Die Vielfalt des Fahrsports
Der Fahrsport erfährt seit Jahrzehnten einen steten Aufschwung unter Pferdesportlern. Die Herausforderung, Kommunikation und Vertrauen zwischen Pferd und Kutscher aufzubauen, ist eine andere als beim Reiten. Und die Vielfalt an Disziplinen machen den Fahrsport immer beliebter.
Inhaltsverzeichnis
Der Fahrsport ist nicht so weit verbreitet wie der Reitsport, hat in den letzten Jahrzehnten allerdings einen stetigen Aufschwung erfahren. Beim Fahrsport handelt es sich um eine Form des Pferdesports, wobei Pferde einen Wagen oder eine Kutsche ziehen. Nicht nur im Freizeitfahren und Turniersport sieht man vor der Kutsche eingespannte Pferde. Auch gewerbliche Kutschfahrten sind für verschiedene Anlässe sehr beliebt. Die Vielfalt des Fahrsports lernst du nachfolgend kennen.
Die Geschichte des Fahrsports
Bereits vor tausend Jahren wurden Pferde vor Wagen angespannt. Man brauchte sie zum Lastentransport, in der Land- und Forstwirtschaft oder im Krieg zum Ziehen von Streitwagen. Aber auch zur Belustigung des Volkes zu Zeiten der Griechen und Römer wurden Pferde für Wagenrennen eingespannt.
Durch die Motorisierung in der Industriellen Revolution verloren von Pferden gezogene Wagen immer mehr ihre Bedeutung. Stattdessen verschob sich das Kutsche Fahren von einem Nutzen hin zu einer Freizeitbeschäftigung bis hin zum Sport. So wurde die erste Fahrprüfung 1925 auf einem der preisträchtigsten Turniere in Aachen ausgeführt. 1969 wurde das Fahren schließlich von der FEI offiziell als Prüfung auch im internationalen Pferdesport anerkannt. Nur wenige Jahre später, 1972, fand die erste Weltmeisterschaft im Vierspännerfahren statt.
Der Pionier des Fahrsports ist Benno von Achenbach. Noch heute wird auf deutschen Turnieren von der FN ausgeführt das Achenbach-Fahrsystem verlangt. Wer nicht nach Achenbach fährt, erhält einen Punktabzug von 0,5 Punkten.
Bis heute gilt Achenbach als Grundlage der europäischen Fahrlehre, worauf auch die Ausbildung des Fahrpferdes aufgebaut wird. Es gibt 7 Grundsätze des Achenbach-Systems:
- Zum korrekten Fahren gehören die Achenbachleinen, eine Peitsche und eine feste Bracke (keine Spielwaage).
- Das korrekte Vier- und Mehrspännigfahren baut auf ebenso korrektes Ein- und Zweispännigfahren auf.
- Gefahren wird mit links. Der Fahrer muss jederzeit die rechte Hand zum Grüßen, Bremsen, die Peitschenhilfe etc. freihaben.
- Wendungen werden ausschließlich durch das Nachgeben der äußeren Leinen eingeleitet, wobei der Wendung ein Verkürzen des Tempos vorausgeht.
- Allein die senkrechte Stellung der Fäuste ermöglicht eine Wendung durch Drehen der Handgelenke.
- Da der Fahrer rechts auf dem Bock sitzt, werden Rechts- und Linkswendung unterschiedlich gefahren.
- Das Gleitenlassen der Leinen durch die Hände ist gefährlich und verboten, weil dadurch das korrekte Fahren nicht möglich ist.
Grundkenntnisse und Ausrüstung des Fahrsports
Der Fahrsport ist mit sehr viel Material, Geld und Aufwand verbunden. Im Gegensatz zum Reitsport gehört eben nicht nur ein Pferd mit Sattelzeug und Zaumzeug dazu. Mitunter sind es mehrere Pferde, die zu einem Gespann gehören, auch Geschirr und Kutsche müssen untergebracht werden. Besonders wichtig ist, dass die Ausrüstung des Fahrsports jederzeit sicher und verkehrstüchtig ist, um Unfälle zu vermeiden.
Ausrüstung des Fahrsports – Checkliste:
- Kutsche oder Wagen
- Fahrzaum mit Kehlriemen, Stirnriemen, abnehmbaren Blendklappen
- Gebiss oder Fahrkandare
- Geschirr bestehend aus Brustblatt, Kammdeckel (und Halsriemen bei Mehrspännern), Bauchgurt, Schweifriemen, Zugstränge
- Fahrleinen
- Bogenpeitsche
- Erste-Hilfe-Koffer
Für die Sicherheit:
- Handschuhe
- Festes Schuhwerk
- Reithelm (beim Geländefahren)
- Sicherheitsweste (beim Geländefahren)
- Unterlegkeile
- Warnweste und -dreieck
- Winkerkelle
Kutschenarten: Welche Kutschen gibt es?
Durch die über tausendjährige Entwicklung der Kutschen und Wagen gibt es heute eine Vielzahl an Kutschenarten. Die wichtigste Unterteilung wird hierbei in einachsige und zweiachsige Kutschen vorgenommen:
Einachsige Kutschen:
- Sulky (Trabrennen): Der Fahrer sitzt direkt hinter dem Pferd, es ist Platz für nur einen Fahrer
- Gig: Ähnlich dem Sulky, auf dem allerdings zwei Personen Platz haben
- Quadriga: Römischer Kampfwagen
- Dog Cart: Einspänner mit Verdeck
Zweiachsige Kutschen:
- Dressurwagen: Der Tradition entsprechende Kutsche mit neuen Techniken. Es gibt verschiedene Formen, z.B. Jagdwagen, Phaeton, Wagonette etc. für den Turniersport. Dressurwägen können ein- oder zweispännig gefahren werden.
- Marathonkutsche: Für Geländeprüfung auf Fahrturnieren mit rasanten Wendungen, aus robustem Leichtmetall. Eine oder mehr Begleitpersonen stehen hinten auf, um durch Gewichtsverlagerungen die Kutsche in Balance zu halten.
- Viktoria: Eine historische, geschlossene Kutsche oder Kutsche mit hochklappbarem Halbverdeck, kann zwei bis vierspännig gefahren werden.
- Landauer: Wagenkasten mit zwei gegenüberliegenden Sitzbänken und zusammenklappbarem Lederdach. Wird meist zweispännig zu besonderen Anlässen gefahren, z.B. Hochzeiten oder zum Fahren von hochgestellten Persönlichkeiten
- Kremser: Ein Planwagen, der von zwei Kaltblütern gezogen wird. Hier haben 12 bis 30 Personen Platz. Kremserfahrten finden zu größeren Anlässen wie Himmelfahrt oder Touristenrundfahrten statt.
Grundlage des Kutsche Fahrens: Die Leinenhaltung
Nach Achenbach gehört zum korrekten Fahren eine richtige Leinenhaltung dazu. Die Grundlagen müssen hierbei sitzen, denn je mehr Pferde zum Gespann zählen, desto aufwändiger wird die Leinenhaltung. Daher muss der Fahrer im Schlaf wissen, wie er die Leinen zu halten hat. Es gibt drei Haltungen: Die Gebrauchshaltung und Dressur- oder Arbeitshaltung bauen auf die Grundhaltung auf. Die folgenden Beschreibung der Leinenhaltung konzentrieren sich der Einfachheit halber auf zwei Leinen, also das einspännig fahren.
Grundhaltung
Bei der Grundhaltung liegen beide Leinen in der linken Hand: Die linke Leine liegt über dem Zeigefinger, der Daumen ist leicht geöffnet. Die rechte Leine wird zwischen Mittel- und Ringfinger hindurchgelegt. Dabei wird die linke Hand als Faust senkrecht vor der Oberkörpermitte getragen. In der rechten Hand befindet sich die Peitsche. Das Leinenende hängt nach außen über dem linken Oberschenkel. Diese Haltung darf nicht aufgegeben werden, sie bildet die Basis für die Gebrauchs- und Dressurhaltung.
Gebrauchshaltung
Sie dient zur Entlastung der linken Hand und zum Verkürzen oder Verlängern der Leinen, beispielsweise in Wendungen oder bei Tempowechseln.
Die Grundhaltung der linken Hand bleibt bestehen. Die rechte Hand greift nun vor die linke. Mit den drei unteren Fingern wird die rechte Leine genommen, mit Daumen und Zeigefinger nimmt die rechte Hand die linke Leine auf.
Es ist wichtig, dass die Leinen hierbei nicht einfach durch die rechte Hand hindurchrutschen. Sie müssen mit der rechten Hand wie beschrieben gegriffen oder losgelassen werden. Nur so ist korrektes Fahren möglich.
Arbeitshaltung oder Dressurhaltung
Aus der Gebrauchshaltung heraus zieht die rechte Hand die rechte Leine aus der linken Hand heraus. Beide Hände befinden sich nun aufrechtstehend nebeneinander.
Was sind die Eigenschaften des idealen Fahrpferdes?
Grundsätzlich kann jedes Pferd eingefahren werden, auch jedes Reitpferd kann zu einem Kutschpferd ausgebildet werden. Allerdings gibt es wie in der Reitpferdezucht auch Züchtungen, die die Tauglichkeit als Fahrpferd zum Ziel haben. Gerne und häufig zum Fahren eingesetzte Pferderassen sind unter anderem Shetlandponys, Friesen, Schwere Warmblüter, Freiberger, Clydesdales und andere Kaltblutrassen und Traber.
Das Exterieur des Fahrpferdes ist idealerweise rechteckig und kräftig. Eine schräge Schulter nimmt das Fahrgeschirr gut auf und ermöglicht raumgreifende Bewegungen der Vorhand. Damit sieht besonders der Trab vor der Kutsche imposant aus. Weiterhin sollte das Kutschpferd elastische, ausdrucksstarke Grundgangarten aufweisen, damit es den Wagen mühelos ziehen kann und vor allem auf dem Turnier ein gutes Bild abgibt.
Ebenso wichtig ist das Interieur und der Charakter eines Fahrpferdes: Kutschpferde müssen nervenstark, ausgeglichen und ruhig sein, um sich nicht durch ihre Umgebung verschrecken zu lassen. Gleichzeitig sollten sie arbeitswillig und aufmerksam sein, wie auch einen kontrollierbaren Vorwärtsdrang haben.
Einige dieser Eigenschaften lassen sich mit einer systematischen Ausbildung antrainieren. Dennoch ist es grundsätzlich hilfreich, wenn es sich um von Natur aus wenig schreckhafte Pferde handelt, um Unfälle zu vermeiden.
Im Verlauf der Ausbildung entwickelt das angehende Fahrpferd mehr Kraft und Balance, genauso wie Durchlässigkeit, fein und präzise auf die Hilfen zu reagieren.
Die wichtigsten Elemente in der Ausbildung zum Fahrpferd
Der Fahrsport kann eine gefährliche Angelegenheit werden, wenn das Pferd nicht korrekt darauf vorbereitet wurde. Erschreckt es sich, springt zur Seite oder geht durch, kann das mit der Kutsche im Schlepptau schwerwiegende Folgen für Pferd und Mensch haben. Neben einer fundierten Ausbildung von Pferd und Fahrer ist auch eine klare Kommunikation zwischen ihnen entscheidend. Die Ausbildung eines Kutschpferdes darf kein Crashkurs sein, sondern nimmt mindestens zwei bis drei Monate in Anspruch. Eine kürzere Ausbildungszeit sollte nicht angestrebt werden, da diese sonst zu Überforderung des Pferdes führen würde. Bei jungen Pferden, die noch nie gearbeitet wurden, weder vom Boden noch unter dem Sattel, sollte entsprechend mehr Zeit zum Einfahren eingeplant werden.
Das Pferd einfahren
Die Skala der Ausbildung gilt nicht nur für Reitpferde, sondern auch für Fahr- und Zugpferde. Die einzelnen Elemente der Ausbildungsskala Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichten und Versammlung dienen als Wegweiser. Bodenarbeit und Dressur bilden daher eine hervorragende Grundlage für den Fahrsport, damit das Fahrpferd langfristig gesundbleibt.
Zum Einfahren muss schrittweise und an das Tempo des Pferdes angepasst vorgegangen werden. Jeder Schritt baut auf den vorherigen auf und festigt damit die Fortschritte nachhaltig.
Gestartet wird mit der Arbeit an der Doppellonge. Hier wird das Pferd an seine Zugposition gewöhnt und es lernt die grundsätzliche Hilfengebung. Durch die Doppellongenarbeit und viel Bodenarbeit wird das Pferd gymnastiziert und körperlich auf die Zugarbeit vorbereitet. Vom Boden aus werden die Grundkommandos gelehrt, Tempiwechsel, Übergänge, Abwenden und Anhalten, ebenso wie das ruhig Stehenbleiben.
Wenn die Grundlagen stehen, geht es an die Desensibilisierung. Das Pferd wird mit dem Tragen des Geschirrs vertraut gemacht, mit den Strängen, die zwischen die Beine rutschen können und den Umgebungslärm. Die Desensibilisierung ist für die Verlässlichkeit des zukünftigen Fahrpferdes unentbehrlich. In diesem Schritt kann die Schleppe hinzugenommen werden, bei der das Pferd ein Gewicht hinter sich herzieht. Es muss nicht nur an den Zug auf der Brust und Schultern, sondern auch an das Schleifgeräusch hinter sich gewöhnt werden. Damit nimmt man ihm die Angst, in Fluchtmodus zu schalten.
Im dritten Schritt geht es an das eigentliche Einfahren: Durch die intensive Vorbereitung sollte das Pferd nun weniger Probleme mit dem ersten Anspannen haben. Wichtig ist, dass auch dieser Schritt detailliert vorbereitet wird, damit es nicht zu fahrlässigen Fehlern kommt. Erschreckt sich das Pferd und gerät halb eingespannt in Panik, kann sich das im Gedächtnis des Pferdes einprägen. Und schlechte Erinnerungen lassen sich nur schwer aus dem Gedächtnisspeicher löschen oder überschreiben.
Zum Einfahren wird in der Regel ein Einfahrwagen mit kleinen Rädern, aber breiterem Radabstand genommen. Dieser hat eine sehr stabile Lage. Manche Ausbilder setzen auf einen leichten Sulky. Wichtig ist eine Zweitperson, die neben dem Pferd hergeht und es gegebenenfalls beruhigen kann. Auch die Unterstützung durch ein erfahrenes Zweitpferd kann hilfreich sein, das dem unerfahrenen Pferd die nötige Ruhe vermittelt. Andere Ausbilder ziehen allerdings das einspännig Einfahren dem Zweispännigen vor, da beim Einspänner die Deichsel in der Mitte wegfällt, die das unerfahrene Pferd irritieren könnte.
Kommandos und Signale beim Kutsche Fahren
Beim Kutsche Fahren fallen die Gewichts- und Schenkelhilfen weg, die man beim Reiten hauptsächlich einsetzt. Daher muss die Kommunikation zwischen Fahrer und Zugpferden durch Leinen, Peitsche und Stimme erfolgen. Weiterhin kommt die Bremshilfe dazu. Die Hilfen müssen so präzise wie möglich gegeben werden, damit vor allem beim Mehrspännigfahren nur das Pferd angesprochen wird, das gemeint ist. Hierfür gilt es in erster Linie, sich selbst zu trainieren und die Hilfen zu verinnerlichen.
- Leinenhilfen: Es gibt die annehmende und nachgebende Leinenhilfe. Die Leinen werden niemals gezupft oder geschlagen.
- Peitschenhilfen als Unterstützung der Stimmhilfen. Es gibt die vorwärts treibenden, seitwärts treibenden, verwahrenden, versammelnden und strafenden Peitschenhilfen. Sie werden immer von außen in Bauchgurtnähe gegeben und imitieren den Schenkeldruck des Reiters nach. Strafende Peitschenhilfe werden nur bei dringender Notwendigkeit an der Schulter gegeben. Die Peitsche wird niemals geknallt.
- Stimmenhilfen wirken aufmunternd oder beruhigend. Der Nachteil bei Zwei- oder Mehrspännern ist, dass alle Pferde darauf reagieren. Um Verwirrung bei den Pferden zu vermeiden, sollte für ein Kommando immer dasselbe Signal gegeben werden.
- Bremshilfen entlasten die Pferde bei Bergabfahrten oder beim Verringern des Tempos. Wichtig ist, dass Bremshilfen immer mit vorangestellten Paraden der Leinen eingeleitet werden. Die Bremse sichert außerdem den Wagen beim Abstellen.
Der Fahrsport national und international
Mit der ersten Weltmeisterschaft der Vierspänner 1972 hat sich der Fahrsport auch international im Pferdesport etabliert. Fahrturniere werden in Ein-, Zwei- und Vierspänner unterteilt. Dabei ist es gleich, ob in der jeweiligen Klasse Pony-, Warmblut- oder Kaltblutgespanne gegeneinander antreten. Das ist der große Unterschied zu anderen Pferdesportdisziplinen, wobei Pferde unter anderem nach Größe unterteilt werden. Fahrturniere werden weiterhin in Schwierigkeitsgrade bzw. Klassen von E und A über M bis S aufgeteilt. Auf die Klasse L wird im Fahrsport verzichtet.
Disziplinen im Fahrsport:
Die unterschiedlichen Disziplinen zeigen die große Vielfalt des Fahrsports, die ebenso bunt wie der Reitsport ist.
Dressurfahren
Beim Dressurfahren wird wie bei der gerittenen Dressur eine vorgegebene Aufgabe im Fahrviereck gefahren. Diese setzt sich zusammen aus Hufschlagfiguren, Tempowechsel und Übergängen. Bewertet wird vor allem die Gymnastizierung und der Ausbildungsstand des Pferdes. Auch die Bekleidung, Ausrüstung und das Pferd sollten stilecht ausgestattet sein.
Geländefahren oder Marathonprüfung
Die rasanteste und spektakulärste Fahrprüfung ist das Geländefahren. Hierbei müssen die Gespanne verschiedene natürliche und künstliche Hindernisse durchqueren, wie Brücken, Bachläufe und enge, kurvenreiche Wege. Die Gesamtstrecke von 15 bis 18 km wird in drei bis fünf Teilstrecken untergliedert. Diese müssen in einer vorgegebenen Zeit absolviert werden. Unerlässlich ist der Groom, der Beifahrer, der hinten auf dem leichten Marathonwagen steht und diesen durch Gewichtsverlagerung in den engen Kurven stabilisiert.
Hindernisfahren oder Kegelfahren
Die Gespanne werden durch einen engen Parcours aus Kegeln mit aufgelegten Bällen hindurchgefahren. Dabei müssen sie innerhalb der vorgeschriebenen Zeit bleiben. Bei Zeitüberschreitung, Verweigerung oder Touchieren der Hindernisse gibt es Punktabzug.
Diese drei Fahrdisziplinen können als Einzelprüfung oder kombiniert angegangen werden.
Distanzfahren
Beim Distanzfahren muss die Gesamtstrecke in einer vorgeschriebenen Zeit hinter sich gebracht werden. Die Gespanne fahren dabei 25 bis 160 km am Tag. Auch Mehrtagesfahrten sind möglich. Alle 25 km wird eine Pause eingelegt, in der sich die Pferde erholen und tierärztlich untersucht werden können.
Bekannte Namen des Fahrsports
Der Fahrsport ist von den Turnierplätzen nicht mehr wegzudenken. Im Fahrsport messen sich die Besten nicht nur auf regionaler Ebene, sondern auch auf der Deutschen Meisterschaft im Fahren, im Bundeschampionat der Deutschen Fahrpferde, der Europameisterschaft, Weltmeisterschaften und sogar den Olympischen Spielen. Der aktuelle Bundestrainer der Fahrer ist Karl-Heinz Geiger.
Die Spitze der Turnierfahrer wird in Championats-, Perspektiv- und Nachwuchskader unterteilt.
In der deutschen Fahrsportszene haben sich Namen wie Michael und Steffen Brauchle, Mareike Harm, Anna und Christoph Sandmann, Georg von Stein oder René Poensgen etabliert, die die Rangliste im Vierspännerfahren anführen. Bekannte Namen der Zweispänner sind Max Berlage, Dennis Schneider oder Carola Slater-Diener. Die Rangliste der Einspänner führen Dieter Lauterbach, Anne Unzeitig und Jessica Wächter an (Stand 2022).
International ist Turnierfahrern unter anderem Boyd Exell, Bram Chardon oder Chester Weber ein Begriff. Chester Weber im Interview, wie kam er zum Fahrsport und was macht den Fahrsport für ihn besonders?
Ist ein Kutschenführerschein Pflicht?
Für alle Kutschenfahrer, die ihre Gespanne auf öffentlichen Straßen und Wegen fahren wollen, benötigen einen Kutschenführerschein. Hierbei unterscheidet man zwischen dem Kutschenführerschein A für Privatpersonen und dem Kutschenführerschein B für gewerbliche Kutscher.
Warum gibt es den Kutschenführerschein?
Sobald das Gespann auf öffentliche Straßen geleitet wird, wird der Kutscher zum Verkehrsteilnehmer. Wie auch beim Autoführerschein stellt der Kutschenführerschein sicher, dass der Kutscher zum Fahren auf Straßen befähigt und qualifiziert ist. Ein Kutschenführerschein dient also vor allem der Unfallprophylaxe.
Das Ganze geht auf eine Initiative zurück, da der Fahrsport, vor allem von Tierschutzorganisationen kritisch beäugt wird. Man wollte ein einheitliches System in Deutschland schaffen, dass die fachliche Qualifikation der Kutscher gewährleistet. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung fordert, dass jeder Fahrer, der sich mit einem Gespann im Straßenverkehr bewegt, über den Kutschenführerschein A Privatperson verfügt. Allerdings ist der Kutschenführerschein nicht bundesweit gesetzlich verankert. Dennoch ist er als Sachkundenachweis bei Unfällen oder einem Versicherungsfall unerlässlich.
An wen richtet sich der Kutschenführerschein?
Der Kutschenführerschein richtet sich an jeden Kutscher, der sein Gespann in den öffentlichen Straßenverkehr bringt. Das gilt sowohl für Privatpersonen (Kutschenführerschein A) als auch gewerbliche Kutschenfahrer (Kutschenführerschein B).
Private Kutschenfahrer ohne turniersportliche Ambitionen müssen die Prüfung zum Führerschein A ablegen. Für private Kutschenfahrer mit Turnierambitionen hingegen benötigen für den Turniersport mindestens das Fahrabzeichen 5. Da sich viele Inhalte mit der Qualifikation zum Führerschein A überschneiden, gibt es beim FA5 die Möglichkeit eines zusätzlichen Sicherheitsmoduls. So muss die Prüfung zum Sachkundenachweis nicht doppelt abgelegt werden. Der Kutschenführerschein A ist unbegrenzt gültig.
Zu den gewerblichen Kutschenfahrern gehören alle, die für Fahrten und Personentransporte Entgelt verlangen. Diese müssen den Kutschenführerschein B absolvieren, wobei der Führerschein A Voraussetzung ist. Die Prüfung unterscheidet sich durch die Erweiterung zu den Themen Personenförderung, Ladungssicherung, Fahren mit schwerem Zug und technische Anforderungen. Der Kutschenführerschein B ist 5 Jahre gültig. Er kann durch Fortbildungen von 8 Lerneinheiten verlängert werden.
Häufig gestellt Fragen rund um den Fahrsport
Ab wann darf man ein Pferd fahren?
Die Leitlinien zum Fahren empfehlen, ein Pferd erst im Alter von fünf Jahren vor die Kutsche zu spannen. Bei den von der FN ausgerichteten Prüfungen zum Fahrabzeichen sind die eingesetzten Pferde mindestens fünf Jahre alt, beim Ablegen der Kutschenführerschein-Prüfung mindestens vier Jahre.
Wie beim Reiten muss das Pferd sowohl in der körperlichen als auch mentalen Verfassung sein, eine Kutsche zu ziehen. Daher sollte man frühestens mit dem Einfahren im Alter von zwei Jahren beginnen, besser noch mit drei Jahren. Die Altersangabe darf allerdings nicht pauschal auf alle Pferde bezogen werden. Denn vor allem Ponys sind Spätentwickler und demnach körperlich nicht so weit entwickelt wie ein Warmblüter in demselben Alter.
Handelt es sich beim Fahrpferd außerdem um ein Jungpferd, sollte das Einfahren nicht zeitgleich mit dem Einreiten stattfinden. Damit verhindert man, dass das Pferd die neuen Kommandos nicht durcheinanderbringt. Soll das Pferd hauptsächlich als Kutschpferd dienen, sollte mit dem Einfahren begonnen werden. Die Stimmkommandos und die Gewöhnung ans Geschirr können später beim Einreiten nützlich sein.
Wie lange darf ein Zugpferd fahren?
Wie lange ein Zugpferd am Stück arbeiten darf, wird den Kutschern in den Leitlinien nahegelegt. Eine rechtliche Verordnung gibt es auch hier nicht. Da Kutschpferde Arbeitstiere sind, benötigen sie sowohl eine Pause als auch ein Tageslimit. Pro Tag darf ein Kutschpferd nicht länger als neun Stunden arbeiten. Weiterhin benötigen sie alle vier Stunden eine mindestens halbstündige Pause. Bei hohen Temperaturen sind die Pausen auf alle 2 Stunden in den Schatten zu legen. Weiterhin muss der Kutscher eine Trinkmöglichkeit für die Pferde bereithalten. Auf längeren Strecken ist Raufutter mitzuführen.
Die Fahr- und Ruhezeiten tragen gewerbliche Kutscher ihre in einem Fahrtenbuch ein, das sie mit sich führen. Dies muss dann bei etwaigen Kontrollen vorgezeigt werden.
Wie lange das einzelne Pferd fahren darf, ist von seinem Ausbildungsstand bzw. seinem Trainingszustand abhängig. Sie dürfen nicht über ihre Belastungsgrenze hinaus ermüdet werden. Die Anforderungen an junge Fahrpferde müssen bezüglich Dauer und Zuggewicht langsam gesteigert werden.
Wie kann man mit dem Fahrsport beginnen – gibt es Kurse oder Lehrgänge?
Immer mehr junge Menschen begeistern sich für den Fahrsport, er ist lange nicht mehr den „alten Herren“ vorbehalten. Dabei gibt es wie auch im Reitsport eine gute Organisation des Fahrsports durch die FN und ein großes Netzwerk an Fuhrbetrieben.
Allerdings sind Fahrschulen nach wie vor nicht so häufig vertreten wie Reitschulen. Zum Teil muss man als Fahrschüler mehrere Kilometer in Kauf nehmen, um zu seiner Fahrschule zu gelangen. Die Suche im Internet oder die Auskunft über die FN legen das Netzwerk aus Kutschern, Fuhrbetrieben, Fahrschulen und Fahrsportlern allerdings offen.
Viele Fuhrbetriebe geben Kurse und Lehrgänge für unterschiedliche Ausbildungsstände von Fahrer und Pferd. Wer grundlegend mit dem Fahren anfängt, der lernt in einer Fahrschule an erfahrenen Zugpferden. Und wer bereits ein eigenes Gespann besitzt, kann sich Hilfe in einem Fahrsportverein holen.
Welche Kosten sind mit dem Fahrsport verbunden?
Der Fahrturniersport kann eine teure und aufwendige Angelegenheit werden. Denn im Gegensatz zum Reitsport muss neben dem Pferd und sein Geschirr auch die Kutsche transportiert und untergebracht werden. Unter Umständen müssen mehrere Pferde transportiert werden. Bereits die Anreise zum Fahrturnier gestaltet sich daher als aufwendig und kostenintensiv, insbesondere bei Übernachtungen.
Die Anschaffungskosten der Kutsche und Geschirre können anfangs abschrecken. Wer eine gebrauchte Kutsche kaufen möchte, um die Kosten geringer zu halten, der sollte zwingend darauf achten, dass diese nach wie vor straßentauglich und verkehrssicher ist.
Wie groß hierbei die Kosten für eine Kutsche ausfallen, ist vom jeweiligen Wagen abhängig. Einen gebrauchten Einfahrwagen kann man ab 4.000 € erstehen, eine kleine Ponykutsche oder einen Gig/ Sulky können mit 3.000 € kostengünstiger ausfallen. Entsprechend höher fallen die Kosten bei neuwertigen Kutschen aus.
Die Kosten für Kutschgeschirre variieren stark von den Herstellern und Sattlereien. In Online Reitsportgeschäften lassen sich komplette Einspännergeschirre bereits ab 300 € erwerben, während manche Sattlereien für Maßanfertigungen von Einspännern 2.000 € und mehr verlangen.
Wie viele Personen passen in eine Kutsche?
Wie viele Personen auf der Kutsche Platz haben, ist von der Kutschenart abhängig. Die Personenanzahl, die für die jeweilige Kutschenart vorgesehen ist, darf demnach nicht überschritten werden. In einen Sulky passt lediglich eine Person, während in einen Planwagen je nach Größe bis zu 30 Personen Platz finden.
Wichtig hierbei ist, dass das Gesamtgewicht der Kutsche inkl. Kutscher und aller Fahrgäste das doppelte Gewicht des Zugpferdes nicht überschreiten darf. Schon allein die Kutsche kann nämlich zwischen 600 bis 1.000 kg wiegen. Allerdings muss man den Widerstand der Reifen, das Gefälle und die Oberflächenbeschaffenheit des befahrenen Geländes in die Betrachtung einbeziehen. Auch die Gängigkeit der Kutsche muss berücksichtigt werden. Eine leicht gängige Kutsche lässt sich selbstverständlich leichter ziehen als eine, die mehr Widerstand hat. Fährt die Kutsche zum Beispiel über eine glatte, ebene Oberfläche, kann das Pferd sogar das Dreifache seiner Selbst ziehen. Man muss also immer das Gesamtbild im Blick haben.
Welche körperlichen und mentalen Anforderungen stellt der Fahrsport an den Fahrer und das Pferd?
Der Kutscher ist verantwortlich für die Verkehrssicherheit, begonnen bei passender, intakter Ausrüstung, über eine fundierte Ausbildung des Pferdes bis hin zu einem reibungslosen Ablauf der Kutschfahrt. Er kennt sich mit den Verkehrsregeln und örtlichen Gesetzen zum Fahren auf Straßen, Feld- und Waldwegen aus. Daher sollte er zu jeder Zeit fahrtüchtig und zurechnungsfähig sein, darf also nicht unter Alkohol oder anderen Substanzen stehen. Um seine Sachkunde nachweisen zu können, benötigt er einen Kutschenführerschein A oder B.
Das Zugpferd sollte körperlich in der Lage sein, das Gewicht der Kutsche ohne Schäden zu ziehen. Es braucht neben dem Ziehen der Kutsche regelmäßig freie Bewegung, um ausgeglichen zu sein. Damit es nicht zu Unfällen kommt, sollte sich das Pferd durch Nervenstärke und einen ruhigen, aber arbeitswilligen Charakter auszeichnen.
Wo kann man Kutsche fahren?
Mit der Kutsche kann nahezu überall gefahren werden, wo befestigte Wege und Straßen sind. Manche Wege, zum Beispiel Waldwege, sind für Gespanne allerdings gesperrt – entsprechend gekennzeichnet durch Hinweisschilder. Vor einer Tour sollte man sich mit den regionalen Vorgaben und Gesetzen auseinandersetzen und das Streckennetz kennen, um Konflikte zu vermeiden.
Ist Kutsche fahren Tierquälerei?
Wie der Reitsport generell fällt auch der Fahrsport bei der Öffentlichkeit hin und wieder in ein schlechtes Licht. Korrekt ausgeführt ist der Fahrsport keine Tierquälerei. Korrekt bedeutet, dass die Ausrüstung passt, Pferd und Fahrer eine fundierte Grundausbildung erfahren haben, die Zugpferde gesund und gepflegt sind und der Fahrer vernünftig und zurechnungsfähig ist. Außerdem gibt es Vorgaben, wie schwer das Zuggewicht für die Pferde sein darf. Entsprechend muss das Tempo angemessen sein. Wer seine Fahrpferde auf Grundlage der Skala der Ausbildung ausgebildet hat, hat dafür Sorge getragen, dass die Pferde gelernt haben, ihren Körper angemessen einzusetzen. Dadurch nehmen sie durch die Zugarbeit keinen Schaden. Die Pferde sollten zudem regelmäßig einem Tierarzt und Hufschmied vorstellig sein.
Autorin: Mirjam-Sophie Freigang