung sauber bleiben und kein Sand daran hängen bleibt, der die Optik stören könnte, kann das Hufhorn mit einer aufgeschnittenen Zwiebel eingerieben werden. So bleibt der Sand nicht daran kleben.
Damit Fundament und Gebäude besser zur Geltung kommen, empfiehlt es sich, den Kötenbehang und den Überstand aus den Ohren abzuschneiden. Finger weg von den Tasthaaren! Diese dürfen unter keinen Umständen abrasiert oder gekürzt werden, das wäre tierschutzwidrig.
Auch der Züchter und sein Team, inklusive der Vorführer sind sauber und angemessen gekleidet. Es hat sich eingebürgert, dass das Züchterteam ein T-Shirt mit Emblem des Verbandes oder des Gestüts trägt, dazu eine schwarze oder weiße Hose, dunkle oder helle Laufschuhe und Handschuhe, um Verletzungen zu vermeiden.
6.4. Notfallplan und Notfallkoffer
Unterwegs ist der Führstrick kaputt gegangen? Oder das Fohlen hat sich im Anhänger in den Mist gelegt und ist nun fleckig? Ein Notfallkoffer ist bei einer Fohlenschau, neben der üblichen Stallapotheke, nie verkehrt. Damit die Vorstellung von Stute und Fohlen reibungslos klappt und beide wie aus dem Ei gepellt aussehen, sollte folgendes immer mit dabei sein:
- Putztasche
- Mähnen- und Schweifspray
- Mähnengummis
- Babyöl und weiches Tuch, um kurz vor dem Auftritt über Nüstern und Augen zu gehen
- Ersatzstrick
- Handschuhe
Vorsicht im Umgang mit Babyöl: Dieses am besten nur für die Nüstern und um die Augen benutzen. Zwar kann das Öl dem Fohlen zu einem schimmerndem Finish verhelfen, jedoch würde es Staub magisch anziehen. Und damit wäre die vorangestellte Putzroutine vergebens gewesen.
Autorin: Mirjam-Sophie Freigang