Hengsthaltung: Richtlinien für ein gesundes und glückliches Pferdeleben

Hengsthaltung: Richtlinien für ein gesundes und glückliches Pferdeleben

Die Hengsthaltung ist ein Bereich des Pferdemanagements, der eine besondere Verantwortung und Achtsamkeit erfordert. Die richtige Haltung von Hengsten ist entscheidend für das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Hengste. In diesem Artikel werden wir die wichtigsten Aspekte der Hengsthaltung untersuchen und praktische Tipps für eine erfolgreiche Umsetzung geben.

Inhaltsverzeichnis

Warum ist die richtige Hengsthaltung wichtig?

Die richtige Hengsthaltung ist aus mehreren Gründen von zentraler Bedeutung. Zunächst sorgt sie für das Wohlbefinden des Tieres. Eine artgerechte Unterbringung, die genügend Bewegungsfreiheit bietet, trägt zur Gesundheit und zum sozialen Verhalten des Hengstes bei. Des Weiteren spielt die Hengsthaltung eine wichtige Rolle in der Zucht. Die Vermeidung von Stress und die Gewährleistung einer ausgewogenen Ernährung sind für die Fortpflanzung entscheidend. Auch die Sicherheit von Menschen und anderen Tieren im Umgang mit dem Hengst darf nicht unterschätzt werden. Eine korrekte Haltung minimiert das Risiko von Verhaltensproblemen und Aggressionen. Letztlich ist die richtige Hengsthaltung auch ein Ausdruck von Tierethik und Respekt gegenüber dem Lebewesen, da sie dessen Bedürfnisse respektiert.

Was unterscheidet die Hengsthaltung von anderer Pferdehaltung?

In der natürlichen Umgebung haben Hengste die Verantwortung, ihre Herde zu schützen, sowohl vor potenziellen Angreifern als auch vor rivalisierenden Hengsten. Im Gegensatz zu kastrierten Wallachen sind Hengste stärker von ihren Hormonen und Emotionen geleitet, was sie im Umgang mitunter anspruchsvoller macht als Stuten oder Wallache. Dies kann manche Personen abschrecken, weshalb Hengste oft isoliert von anderen Pferden gehalten wurden, um potenzielle Risiken zu minimieren.

In der freien Wildbahn werden andere Hengste als Konkurrenz betrachtet, die es zu bekämpfen und zu vertreiben gilt, um die eigene Herde zu schützen und die eigenen Gene weiterzugeben. Die Haltung mehrerer Hengste in einer Gruppe erfordert daher besondere Vorsichtsmaßnahmen. Dennoch, wenn alle erforderlichen Bedingungen erfüllt sind, steht einer zeitgemäßen Hengsthaltung im Einklang mit den Bedürfnissen des Pferdes nichts im Wege.

Es ist wichtig, ausreichend Auslauf zur Verfügung zu stellen, die richtige Zusammensetzung der Gruppe zu berücksichtigen, stabile Zäune und Boxen zu verwenden und, um den Stress für die Hengste zu minimieren, auf die Anwesenheit von Stuten zu verzichten.

Wie kann eine richtige Hengsthaltung aussehen

Die richtige Haltung von Hengsten, insbesondere wenn mehrere zusammengebracht werden, stellt eine allgemeine Herausforderung dar, die ein umfassendes Fachwissen erfordert. Personen, die sich der Hengsthaltung widmen möchten, sollten über umfangreiche Erfahrung verfügen und diese Aufgabe nicht unterschätzen. Es ist von entscheidender Bedeutung, die natürlichen Verhaltensweisen von Hengsten zu verstehen, um sie erfolgreich in der von Menschen gesteuerten Umgebung umsetzen zu können. Darüber hinaus ist eine realistische Einschätzung des Charakters eines Hengstes sowie des Verhaltens mehrerer Hengste untereinander wichtig, um potenzielle Gefahrensituationen zu erkennen und eine friedliche und harmonische Hengstgruppe zu fördern.

Zusätzlich erfordert die Gruppenhaltung von Hengsten viel Platz. Die Weiden, auf denen die Hengste zusammen gehalten werden, müssen groß genug sein, um ausreichend Raum für Ausweichbewegungen zu bieten und sicherzustellen, dass kein Hengst in die Enge getrieben wird. Es ist auch wichtig, dass die Hengste nicht in unmittelbarer Nähe von Stuten gehalten werden, da dies zu erheblicher Unruhe in der Gruppe führen kann. In natürlichen Umgebungen kommen Hengste ohne die Anwesenheit von Stuten oft in Gruppen zusammen. Insbesondere junge Hengste verbringen nach der Trennung von ihrer Mutterstute ihre Zeit in Junggesellenherden und trennen sich erst, wenn sie ihre eigene Herde gründen.

Boxenhaltung

Ein Beispiel für eine angepasste Boxenhaltung ist die Sozialbox, bei der der hintere Bereich durch Bretter vollständig von der benachbarten Box abgeschirmt ist. Im vorderen Bereich hingegen befinden sich Trennstäbe mit einem Abstand von etwa 30 cm, die den Kontakt zum Nachbarn ermöglichen. Hengste, die in angrenzenden Boxen untergebracht sind, profitieren von sozialen Interaktionen wie gegenseitiger Fellpflege und gemeinsamem Fressen. Sie haben auch die Möglichkeit, sich für mehr Privatsphäre zurückzuziehen. Eine Untersuchung des Schweizer Nationalgestüts Avenches befasste sich mit der Langzeitbeobachtung solcher gemeinschaftlich gehaltenen Hengste. Die Studie beleuchtete das Verhalten der Tiere unter diesen Bedingungen und lieferte Erkenntnisse über die Vorteile einer solchen Haltung.

In dieser Studie werden fünf Gruppen mit jeweils acht Hengsten des Nationalgestütes in Sozialboxen gehalten. Die Befürchtung, dass sich die Hengste durch diesen zusätzlichen Freiraum selbst oder gegenseitig verletzen könnten, hat sich nicht bestätigt. Während des mehrjährigen Versuchs kam es lediglich zu geringfügigen Blessuren wie Haarverlust, leichten Kratzern oder kleinen Schürfwunden, die sich ohne tierärztliche Behandlung selbstständig heilten. Die meisten Verletzungen traten oberhalb der Augen auf, wenn die Pferde den Kopf schnell zurück zogen.

Ein Stall mit Hengsthaltung, der artgerechte Bedingungen berücksichtigt, ermöglicht es den Tieren, ihr natürliches Sozialverhalten zu entfalten. Durch die erweiterten Bewegungsmöglichkeiten und den Kontakt zu Artgenossen konnten die Hengste in einem solchen Stall ihre sozialen Interaktionen intensivieren. Dies fördert das Wohlbefinden und kann zu einer entspannten Atmosphäre beitragen. Ein Reitstall mit Hengsthaltung, der die Eingewöhnungsphase sorgfältig plant, ermöglicht es den Tieren, sich an die neue Umgebung und die Stallgenossen zu gewöhnen. Nach einer gewissen Zeit der Anpassung nutzen die Hengste den zur Verfügung stehenden Raum häufig zum gemeinsamen Spielen und Fressen, was ein Zeichen für eine erfolgreiche Integration und artgerechte Hengsthaltung ist.

Soziale Interaktionen sind wesentlich für das Wohlbefinden von Pferden. Anja Zollinger vom Agroscope unterstreicht die Relevanz verbesserter Lebensstandards für Zuchthengste, bei gleichzeitiger Minimierung des Verletzungsrisikos. Die am Schweizer Nationalgestüt Avenches eingeführten Sozialboxen bieten eine bedeutende Verbesserung im Vergleich zu traditionellen Boxenhaltungen – ein Vorteil, der nicht nur Hengsten, sondern allen Pferden zugutekommt. Die Optimierung der Haltungsbedingungen spiegelt sich in einer ausgeglicheneren Verhaltensweise und einer gesteigerten Lebensqualität wider. Es ist ein zentrales Anliegen, solche Fortschritte zu fördern, um das Wohl unserer Pferde sicherzustellen.

Weidehaltung

Ähnlich wie bei Wallachen oder Stuten ist es möglich, Hengste in kleinen Herden auf der Weide zusammenleben und sich frei bewegen zu lassen. Pferde benötigen ausreichend Bewegung und Auslauf, daher ist täglicher Weidegang für jedes Pferd von großer Bedeutung. Optimalerweise verbringen die Pferde die Nacht in normalen Boxen oder Sozialboxen und werden tagsüber auf die Weide gelassen. Im Sommer können die Hengste auch 24 Stunden gemeinsam auf der Koppel bleiben und in einem Offenstall leben.

Bei der Zusammenstellung der Herde ist es wichtig, die individuellen Charaktere der Tiere zu berücksichtigen, um Konflikte aufgrund von Unverträglichkeiten zu vermeiden. Junge Hengste profitieren oft davon, wenn ein älterer Hengst oder Wallach in die Gruppe integriert wird, der die Führung übernehmen kann und als stabilisierendes Element wirkt. Außerdem sollte ein neuer Hengst nicht sofort in eine bestehende Hengstherde gelassen werden. Es ist ratsam, ihn zunächst ein bis zwei Wochen auf einer benachbarten Weide zu halten, damit er die anderen Hengste über den sicheren Zaun hinweg kennenlernen und sich an sie gewöhnen kann. Unter Berücksichtigung ausreichender Platzverhältnisse, einer passenden Kombination von Charakteren und einer angemessenen Eingewöhnungszeit können Hengste in der Regel harmonisch in Herden zusammenleben und ihren natürlichen sozialen Bedürfnissen nachkommen. Dies fördert das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Hengste und trägt auch dazu bei, dass sie im täglichen Umgang mit Menschen entspannter sind

Fazit

Natürlich ist die Gruppenhaltung von Hengsten kein einfaches Unterfangen. Es erfordert umfangreiches Fachwissen, Erfahrung und geeignete Rahmenbedingungen, um den Hengsten ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Ein entscheidender Faktor hierbei ist vor allem ausreichend Platz. Leider ist Platzmangel in vielen Pferdehaltungsbetrieben ein Problem.

Allerdings muss es nicht immer gleich Offenstallhaltung sein. Auch in konventionellen Boxenhaltungen gibt es Möglichkeiten zur Optimierung, die das Wohlbefinden der Hengste erheblich verbessern können. Sogenannte Sozialboxen können hier eine Möglichkeit zur Verbesserung sein.

Autor*in
Sina SchulzeKlinikenMehr VON CMH.TV

Tags