Faszination Islandpferd: Kleines Powerhorse mit vielen Gängen

Faszination Islandpferd: Kleines Powerhorse mit vielen Gängen

Der Isländer ist eine der beliebtesten Pferderassen, die sowohl im Freizeitsport als auch unter Turnierreitern gern gesehene Partner sind. Nicht allein ihr gutmütiges Wesen, auch ihre Veranlagung zu Tölt und Pass tragen dazu bei. Deutschland zählt neben dem Ursprungsland Island zu dem Land mit der größten Islandpferdepopulation.

Inhaltsverzeichnis

Zucht und Geschichte des Islandpferdes

Islandpferde kommen, wie ihr Name vermuten lässt, von der nordischen Insel Island. Aufgrund des Einfuhrverbots weiterer Pferde und durch strengen Zuchtregeln haben sich die Isländer zu einer der reinsten Pferderassen entwickelt. Ein Isländer, der aufs Festland verkauft wird, darf den Weg nicht mehr zurück auf die Insel finden. Doch wie kamen die Pferde auf die Insel?

Die ersten Pferde gelangten mit den Wikingern im 9. Jahrhundert nach Island, als diese vor dem norwegischen König flohen. Sie hatten germanische wie auch keltische Ponys bei sich, die sie von ihren Raubzügen in England und Irland mitbrachten. Aus der Kreuzung dieser beiden entstanden die uns heuten bekannten Islandpferde.

Als man versuchte, weitere Ponys einzufahren und mit den Inselpferden zu kreuzen, ging der Bestand durch eingefahrene Krankheiten stark zurück. Daher beschloss der Sage nach das Parlament Althing bereits im Jahr 930 die Einfuhr weiterer Pferde. Abgeschottet von der Außenwelt blieben Islandpferde seit über 1.000 Jahren rein und wurden somit zur ältesten bekannten Reinzucht.

Bis ins 19. Jahrhundert waren die Islandpferde das einzige Transportmittel auf der Insel. Mit dem Ausbau der Straßen ging die Bedeutung der Isländerzucht stark zurück, bis man sich in den 40er Jahren hauptsächlich auf die Zucht von Reitpferden konzentrierte. Einen weiteren Aufschwung erhielt die Isländerzucht mit dem Export-Boom nach Deutschland in den 50er und 60er Jahren. Hier erfuhr nämlich die Freizeitreiterei an Bedeutung und man erkannte die Vorzüge des Islandpferdes als vielseitigen und zuverlässigen Freizeitpartner.

Als sich der Fokus ein weiteres Mal änderte und sich auf die Turnierreiterei legte, verlor der Isländer seine Bedeutung als freizeittaugliches Familienpferd. Die Priorität als Gangpferd für den Sport wuchs und damit auch das Preisniveau für Isländer. Für einen gerittenen Isländer mit Fünfgängen kann man mit einem Kaufpreis zwischen 15 und 20.000 Euro rechnen.

Organisierte Islandpferdezucht

1967 wurde schließlich der IPZV gegründet, der deutsche Züchterverband der Islandpferde. Immerhin ist Deutschland nach Island das größte Zuchtgebiet und Exportland der Islandpferde. Der IPZV organsiert die Zucht und Turniere im Land, wobei er sich am europäischen Dachverband FEIF (Föderation Europäischer Islandpferde Freunde, mittlerweile umbenannt in International Federation of Icelandic Horse Associations) orientiert. Der FEIF legt die internationalen Zuchtkriterien fest und reguliert die Leistungsprüfungen.

Obwohl der IPZV im Zuchtgeschehen der Isländer Ansprechpartner Nummer 1 ist, darf er keine Equidenpässe ausstellen oder eigene Brandzeichen vergeben. In Island gezogene Pferde jedoch werden mit einem Kaltbrand auf der linken Rückenseite versehen, der aus einer fünfstelligen Zahlenkombination besteht. Diese gibt Auskunft über Geburtsjahr, Herkunft/Region, Züchternummer und Nummer des Pferdes. Mit diesem Brand ist das Pferd eindeutig im isländischen Zuchtregister identifizierbar.

Zucht von Islandpferden in Island selbst

In Island selbst werden Pferde nicht allein als Reitpferde gezüchtet. Gerade einmal 40 % werden als Reitpferde gehalten. Der restliche Prozentsatz dient der unter anderem der Fleischproduktion, da Pferdefleisch für die Insulaner denselben Stellenwert auf dem Speiseplan hat wie jede andere Fleischsorte. Dabei unterteilt sich die Insel in zwei Zuchtlager: Das grasreiche Südland eignet sich für die Fleischpferdezucht, die Pferde hier sind derber und breiter als im Norden, wo man sich auf die Reitpferdezucht konzentriert. Die Isländer im Norden sind daher schmaler und eleganter.

Islandpferde in Mythologie, Folklore und Poesie

Schon seit jeher haben Isländer einen hohen Stellenwert bei den Inselbewohnern und Wikingern. Islandpferde sind der nationale Stolz der Isländer. Das machen auch die vielen Geschichten aus Mythologie und Folklore deutlich. Literatur, Poesie und Folklore übersäen die Pferde mit Bewunderung als treuen Diener, Freund und Gefährten. Odin zum Beispiel ritt auf einem achtbeinigen Pferd, Sleipnir, der ein Isländer gewesen sein soll. Wikinger wurden nach ihrem Tod mit ihren Habseligkeiten begraben. Je wohlhabender und angesehener ein Wikinger war, desto mehr konnte er mit ins Grab nehmen. Könige und Lords beispielsweise ließen sich mit ihren Pferden begraben, damit sie in der Unterwelt ihren treuen Begleiter an der Seite hatten. Die untrennbare Verbindung zwischen Islandpferden und der nordischen Mythologie wird heute noch durch die Namensgebung der Pferde am Leben erhalten.

Exterieur des Isländers

Islandpferde sind Lastenträger

Einen Isländer darf man nicht fragen, ob ein Islandpferd zur Klassifizierung der Pferde oder doch eher zu den Ponys gehört. Außer man möchte ein Streitgespräch beginnen. Für die Inselbewohner sind ihre Vierbeiner ganz klar Pferde. Dabei erreichen sie gerade einmal ein Stockmaß zwischen 130 und 150 cm, was nach Deutschem Standard Ponygröße ist. Dennoch zählen Islandpferde zu den Gewichtsträgern, die je nach Kaliber sogar erwachsene Männer tragen können. Studien belegen, dass Islandpferde im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht über 120 % der Leistung eines Kaltbluts erreichen. Damit ist ihre Leistungsfähigkeit um 42 % über der Leistungsfähigkeit eines Warmbluts, ihr Futterbedarf allerdings nur bei 70 %. Sie sind kräftige, dafür sehr genügsame Tiere. 

Körperbau und Gangarten des Isländers

Bei Isländern gibt es zum einen stämmige Pferde mit Ponycharme, zum anderen im Reitpferdetyp stehende Isländer, die elegant und muskulös auftreten. Generell haben sie jedoch einen feinen Kopf mit zarten Ohren und wachen Augen. Das Nasenbein verläuft gerade und mündet in weiten Nüstern. Der Hals ist lang und aufgerichtet und klar auf den Rumpf aufgesetzt. Der Rücken sollte elastisch sein, die Schulter schräg, damit der Vorhand für Tölt und Pass genügend Rotation ermöglicht wird. Das Fundament zeichnet sich durch gerade Vorderbeine aus, die Hinterbeine können leicht ausgestellt sein.

Die Gangarten sind elastisch und energisch, sollten taktvoll sein. Zudem zeichnen sich Isländer durch ihre Trittsicherheit aus, die sie vor allem für Reitanfänger und Kinder zu einem zuverlässigen Geländepferd machen. Je nach Veranlagung können Islandpferde über die drei Grundgangarten hinaus noch Tölt und Pass vorweisen.

Fellfarben

Abgerundet wird das Gebäude eines Isländers mit wuscheliger Mähne, dichtem Schweif und sehr viel Schopf. Im Winter entwickeln Isländer ein plüschiges Fell, das sie vor Wind und Regen schützt.

Da man sich bei der Islandpferdezucht auf Stärke, Charakter und Körperbau wie auch Gangveranlagung konzentriert, sind die Farben nebensächlich. Es sind daher neben den Grundfarben Fuchs, Rappe und Brauner eine Vielzahl an Nuancen dieser vertreten. Offiziell sind 40 Grundfarben eingetragen und davon 100 Farbvarianten möglich. Tigerschecken gibt es unter Isländern jedoch nicht.

Isländer erreichen erst mit circa sieben Jahren ihre körperliche Reife. Daher sollte das Anreiten nicht früher als vier- oder fünfjährig angegangen werden, um das noch unausgereifte Gebäude zu schonen. Bei guter Haltung und Pflege haben Isländer eine durchschnittliche Lebenserwartung von 25 bis 40 Jahren, viele können bis 25-jährig noch bedenkenlos geritten werden.

Spezialgangarten Tölt und Pass

Die zusätzlichen Gänge Tölt und Pass können grundsätzlich nicht jedem Pferd beigebracht werden. Die Veranlagung dazu muss genetisch durch eine Mutation bedingt sein. Daher haben auch nicht alle Isländer die Veranlagung zu allen fünf Gängen – manche Isländer haben sie auch gar nicht. Isländer, die neben Schritt, Trab und Galopp tölten können, nennt man Viergänger, Isländer mit zusätzlich Pass Fünfgänger. Islandpferde, die bereits auf der Weide tölten, anstatt zu traben, werden Naturtölter genannt.
Das Zuchtziel verfolgt, dass ein Isländer sich in allen ihm gegebenen Gängen leicht reiten lässt.

Tölt

Der Tölt ist ein klarer Viertakt mit acht Phasen und ähnelt von der Fußfolge her dem Schritt, allerdings bei höherer Geschwindigkeit. Anstatt mehrerer Hufe wie beim Schritt berühren beim Tölten immer nur ein oder zwei Hufe den Boden. Eine Schwebphase bleibt aus. Dadurch kommt ein nahezu erschütterungsfreier Gang zustande, der den Reiter bequem und ruhig sitzen lässt. Das einzigartige Sitzgefühl hat wesentlich zur Beliebtheit der Islandpferde beigetragen.

Den Kopf trägt das Pferd beim Tölten in stolzer Haltung, die Vorhand beschreibt eine hohe Aktion. Der Tölt kann in Schritt- bis Galoppgeschwindigkeit (Renntölt) geritten werden. Töltet das Pferd nicht richtig, geht es einen langsamen Pass, den sogenannten Schweinepass.

Pass und Rennpass

Beim Pass, im Isländischen Skeid genannt, bewegen sich die lateralen Beinpaare im Zweitakt. Dazwischen gibt es eine Schwebephase, sodass vier Phasen zustande kommen. Beim Rennpass berühren die lateralen Beinpaare den Boden so kurz, dass es beinahe aussieht, als würde das Pferd fliegen.

Auf Gangpferdeturnieren wird unter anderem der Rennpass auf kurzen Strecken (100 bis 250 m) überprüft. Hierbei können Isländer eine Geschwindigkeit von bis zu 45 km/h erreichen.

Obwohl Tölt und Pass bei vielen Isländern aufgrund einer Mutation genetisch veranlagt sind und manche auch von Natur aus tölten, müssen die Gänge und ihre Haltung dennoch trainiert werden. Nicht immer sind die Gänge klar voneinander abgrenzt und taktrein, sondern ein regelrechter Gangsalat entsteht. Bei Isländern, die im Tölt zum Pass neigen, setzen Islandreiter häufig Ballenboots oder Hufglocken mit Gewicht ein, um die Flugbahn der Hufe zu manipulieren. Durch das angehängte Gewicht bleibt der jeweilige Huf länger am Boden und es kommt zu einer Taktverschiebung. Das Pferd wird lockerer in der Lende (Passgänger sind häufig verspannt) und die laterale Beinstütze wird in die Einbeinstütze verschoben.

Interieur der Isländer

  • Freundlich, gutmütig, unkompliziert und leicht zu handhaben
  • Selbstbewusst und lebendig
  • Lernwillig mit schneller Auffassungsgabe
  • Unerschrocken, mutig
  • Genügsam
  • Robust, gesund, zäh
  • Mit ausgeprägtem Sozialverhalten 

Verbreitung, Einsatzbereiche und Namensgebung des Islandpferdes

Das größte Zuchtgebiet der Isländer ist selbstverständlich ihr Herkunftsland selbst. Stand 2020 gibt es rund 280.000 Islandpferde weltweit, wovon es über 90.000 Pferde in Island gibt. Gefolgt wird Island von Deutschland als das nächstgrößte Zuchtgebiet mit rund 65.000 Islandpferden.

Anhand der Zahlen sieht man, wie beliebt Islandpferde sind. Es sind nicht nur ihre besonderen Gänge Tölt und Pass, sondern auch ihr Charakter und ihre Vielseitigkeit, die sie zu beliebten Freizeit- und Turnierpferden machen. Man trifft sie in vielen Sparten des Reitsports an:

  • Trittsicheres Geländepferd
  • Wanderreitpferd
  • Zuverlässiges Schulpferd für Reitanfänger und Kinder
  • Spezialisten in Tölt und (Renn-)Pass auf Gangpferdeturnieren
  • Verkannte Dressurtalente
  • Vielseitige Zirkuspferde

Egal, wo sie auf der Welt zuhause sind, Islandpferde erhalten generell immer einen isländischen Namen. Die isländischen Inselbewohner sind sehr stolz auf ihre Sprache, die sie um jeden Preis erhalten wollen. Daher gibt es eigens für Islandpferde ein Namenskomittee, in dem Namen registriert werden.

Doch bevor ein Pferd in Island seinen Namen erhält, heißt jedes Tier erst einmal Svona oder Svona-svona oder auch Svona-karlinn. Das heißt nichts weiter als „So“. Kommen die Pferde von den Sommerweiden aus dem Hochland ins Tiefland und werden eingepfercht, wird sich ihre Fellfarbe und Persönlichkeit angeschaut, um ihnen einen passenden Namen zu geben. Die Namen von Islandpferden beschreiben also Fellfarbe, Charakter und Gangvermögen des Pferden. Aber auch Namen aus der Mythologie werden gerne vergeben.

Neben dem eigentlichen Namen erhält das Pferd oftmals den Zusatz frá (von/vom) und anschließend den Namen des Züchters. Auf diese Weise verewigt sich auch der Züchter im Namen des Pferdes.

Nebenbei gesagt: Eine weit verbreitete, isländische Ansicht ist: 
Reite niemals ein Pferd dessen Namen du nicht kennst oder verstehst!

Isländer auf dem Turnierplatz

Auf den Oval- und Passbahnen der Gangpferdeturniere treten Islandpferde in Gangprüfungen gegeneinander an und tragen ihr Gangvermögen zur Schau. Hier werden ihre Rittigkeit und die Qualität der Grundgangarten und von Tölt und Pass überprüft. Weitere Prüfungen auf Gangpferdeturnieren sind Passrennen, Fahnenrennen, Gehorsam (ähnlich einer Dressurprüfung), Geschicklichkeit und Galopprennen.

Islandpferde sind die einzige Pferderasse, für die eigens Wettbewerbe und Turniere ausgetragen werden. Während Freizeitreiter sich mit ihren Islandpferden auf den Hestadagar-Wettbewerben („Pferdetage“) messen, finden sich die Profireiter auf der Islandpferde-Weltmeisterschaft zusammen. Die Internationale Gæðingakeppni-Meisterschaft wurde erstmalig 2012 in Aegidienberg bei Bonn im Gangpferdezentrum ausgetragen.

Fun Fact: in Aegidienberg entstand durch die Kreuzung von Islandpferd und Paso Peruano eine neue Pferderasse, der Aegidienberger, der seinen isländischen Verwandten sehr ähnlich sieht.

Bei Islandpferde-Turnieren wird man folgenden Abkürzungen über den Weg laufen: OSI, DJIM, DIM – diese beschreiben die Art des Turnieres:

  • OSI – Offenes Turnier für Islandpferde: für Reiter aller Leistungsklassen wie auch Reitanfänger
  • DJIM – Deutsche Jugend Islandpferde Meisterschaft: Für die Teilnahme muss man sich durch eine bestimmte Punktzahl qualifizieren
  • DIM – Deutsche Islandpferde Meisterschaft: Auch hier muss man sich über das Erreichen einer gewissen Punktzahl qualifizieren. Weiterhin werden DIM-Turniere in Kinder, Jugendliche & Junioren und Erwachsene unterteilt.

Haltung und Pflege von Islandpferden

In ihrer Heimat Island werden die Islandpferde, die nicht geritten oder gearbeitet werden, bis zum heutigen Tag halbwild gehalten. Den Sommer verbringen sie in großen Herden im Hochland, fernab vom menschlichen Kontakt. Erst im Herbst werden sie ins Tiefland zurückgetrieben, um hier den Winter zu verbringen. Die Gestaltung der Haltung ist den Bauern aber nicht gänzlich allein überlassen, sondern von der Isländischen Tierschutzbestimmung vorgegeben. Sie berücksichtigt dabei die Nutzungsart der Pferde.

Diese Form der Haltung ist in unserer deutschen Kulturlandschaft selbstverständlich nicht umsetzbar. Dennoch sollte man für sein Islandpferd die bestmögliche Form wählen, die möglichst schonend in die Natur des Isländers eingreift.

Das bedeutet, ein Isländer braucht einen Herdenverband mit viel Auslauf. Am besten eignet sich hierfür eine Offenstallhaltung mit Weideanschluss. Der Sozialkontakt wie auch Frischluft, Licht und Bewegung helfen dem robusten Isi, ausgeglichen und freundlich zu bleiben.

Ein Isländer braucht keinen warmen Stall, eine reine Boxenhaltung schon gar nicht. Auch das Eindecken ist bei den meisten Islandpferden nicht notwendig. Isländer fühlen sich bei Schnee, Regen und Wind pudelwohl. Dennoch ist ein Stall oder Unterstand sowohl im Sommer als auch im Winter essentiell. Selbst, wenn das Pferd bei Schneestürmen oder waagerechtem Regen den Unterschlupf nicht aufsucht, sollte es die Wahlmöglichkeit besitzen – egal wie robust es ist oder man es halten möchte. Im Sommer kann ein Unterstand als Schatten und Insektenschutz sinnvoll sein. Das ist insbesondere für zu Ekzem neigende Isländer wichtig.

Im Herbst bereiten sich Isländer auf den Winter vor, werden ruhiger und fressen mehr, um sich ein dichtes Winterkleid und Fettreserven anzufressen. Hier ist zum Aufwärmen nicht nur der Herdenverband notwendig, sondern auch ausreichend Futter.

Besonderheiten in der Fütterung von Isländern

Die Pferdefütterung kann sich insbesondere von einem aus Island importierten Pferd in unseren Breiten schwierig gestalten. Denn das Futterangebot auf der nordischen Insel ist karg, dafür aber mit Moosen, Flechten und Kräutern äußerst vielseitig und ausgewogen. Ein Pferd auf Island wird daher weniger unter einem Energieüberschuss und einem Mineralienmangel leiden. Demgegenüber steht das Futterangebot in unseren Breiten: Fette Weiden verbunden mit geringem Platzangebot und ungenügender Bewegung führen zu einem Energieüberschuss und Übergewicht bei vielen Islandpferden – importiert oder hier gezogen.

Die Folgen sind gravierend: Sommerekzem, Hufrehe, EMS und Gelenksprobleme treten daher nicht selten bei Islandpferden auf.

Die Fütterung eines Isländers muss also hochwertig und karg, mit geringen Zucker- und Stärkemengen, dafür aber angereichert mit Mineralien und Vitaminen.

Ein Auge sollte man vor allem auf die Versorgung der Spurenelemente legen. Viele Robustrassen wie der Isländer entwickeln sehr viel Winterfell, Mähne- und Schweifhaar. Ihr Bedarf an Zink, Kupfer, Selen und Biotin ist daher höher als bei anderen Pferderassen. 

Isländer und der Fisch

Oft hört man, dass Islandpferde im Winter Fisch vorgesetzt bekommen. Dies stimmt, allerdings nur teilweise. Denn während es einzigartig in der Pferdewelt ist, dass freilebende Islandpferde in Meeresnähe durchaus auch angeschwemmten Seetang zur Deckung von u.a. Jod, Eisen, Magnesium, Zink und Omega-3-Fettsäuren fressen, kommt Fisch nur in der allergrößten Not auf ihren Futterplan. Wenn im Winter das Grundfutter und Moose und Flechten unter einer dicken, undurchdringlichen Schneeschicht begraben liegen, geben manche Bauern ihren Pferden Fischreste, hier vor allem Dorsch und Hering. Mittlerweile bleiben in der modernen Fischzucht allerdings nur noch wenig Reste übrig, sodass auch die Pferde davon nur noch selten „etwas abbekommen“. 

Rassetypische Erkrankung von Islandpferden

Obwohl Islandpferde durch ihre Reinrassigkeit als robuste und äußerst gesunde Tiere gelten, hört man von vielen gesundheitlichen Problemen. Angeführt wird die Liste vom Sommerekzem. Der Grund ist simpel, wie auch entscheidend: Importierte Isländer sehen sich mit ungewohnten Lebensbedingungen konfrontiert, auf die sie sich nur schwer bis gar nicht anpassen können. In Island sind den Pferden Viren und krankmachende Bakterien schlichtweg nicht bekannt. Die Bauern dort impfen ihre Pferde nicht, der Tierarzt ist ein seltener Gast. Aus diesem Grund kann es im Importland zu einer erhöhten Anfälligkeit von Viruserkrankungen kommen.

Nachfolgend sollen nur die am häufigsten beim Islandpferd vorkommenden Krankheiten aufgeführt werden:

Sommerekzem

Beim Sommerekzem handelt es sich um eine allergische Überreaktion auf den Speichel der Kriebelmücken (in Island nicht vorhanden). Kommt es zu einem regelrechten Überfall der Mücken, wird das Pferd also zahlreich gestochen, wird die Histaminausschüttung angekurbelt. In Kombination mit Bewegungsmangel, Energieüberversorgung, Mineralienmangel, Übergewicht und einem schlechten Immunsystem, wird das Histamin angereichert und nicht mehr abgebaut. Was als juckender Mückenstich beginnt, wird schnell zu einem unerträglichen Dauerjuckreiz am ganzen Körper.

Importierte Isländer leiden verhältnismäßig häufiger unter Sommerekzem als auf dem Kontinent gezogene. Auch litten vor allem die ersten Generationen von Importisländern unter der allergischen Reaktion. Mittlerweile hat sich die Situation jedoch normalisiert.

Um deinen Isländer vor Sommerekzem zu schützen bzw. seine Symptome zu mildern, kannst du folgendes tun:

  • An sein Bewegungsspektrum angepasste Fütterung/Energieversorgung
  • Viel Bewegung durch Haltung und Arbeit
  • Fliegenspray mit Ekzemerdecken kombinieren
  • Trockener Weideplatz, fernab von stehenden Gewässern, mit guter Ventilation
  • Dunkle, kühle Unterstände
  • Speziell für Ekzemerpferde ausgelegte Cremes, Shampoos und Öle regelmäßig nutzen, um den Juckreiz zu lindern
  • Eventuell die Zufütterung von Zink, Biotin, Kupfer und Selen sinnvoll. Bitte vorher mit Tierarzt oder professionellem Futterberater abklären

Übergewicht und seine Folgen

Wie viele Robust- und Ponyrassen haben auch Isländer die Tendenz bei falscher Fütterung und Haltung zu Übergewicht. Kommt der Speck nicht runter, kann es in der Folge zu EMS oder Hufrehe kommen, die ebenfalls häufige Erkrankungen von Islandpferden sind.

Bei der Behandlung ist eine langsame Umstellung von energiereicher zu karger Raufutterfütterung mit hochdosiertem Mineralfutter wichtig, um das Übergewicht in den Griff zu bekommen. Nur so kann man schlimmere Hufrehe vorbeugen oder überhaupt einen ersten Reheschub abwenden. Bedenke jedoch, dass Hufrehe viele Ursachen haben kann. Ziehe daher immer deinen Tierarzt zurate.

Spat – Arthrose im Sprunggelenk

Spat, eine Form Arthrose, ist eine häufige Gelenkserkrankung bei Ponys, die zu einer Verknöcherung des Sprunggelenks mit Lahmheit und Steifheit in der Hinterhand zur Folge hat. Experten haben in der isländischen Zucht die erblich bedingte Veranlagung zu Spat entdeckt. Nicht zwingend, aber manche Isländer bekommen Arthrose in der Hinterhand auch durch eine Fehlstellung dieser.

Aufgrund der genetischen Veranlagung müssen 5- und 6-jährige Hengste seit 2006 bei ihrer ersten Materialprüfung eine Spatuntersuchung ableisten. Das ist in der FEIF-Islandpferde-Zuchtordnung (FIZO) vorgegeben.

Autorin: Mirjam-Sophie Freigang

Autor*in
Mirjam-Sophie FreigangKlinikenMehr VON CMH.TV

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